QUALITÄTSMANAGEMENT 16. Aug 2018 Hans Schürmann Lesezeit: ca. 3 Minuten

Handbuch ist nicht mehr Pflicht

Der Endspurt bei der Umsetzung der DIN EN ISO 9001:2015 ist eingeleitet. Viele Unternehmen haben sich Zeit gelassen.

Die Zeit drängt: Wer bis Mitte September nicht umgestellt hat, ist nicht mehr zertifiziert.
Foto: panthermedia.net/Boris Zerwann

Nach der Präsentation der DIN EN ISO 9001:2015 im September 2015 hatten die Unternehmen drei Jahre die Gelegenheit, ihre Managementsysteme auf die neue Version umzustellen. Am 14. September 2018 endet die Frist zur Umstellung. Die Vorgängerversion ist dann nicht mehr gültig. Die Norm legt die internationalen Forderungen an die Gestaltung von Qualitätsmanagementsystemen fest. Entsprechend der DIN EN ISO 9001 müssen Unternehmen ein konsistentes System aufbauen, beschreiben und kontinuierlich verbessern. Allgemein wird im Qualitätsmanagement (QM) ein Qualitätsstandard definiert, der aus den Kundenanforderungen abgeleitet ist. Das Qualitätsmanagement soll sicherstellen, dass Abweichungen von dem so definierten Standard möglichst unwahrscheinlich sind und zudem möglichst geringen Umfang haben. Die Revision der Norm zielte vor allem darauf ab, das Prozessmanagement zu optimieren und ein besseres System zur Risikoanalyse zu implementieren.

Die meisten Unternehmen haben mit der Rezertifizierung erst in diesem Jahr begonnen. „Seit Januar sind die Anmeldungen zur Zertifizierung sprunghaft angestiegen“, berichtet Frank Graichen, Leiter Auditorenmanagement & Kompetenz der DQS GmbH in Frankfurt. Rund 13 500 Unternehmen sind ISO 9001-Kunden der Deutschen Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen. Inzwischen hätten rund 10 000 Firmen ihr Qualitätsmanagementsystem nach der neuen Norm rezertifizieren lassen.

In Deutschland gibt es über 120 akkreditierte Gesellschaften. Neben größeren Zertifizierern wie den TÜV-Gesellschaften, der Dekra oder DQS sind darunter zahlreiche kleinere Anbieter, die Audits für Qualitätsmanagementsysteme durchführen. Fast alle berichten von ähnlichen Erfahrungen bei der Rezertifizierung nach der ISO 9001:2015: Firmen, die keinen Kundendruck spüren, hätten die Zertifizierung eher aufgeschoben. DQS-Experte Graichen meint, dass die Unternehmen mmit der aktuellen ISO-Norm individuellere Möglichkeiten bei der Gestaltung ihres Qualitätsmanagementsystems hätten. „Richtig umgesetzt bietet die neue Norm die Chance, Qualitätsmanagement und systematische Strategieausrichtung im Unternehmen sinnvoll miteinander zu verbinden – und somit kontinuierlich an der Weiterentwicklung des Unternehmens zu arbeiten“, sagt der DQS-Manager. Ein maßgebliches Ziel der Normenrevision sei gewesen, die Wirksamkeit von Qualitätsmanagementsystemen deutlich zu verbessern, sagt Thomas Votsmeier, der als Normungsexperte der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) an der Neufassung der Norm mitgearbeitet hat. Daher spiele das Prozessmanagement in der ISO 9001:2015 eine größere Rolle als in den Vorgängerversionen.

Bereits bei der Beschreibung der Prozesse müssen die erwarteten Ergebnisse sowie die Verantwortungen, Befugnisse und Leistungsindikatoren zur Prozesslenkung festgelegt werden. Darüber hinaus sollen Unternehmen frühzeitig Risiken und Chancen benennen, die eine Zielerreichung der Prozesse beeinflussen könnten. Sie sind angehalten, diese zu bewerten und Gegenmaßnahmen zu planen sowie diese gegebenenfalls umzusetzen und deren Wirksamkeit zu kontrollieren.

