Piloten: Wieder zur Routine finden
Die VDI-Gesellschaft Produktion- und Prozessgestaltung erarbeitet im Fachausschuss „Menschliche Zuverlässigkeit“ neue Richtlinien.

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Verhindert Übungsverlust eine sichere Rückkehr in die Arbeitsroutine? Wenn ein Orchesterpianist aufgrund von Übungsverlust die falschen Tasten trifft, ist das nur unangenehm, wenn Piloten aufgrund von Übungsverlust allerdings die falschen Knöpfe drücken, wird es gefährlich.
„Return to Normal Operations“, beschrieb die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) bereits Mitte 2020 eine Informationskampagne, die Tipps zur sicheren Rückkehr zum Normalbetrieb gab.
Risiken aus finanziellem Druck und psychologischer Unsicherheit
Diese Kampagne warnte für die Wiederaufnahme des Flugbetriebs vor Risiken, die sich unter anderem aus gesteigertem finanziellen Druck, aber auch aus psychologischer Unsicherheit des Personals ergeben können.
Eine ganz grundlegende Erkenntnis, die für viele technische Branchen eine sehr wichtige Rolle spielt, streift diese Kampagne ebenfalls. Es handelt sich um reduzierte Fertigkeiten und Kenntnisse aufgrund von längeren Absenzen von der eigentlichen Arbeit – Übungsverluste.
Diese können aufgrund von Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust, eingestellten Betrieben, veränderten Arbeitsbedingungen (z. B. Heimarbeit) und Ähnlichem auftreten. Für all diese entsprechenden Arbeitsplätze, die länger pausierten und nun hoffentlich bald wieder in einen regulären Betrieb einsteigen, ist es wichtig, diesen Prozess besonders zu begleiten. Betroffen sein können Piloten, Fluglotsen, Außendienstmitarbeiter, aber auch Lehrer im Werkraum oder Köche am heißen Herd, nur um einige Branchen und Berufsgruppen zu nennen. Die Rückkehr von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollte ähnlich dem betrieblichen Eingliederungsmanagement mit zusätzlichen Trainingsmaßnahmen unterstützt werden.
Wiedereinstieg Planen
Wichtig ist daher den Wiedereinstieg bzw. den „Ramp-up“ zu planen und zu berücksichtigen, dass das (technische) Personal sich erst wieder einarbeiten muss. Die volle Arbeitsleistung und -qualität können gleich zu Beginn nicht erwartet werden und ein dahin gehender Druck wäre kontraproduktiv. Insbesondere müssen Prozeduren, die vorher vielleicht auswendig präsent waren, erst wieder anhand der Dokumentation nachvollzogen und gegebenenfalls schrittweise mit kurzen Orientierungsstopps absolviert werden. Auch wird es vereinzelt undokumentiertes Wissen und Erfahrungen geben, die nur durch „Try and Error“ wiedererlangt werden können und daher besondere Aufmerksamkeit, vorwurfsfreie Kontrollen und auch Nacharbeiten bedürfen.
Arbeitgeber und Arbeitsplatzverantwortliche profitieren mit entsprechenden Maßnahmen nicht nur durch ein besseres Management von Arbeitsqualität und Produktivität durch das Vermeiden von Fehlern, Qualitätseinbußen und Verhindern von Unfällen, sondern auch durch die Zufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich durch entsprechende Maßnahmen besser abgeholt und wahrgenommen werden. Der Fachausschuss 504 der VDI-Gesellschaft Produktion- und Prozessgestaltung (PP) „Menschliche Zuverlässigkeit“ erarbeitet neue Richtlinien für Industrie und Arbeitswelt.