Auf lange Sicht nicht effizient 19. Jun 2020 Von Claudia Burger

OECD plädiert für Rückbau der Kurzarbeit

Das Instrument der Kurzarbeit könnte laut Arbeitsmarktexperten dazu führen, dass notwendige strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft hinausgezögert werden. Ein OECD-Experte plädiert dafür, die Maßnahme graduell langsam herunterzufahren.


Foto: panthermedia.net / Karsten Ehlers

Wie lange darf die Kurzarbeit dauern? In der Coronakrise zeige sich, „dass arbeitsplatzerhaltende Maßnahmen kurzfristig effektiv zu sein scheinen, im Sinne, dass Arbeitsplätze kurzfristig jedenfalls erhalten werden“, erklärte Cyrille Schwellnus von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). „Aber sie sind nicht notwendigerweise effizient in dem Sinne, dass sie auch einen Strukturwandel verlangsamen können. Sie sollten deshalb graduell zurückgefahren werden, um zu vermeiden, dass wirtschaftlich nicht überlebensfähige Jobs subventioniert werden.“ Anfangs hätte die Coronakrise wie eine im Lehrbuch beschriebene vorübergehende exogene Krise ausgesehen. „Aber wenn man sich das ein bisschen genauer anschaut, scheint das doch dauerhaftere Effekte zu ergeben, als man ursprünglich angenommen hat“, so Schwellnus. Es sei wichtig, dass das Kurzarbeitergeld angepasst werde, auf lange Sicht dürfte es nicht höher sein als Arbeitslosengeld.

Nur langsame Erholung erwartet

Die Prognosen sind nicht erfreulich: Die deutsche Wirtschaft wird sich nur langsam von der Rezession erholen, sagt das Bundeswirtschaftsministerium in seinem Monatsbericht. Zwar habe sie seit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen im Mai an Fahrt aufgenommen. „Der weitere Erholungsprozess im zweiten Halbjahr und auch danach wird schleppend erfolgen und sich länger hinziehen“, heißt es allerdings in dem Bericht. Grund sei auch die Ungewissheit darüber, wie sich die Pandemie weiter entwickle. Laut OECD-Prognose 2020 wird die deutsche Wirtschaft im besseren Szenario um 6,6 % einbrechen. Auch die Wirtschaftsweisen rechnen mit einem Einbruch um 6 % bis 7 %.

Laut Lutz Bellmann vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gibt es in Deutschland eine „gigantische Inanspruchnahme“ des Kurzarbeiterprogramms. Im Mai hätte es 7,3 Mio. Kurzarbeiter gegeben, die auch abgerechnet hätten. Das sei deutlich mehr als die 1,5 Mio. Beschäftigten, die im Mai 2009 während der Finanzkrise in Kurzarbeit gewesen seien. Auch Bellmann sieht die Gefahr, dass strukturelle Veränderungen hinausgezögert werden könnten. Er verwies darauf, dass beispielsweise die Autoindustrie bereits vor Corona in einer Krise war. Auch in Deutschland sei durch Kurzarbeit dieser Effekt bereits schon einmal eingetreten. Die nach der deutschen Wende eingeführte Kurzarbeit habe einen massiven Jobabbau nur hinausgezögert. Christian Merkl, Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomik, an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, sprach sich bei einem Webinar der OECD für eine Weiterführung des Kurzarbeitergeldes unter „regelgebundenen Veränderungen“ aus.

Anreize für Neueinstellungen und Fortbildungen

Um nach Auslaufen der Kurzarbeit Arbeitslosigkeit zu verhindern, empfehlen die Experten ein Bündel aus Wiedereingliederungshilfen bzw. Lohnsubventionen, geförderte Aus- und Weiterbildung sowie öffentliche Beschäftigungsprogramme. Es müssten Anreize geschaffen werden, um Neueinstellungen und Flexibilität zu fördern. IAB-Arbeitsmarktexperte Bellmann schlug vor, die Unternehmen zu Neueinstellungen zu motivieren, indem bei neuen Beschäftigten die Sozialversicherungsbeiträge bis Weihnachten komplett wegfallen und diese nach Weihnachten um die Hälfte abgesenkt werden. Während Schwellnus von der OECD dem Thema Betrug und Mitnahmeeffekt eine höheren Stellenwert bei der Betrachtung der Maßnahme einräumt, sieht Bellmann vom IAB hier weniger Probleme. Das IAB habe das für das Kurzarbeitergeld in der Finanzkrise untersucht und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass in 1,7 % der Fälle Betrug vorlag.

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