PERSONALMANAGEMENT 15. Aug 2014 Hajo Simons Lesezeit: ca. 5 Minuten

Mit ein paar Kniffen gibt es mehr Taler vom Chef

Oft bleiben von jedem Euro Gehaltserhöhung gerade 50 Cent übrig. Nicht der beste Ansporn, noch mehr zu arbeiten. Dienstleister nutzen die Verärgerung von Firmen und ihren Mitarbeitern und bieten Konzepte zur "Nettolohn-Optimierung". Falls diese funktionieren, haben beide Seiten finanzielle Vorteile.

Den meisten Beschäftigten schmeckt es besonders gut, wenn der Chef noch ein Löffelchen mehr drauftut.
Foto: colourbox.com

Jedes Jahr in der ersten Julihälfte ruft der Bund der Steuerzahler den inoffiziellen „Steuerzahler-Gedenktag“ aus, ab dem die Menschen in Deutschland ausschließlich für sich und nicht für das Finanzamt sowie die Sozialversicherung arbeiten.

Die als hoch empfundene Belastung mit Steuern und Abgaben „ist ein Leistungshemmnis vor allem für gut ausgebildete Mitarbeiter. Auch deshalb fällt es Firmen zunehmend schwer, geeignete Fachkräfte zu finden“, ist Max U. Treichel, Unternehmens- und Personalberater aus Düsseldorf, überzeugt. „Qualifizierte Arbeitnehmer können sich ihr Wunschunternehmen aussuchen“, so Treichel mit Blick auf den prognostizierten Fachkräftemangel.

Steuerfreie Arbeitgeberleistungen im Überblick (Auswahl)

Steuer- und sozialabgabenfrei oder pauschal versteuert – Unternehmen können einige Hebel in Bewegung setzen, damit ihre Beschäftigten am Monatsende mehr vom Brutto haben. Hier eine Auswahl der Möglichkeiten:

– Altersteilzeit. Für den Mitarbeiter steuerfrei sind Aufstockungsbeiträge der Firma nach dem Altersteilzeitgesetz und Ausgabe für die Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenkasse.
– Arbeitsmittel. Kostenlose Überlassung von Arbeitsmitteln (Werkzeug, Arbeitskleidung) zur beruflichen Nutzung.
– Aufmerksamkeiten der Firma an den Mitarbeiter oder dessen Angehörige zu persönlichen Anlässen (bis 40 € für u.a. Blumen, Bücher und CD).
– Beihilfen von höchstens 600 € in Notfällen wie Krankheit, Unfall, Kuren.
– Bonuspunkte. Viele Beschäftigte dürfen beispielsweise ihr Miles&More-Guthaben für private Zwecke nutzen. Ein Gegenwert bis 1080 € im Jahr ist steuerfrei.
– Restaurant und Kantine. Zahlt der Chef die Mahlzeiten, müssen Beschäftigte nur die sogenannten Sachbezugswerte (je 3 € für Mittag- oder Abendessen, 1,63 € für Frühstück) versteuern. Gehen die Mitarbeiter in einer Gaststätte essen, kann die Firma einen steuerfreien Zuschuss bis 3,10 € täglich zahlen.
– Gesundheit. Die Firma kann dafür ihren Mitarbeitern bis 500 € jährlich überweisen. Allerdings zusätzlich zum Arbeitslohn und nicht in Form einer Gehaltsumwandlung.
– Gutscheine etwa fürs Einkaufen oder Benzingutscheine sind Sachbezüge. Hier gilt eine monatliche Freigrenze von 44 €.
– Kindergarten. Die Beiträge können Unternehmen komplett steuerfrei übernehmen.
– Rabatte werden vor allem den Mitarbeitern im Einzelhandel gewährt. Der steuerfreie Preisvorteil darf sich auf 1080 € im Jahr summieren. Vorausgesetzt: Die Mitarbeiter nutzen diesen für Produkte und Dienstleistungen, mit denen die Firma mit Dritten handelt.
– Telekommunikation. Die private Nutzung von Firmen-Telefon, -Handy, -Fax oder -Internet ist für Mitarbeiter grundsätzlich steuerfrei (Hardware und Nutzungsentgelte)
– Vermögensbeteiligung. Wird ein Beschäftigter Mit-Inhaber seiner Firma (über Aktien, GmbH-Anteile, stille Beteiligung) so ist eine verbilligte oder unentgeltliche Überlassung von Unternehmensanteilen bis 360 € im Kalenderjahr steuerfrei.
– Mitarbeiter-PC-Programm. Das Unternehmen schließt einen Leasingvertrag mit einem Lieferanten eines PCs, Laptops oder Smartphones. Der Mitarbeiter erklärt einen Gehaltsverzicht in entsprechender Höhe und kann das Gerät nach 24 Monaten zum Restwert übernehmen. Die Ersparnis liegt in diesem Falle bei rund 50 % gegenüber dem regulären Ladenpreis.
– E-Bike. Das Unternehmen schließt einen Leasingvertrag mit einem Lieferanten eines Bikes/E-Bikes. Der Mitarbeiter erklärt einen Gehaltsverzicht in entsprechender Höhe und kann das Fahrrad nach 24 Monaten zum Restwert übernehmen. Die Ersparnis beträgt in diesem Falle rund 50 % gegenüber dem regulären Ladenpreis.  HAJO SIMONS