Das bedeutet: Die Unternehmen werden sich bei der Steuerung der Prozesse nicht mehr nur auf die heute schon etablierten Risikoanalysen zu neuen Produkten oder Dienstleistungen verlassen können. Sie müssen Methoden entwickeln, die eine ganzheitliche Betrachtung von potenziellen negativen Einflüssen erlauben. Zudem müssen sich die Unternehmen stärker mit den Interessen der sogenannten „interessierten Parteien“ beschäftigen und diese berücksichtigen – wie beispielsweise von Kunden (inklusive der Endkunden), Mitarbeitern, Lieferanten, Eigentümern oder auch Behörden sowie Verbänden.

Während mit der neuen Norm die Anforderungen an das Prozessmanagement anspruchsvoller geworden sind, hat das Normungsgremium die Dokumentation deutlich vereinfacht: So wird mit der Revision ein QM-Handbuch nicht mehr explizit gefordert. Dieses war bisher das Hauptinstrument, mit dem Unternehmen das QM-System und damit die Strukturen und Abläufe im Unternehmen abgebildet haben. Jetzt entscheiden Unternehmen selbst, welche Abläufe und Prozesse intern dokumentiert werden und wie sie Abläufe aufgliedern und beschreiben.

Neu ist, dass die Geschäftsleitung der Unternehmen für die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems verantwortlich ist. So muss nun die Geschäftsführung im Audit erläutern, wie das Qualitätsmanagement im Unternehmen umgesetzt wird. Bisher konnten die Manager diese Aufgabe auf einen Mitarbeiter delegieren. Das führte häufig dazu, dass der „Verantwortliche für Qualität“ als alleiniger Ansprechpartner für diese Aufgabe im Unternehmen angesehen wurde. Und das nicht nur von Seiten der Mitarbeiter, sondern auch des Managements und der Geschäftsführung.

„Die Rückmeldung der Unternehmen auf die neuen Anforderungen sind durchaus positiv“, sagt DQS-Experte Graichen. Wenn man die Unternehmen danach frage, welchen Aufwand sie für die Umstellung betrieben haben, gebe es zwar unterschiedliche Einschätzungen. Im Großen und Ganzen seien sich die Kunden allerdings einig: Es sei kein Kinderspiel, aber auch kein Hexenwerk. Es sollte laut den Zertifiziern zeitlich problemlos machbar sein, die Änderungen innerhalb von drei Monaten in einem bestehendem QM-System zu implementieren. Ein Neuaufbau sollte in sechs Monaten gelingen.

Die größten Schwierigkeiten hätten Unternehmen bei der Umsetzung des Prozessmanagements gehabt, welche die ISO 9001:2015 als eine Sequenz von Aktivitäten versteht, die zur Wertschöpfung und dem Erreichen von Unternehmenszielen führen. Bei der Definition der Leistungsindikatoren für diese Prozesse würden sich vor allem Dienstleister schwertun. Auch hinsichtlich der Ermittlung von Chancen herrsche bisweilen eine gewisse Irritation. Hier helfe oft eine bewusste Fokussierung auf mögliche Risiken weiter.

Schwierigkeiten gebe es auch bei der Benennung der „interessierten Parteien“. Mit der Revision der Norm werden erstmals neben Kunden weitere Parteien betrachtet, die für Unternehmen relevant sind. Werden deren Erwartungen berücksichtigt? „Manche Unternehmen haben hier zu viele im Blick, sie sollten sich auf die relevanten konzentrieren“, rät der DQS-Experte. Dabei könne es auch sinnvoll sein, die Interessen bestimmter Parteien bewusst auszuklammern, man müsse sich nur des Risikos bewusst sein.

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