KÜSTENSCHUTZ 09. Jul 2019 Manfred Bergheim Lesezeit: ca. 3 Minuten

Eine Flut an Chancen für Absolventen

Ingenieure mit Spezialausbildung haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt und kommen viel herum in der Welt.

Am Wellenkanal: Nina Kohl und Gabriel David überwachen Versuchsabläufe und werten sie aus. Doch bald geht es wieder auf Reisen.
Foto: Manfred Bergheim

Ein Blick auf Karten der Deutschen Bucht aus früheren Jahrhunderten zeigt, wie sehr das Meer den Küstenverlauf verändert, wenn keine Schutzmaßnahmen getroffen werden. Und der als sicher geltende Anstieg des Meeresspiegels birgt zusätzliche Gefahren. Vor diesem Hintergrund ist die Arbeit der weltweit vernetzten Ingenieure für Wasserbau und Küstenschutz eine immense Aufgabe mit ungewissen Erfolgschancen.

In Deutschland führte vor allem die große Sturmflut 1962 mit den verheerenden Überschwemmungen in Hamburg zu noch intensiveren Anstrengungen im Küstenschutz. Seitdem belaufen sich die Kosten für Deiche und andere Schutzmaßnahmen bundesweit auf geschätzte 3,8 Mrd. €. Und immer noch werden jährlich von einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft zwischen 130 Mio. € und 150 Mio. € veranschlagt, um die notwendige Infrastruktur zu erhalten oder auszubauen. Allein Niedersachsen hat seit 1955 mehr als 2,4 Mrd.  € für den Erhalt seiner Küsten ausgegeben.

Das Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen der Leibniz Universität Hannover gilt in Deutschland als erste Adresse, wenn es um Fragen des internationalen Küstenschutzes geht. Institutsleiter Torsten Schlurmann sagt: „Wir wollen davon wegkommen, ausschließlich auf technische Infrastrukturen zu setzen, sondern auch ökosystembasierte Maßnahmen für den Küstenschutz nutzen.“

Die Niederländer als „Weltmeister“ des Küstenschutzes haben den Begriff „Building with Nature“ geprägt. Seegras beispielsweise hat eine immense Bedeutung für den Küstenschutz. In der sich durch den Klimawandel erwärmenden Nordsee reagieren die Seegraswiesen derzeit sehr empfindlich. Dabei können diese den Wellenauflauf an die Küste erheblich verringern. Deshalb seien Pflege, Rekultivierung und Neupflanzung von Seegraswiesen enorm wichtig, erläutert Torsten Schlurmann.

Dieser ökologische Ansatz bestimme auch die Zusammenarbeit mit Staaten in Süd- und Südostasien, die, wie beispielsweise die Malediven oder Bangladesch, durch den Meeresanstieg und extremere Wetterbedingungen in ihrer Existenz bedroht sind.

Torsten Schlurmann ist Leiter des Ludwig-Franzius-Instituts für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen der Leibniz Universität Hannover. Foto: Manfred Bergheim

„Hier in Europa lernen wir im Küstenschutz voneinander und unterstützen uns gegenseitig. Wir sind aber auch sehr aktiv in Indonesien, in Vietnam und China, um dort mit Wissenschaftlern, Verwaltungen und Kommunen zusammenzuarbeiten“, berichtet Torsten Schlurmann. „Es wäre gut, wenn diese Staaten nicht ähnliche Erfahrungen machen müssen wie wir in Europa. Dass das Verbauen der Küste mit Beton und damit das Vernichten von Lebensräumen nicht das Allheilmittel ist, sondern Küstenschutz auch mit dem Erhalt der Natur zusammengehen kann.“

Das Küsteningenieurwesen als eine Facette des Bauingenieurwesens leidet trotz der interessanten Aufgabenstellungen unter Nachwuchsproblemen. In den Verwaltungen und Unternehmen der öffentlichen Hand sorgt der Generationenwechsel bald für zusätzlichen Druck, geeignete Ingenieure für die frei werdenden Positionen zu finden. Bauingenieure mit der Spezialisierung auf Küstenschutz und Wasserbau haben auch in der freien Wirtschaft Konjunktur. Ingenieurbüros sowie große Unternehmen der Offshore-Windenergieindustrie nehmen Absolventen der Universität Hannover gern mit ins Boot, da deren Know-how für sie äußerst wertvoll ist.

„Diese Nachfrage sorgt inzwischen für sehr gute Gehälter. Wir könnten deutlich mehr Studierende ausbilden, die Absolventen werden uns quasi aus der Hand gerissen. Ich selbst finde kaum noch Personal für die anstehenden Forschungsaufgaben“, konstatiert Torsten Schlurmann.

Am Standort Hannover-Marienwerder verfügt das Institut über insgesamt knapp 16 800 m² überdachte Versuchsflächen und 24 000 m² Außenflächen. Im großen 3-D-Wellenbecken (40 m x 24 m) mit bis zu 1 m Wassertiefe kann Richtungsseegang mit 40 cm Wellenhöhe erzeugt werden. Nina Kohl sitzt in der alten denkmalgeschützten Halle des Instituts in Schneiderberg mit dem kleinen Wellenkanal, um Versuchsabläufe zu überwachen und auszuwerten. Die 23-Jährige schreibt derzeit an ihrer Bachelorarbeit, untersucht verschiedene Rauigkeiten und dann den Wellenauflauf.

„Eigentlich wollte ich Architektur studieren. Das Rechnen und das rein Technische im Bauingenieurwesen waren dann aber doch attraktiver.“ Auf der Suche nach dem geeigneten Masterstudiengang, den sie wahrscheinlich noch in diesem Jahr antreten wird, habe sie in Hannover Wasser-, Umwelt- und Küsteningenieurwesen für sich entdeckt, berichtet Nina Kohl. Was sie besonders reizt, sind neben der fachlichen Herausforderung auch die üblichen Exkursionen in ferne Länder.

Die Interdisziplinarität, die Zusammenarbeit mit Humangeografen, Biologen und Sozialwissenschaftlern, gebe seinem Fachgebiet eine sehr interessante und lehrreiche Neuausrichtung, betont Gabriel David. Küstenschutz in Indonesien, wo der 31-jährige Doktorand an internationalen Projekten beteiligt ist, könne nicht ohne die Kommunikation mit den Einheimischen auskommen. Letztlich seien nicht technische Lösungen das Ziel, sondern verbesserte Lebensbedingungen für die Menschen.

„Unsere Absolventen haben sehr gute Chancen, ins Ausland zu gehen. Küstenschutz und Wasserbau sind facettenreich. Man kann sich in die Numerik vertiefen, physikalisch arbeiten oder den Statistikanteil bei der Arbeit in den Vordergrund stellen“, berichtet Wissenschaftler Gabriel David.

Die Arbeit im Labor sei notwendig, aber doch sehr abstrakt. „Wir müssen immer wieder zu den Schauplätzen vor Ort fliegen, um Messungen vorzunehmen und um die reale Situation richtig einschätzen zu können“, erklärt David.

GPS ist für die Hannoveraner dabei fast schon Old School, „Auf den Malediven benutzen wir jetzt Drohnen. Wir sind ziemlich sicher, dadurch gute Ergebnisse zu erzielen.“ Der Spieltrieb der Ingenieure und die Lust auf Technik kommen also in diesem Berufsfeld nicht zu kurz.

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