Sobald Arbeitgeber nicht mehr bieten als ein geheiztes Büro, einen sauberen Schreibtisch und eine Espressomaschine, sind sie für Fachkräfte zunehmend unattraktiv.

Gute Ideen und sinnvolle Konzepte zur – vor allem finanziellen – Motivation von Fachkräften gibt es etliche, zusammengefasst unter dem Oberbegriff „Steuerfreie Arbeitgeberleistungen“. Mit dem Segen der Finanzverwaltung im Übrigen, die gegen die unterschiedlichen Bausteine der sogenannten Nettolohn-Optimierung nichts einzuwenden hat. „Verbindliche steuerrechtliche Regeln dazu finden sich gleich an mehreren Stellen des Einkommensteuergesetzes“, erklärt Rechtsanwalt Oliver Maaß von der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds in München.

Der Gesellschafts- und Steuerrechtler glaubt, dass die derzeit heiß diskutierte „kalte Progression“ mit den bereits bestehenden „Gesetzen, Durchführungsverordnungen und Richtlinien praktisch beseitigt werden kann“.

Auf rund 20 summieren sich die steuer- und sozialabgabenfreien respektive pauschal versteuerten Sachleistungen, die Firmen ihren Mitarbeitern gewähren können. „Schnürt die Firma ein Paket aus einer Reihe unterschiedlicher Bausteine, kann jeder Beschäftigte, abhängig von seinem Bruttoeinkommen und somit von seinem Steuersatz, jährlich bis rund 1200 € Steuern und Sozialabgaben sparen“, erläutert Maaß.

Firmen hätten zumindest eine moralische Verpflichtung, solche Modelle einzusetzen, um sich vor dem Hintergrund guter Compliance bzw. Corporate Governance nicht dem Vorwurf der Geldverschwendung auszusetzen. Grundsätzlich sollten Dienstleister und Berater lange vor dem Start eines neuen Entlohnungsmodells ein Rechtsgutachten erstellen lassen, mindestens jedoch eine verbindliche Auskunft beim Betriebsstätten-Finanzamt einholen.

Die Nettolohn-Optimierung als Geschäftsmodell von Unternehmensberatern und Dienstleistern wie der ValueNet Gruppe aus München ist im Übrigen keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Sie basiert auf dem sogenannten Cafeteria-Modell. Dieses war bereits in den 1990er-Jahren Gegenstand betriebs- und personalwirtschaftlicher Studien. „Das Cafeteria-Modell ist ein Konzept zur flexiblen Einkommensgestaltung in einer Firma. Die Mitarbeiter können entsprechend ihrer eigenen Bedürfnisse aus vom Arbeitgeber angebotenen steuerfreien oder steuerbegünstigten Zusatzleistungen wählen“, erklärt Dieter Wagner von der Universität Potsdam. Ursprünglich als Incentive für Führungskräfte in Großunternehmen erdacht, „entwickelt sich diese Form des modernen Personalkostenmanagements zu einem attraktiven Element einer flexibilisierten Entlohnung von ganz normalen Arbeitnehmern“ so Wagners Kollege Achim Grawert von der Hochschule für Wirtschaft und Recht aus Berlin.

Die Gewerkschaften sehen das im Übrigen eher mit gemischten Gefühlen. „Steuerfreie Leistungen dürfen den Firmen keinen Vorwand liefern, das eigentliche Gehalt nicht zu erhöhen“, heißt es aus dem Referat Steuerpolitik beim DGB in Berlin.

Zugleich interessieren den DGB Details sehr wohl. Beim DGB-Bundeskongress im Mai etwa beauftragten die Delegierten den Bundesvorstand, sich gegen die vom Gesetzgeber geplante Kürzung der Steuerfreigrenze für Sachbezüge von 44 € auf 20 € im Monat einzusetzen. Stattdessen sollen jene 44 € erhalten und entsprechend der Teuerung regelmäßig erhöht werden.

Auch Unternehmen können profitieren. So beziffert die Beratungsfirma ValueNet Gruppe den jährlichen Kostenvorteil in der Firma dank Bruttolohn-Verzicht und Einsparungen bei den Sozialabgaben auf bis 700 Euro je Mitarbeiter. Hintergrund: Beim Cafeteria-Modell verzichten Arbeitnehmer auf einen Teil ihres Bruttoeinkommens. Dieser Verzichtsbetrag wird durch steuerfreie Leistungen der Firma bis auf den Cent ausgeglichen, sodass unter dem Strich netto mehr herauskommt.

Besagte Einsparung errechnet sich bei einem allein stehenden Arbeitnehmer ohne Kinder (Steuerklasse I) und 3000 € Bruttoeinkommen im Monat. Die Firma bilanziert Gesamteinsparungen (Sozialabgaben, Berufsgenossenschaft und weniger Entgeltzahlung) von knapp 200 € im Monat.

Davon abgezogen werden knapp 140 € Kosten für den Versorgungsausgleich des Beschäftigten über private Gruppenpolicen bei Rente, Arbeitslosenversicherung und Krankentagegeld. Ebenso berücksichtigt sind die Kosten für die Einrichtung und Verwaltung des neuen Entlohnungsmodells.

„Die durch die Beitragseinsparungen entstehenden Lücken in der Gesetzlichen Rente, in der Arbeitslosen- und Krankengeldabsicherung werden grundsätzlich vom Arbeitgeber ausgeglichen“, so Max U. Treichel. Konkret: Über einen provisionsfreien Rahmenvertrag mit einem deutschen Versicherer werden die Lücken beim Arbeitslosen- und Krankentagegeld geschlossen. Die Beiträge für diese privaten Versicherungen zahlt komplett der Arbeitgeber.

Die geringeren Ansprüche bei der gesetzlichen Rente gleicht die Firma durch eine arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente aus, bei der die Mitarbeiter vom ersten Tag an unverfallbare Rentenansprüche haben. Der Anbieter einer solchen Beratung, die ValueNet AG, verweist auf positive Erfahrungen bei der Einrichtung der Modelle: Webasto, Knorr Bremse, die Hertz Gruppe oder die Lindner Hotels zählen nach Angaben von ValueNet zu den Kunden des Münchner Unternehmens. HAJO SIMONS

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