Neues industriepolitisches Leitbild formuliert 12. Feb 2020 von Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 2 Minuten

Bundesregierung will Rüstungsindustrie stärken

In einem vom Bundeskabinett beschlossenen Leitbild bekennt sich die Bundesregierung zu einer besseren Unterstützung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.

Zwei Schiffe werden kommen: Das neue Strategiepapier der Bundesregierung wird den Bau zweier dringend benötigter Marinetanker beschleunigen. Sie sollen den längst veralteten Tanker "Spessart" und sein Schwesterschiff ablösen. Das Foto zeigt die "Spessart" während eines Nato-Übung in der Nordsee im Frühjahr 2019.

Foto: Mass Communication Specialist 2nd Class Mark Andrew Hays/US Navy, Public Domain

An welchen gefährlichen Manöver Marinetanker beteiligt sind, zeigt dieses Foto der US Navy: Ein Zerstörer und ein Flugzeugträger haben zu Übungszwecken das Tanken in einem simulierten Notfall abgebrochen. Bei Kollisionen wäre die Gefahr von Umweltschäden bei den aktuellen Bundeswehr-Tankern besonders hoch, da sie nur eine einfache Hülle um ihre Tanks haben.

Foto: U.S. Navy photo by John S. Lill, Public Domain

Die Ausrüstung für elektronische Kampfführung (EloKa) hat die Bundesregierung jetzt als nationale Schlüsseltechnologie festgeschrieben. Das Bild zeigt EloKa-Soldaten beim Üben der Abwehr eines Hinterhalts. Links im Bild ein Störpanzer vom Typ Hummel, daneben ein Aufklärungsfahrzeug vom Typ Eule (elektronisches Unterstützungsgerät leicht).

Foto: Bundeswehr/Bienert

Der U-Boot-Bau ist bereits als nationale Schlüsseltechnologie festgelegt worden. Nun kommt auch der Bau von Überwasserschiffen hinzu. Auf dem Foto begleitet der Hochseeschlepper A 1458 Fehmarn das U-Boot U31 im Jahr 2018.

Foto: Bundeswehr/Jana Neumann

Die Festlegung des Überwasserschiffbaus als nationale Schlüsseltechnologie ist eine Abkehr vom Kurs der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die auf europaweite Ausschreibungen setzte, um die Kosten zu senken.

Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Als unmittelbare Folge der Politik von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen werden die Kriegsschiffe vom Typ MKS 180 von einer niederländischen Werft gebaut. Das Foto zeigt die Fregatte Hessen. Die MKS 180 werden ähnlich aussehen, aber größer sein.

Foto: U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 3rd Class Eddie Ortiz, Public Domain.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer verantwortet den neuen Kurs, die nationale Rüstungsindustrie zu stärken.

Foto: Bundeswehr/Johannes Heyn

Eines der größten Rüstungsprojekte ist der Nachfolger für den Eurofighter, der unter dem Namen FCAS von Frankreich und Deutschland zusammen gebaut wird.

Foto: Bundeswehr/Bicker

Der Leopard 2 war jahrzehntelang der Standardkampfpanzer der Nato. Der Nachfolger MGCS entsteht in deutsch-französischer Kooperation.

Foto: SGM Marco Dorow, German Army; Public Domain

Dass die Festlegung auf nationale Lieferanten die Kosten für Rüstungsprojekt häufig in die Höhe treibt, zeigt das Beispiel der Einsatzgruppenversorger: Das letzte Schiff der Klasse 702, die „Bonn“, geriet dreimal so teuer wie ihre beiden Schwesterschiffe. Das Foto zeigt die „Frankfurt am Main“ bei einer Übung mit der US Navy.

Foto: Nigerian navy photo by Petty Officer 1st Class P.O. Gbarufu via U. S. Navy, Public Domain

Vom Scheitern internationaler Rüstungsprojekte zeugt dieser Prototyp des Kampfpanzers 70: In den sechziger Jahren als gemeinsamer Kampfpanzer der US-Armee und der Bundeswehr entwickelt, stiegen die Staaten wegen der explodierenden Kosten aus dem Vorhaben aus. Als Konsequenz baute Deutschland den Leopard 2, die USA entschieden sich für den M1 Abrams.

Foto: Steinmüller

Als konkreten Beitrag dazu wird in dem Strategiepapier der Bau von Marineüberwasserschiffen sowie die Ausrüstung für die Elektronische Kampfführung als nationale Schlüsseltechnologien eingestuft. Diese Maßnahme bedeutet gemäß den EU-Regelungen, dass entsprechende Aufträge nicht mehr zwingend europaweit ausgeschrieben werden müssen. „Die sicherheits- und verteidigungspolitischen Herausforderungen Deutschlands, der EU sowie der Nato sind in den zurückliegenden Jahren größer, volatiler und komplexer geworden“, heißt es in dem Dokument. Ziel der Bundesregierung sei es daher, auf eine innovative, leistungs- und wettbewerbsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland und der EU zurückgreifen zu können.

Behörden sollen ausländische Investionen prüfen

Als Maßnahmen nennt das Papier die Stärkung von Forschung und Entwicklung, das Schaffen von Rahmenbedingungen für eine effiziente Produktion, die Optimierung des Beschaffungswesen, eine verantwortungsvolle Exportkontrolle und den Schutz der eigenen Sicherheitsinteressen. Zu Letzterem zählt die behördliche Prüfung von ausländischen Investitionen in Unternehmen, die für die nationale Sicherheit relevant sind. Als Konsequenzen auf der europäischen Ebene erwähnt das Leitbild die Teilnahme an gemeinsamen Innovationsprogrammen, die Nutzung des Europäischen Verteidigungsfonds zur Vertiefung des Verteidigungsgütermarktes und die Harmonisierung der Exportkontrolle.

Beteiligt an der Erarbeitung des Papiers waren unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium, das Verteidigungsministerium, das Auswärtige Amt, das Bundesforschungsministerium und das Bundesinnenministerium. Das Strategiepapier zielt nicht nur auf eine bessere Ausstattung für die Bundeswehr, sondern auch für zivile Behörden sowie Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) wie Zoll und Polizei. Mit dem Leitbild wird erstmals die Formulierung getrennter Strategiepapiere für die zivile und militärische Sicherheit aufgegeben, wie sie zuletzt 2016 bzw. 2015 publiziert wurden.

Abkehr vom Kurs Ursula von der Leyens

Mit dem Benennen der verteidigungspolitischen Schlüsseltechnologien verabschiedet sich die Bundesregierung von dem von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen favorisierten Kurs, Rüstungsprojekte europaweit auszuschreiben, um so die Konkurrenz der Anbieter anzustacheln und Kosten zu sparen. Wirksam wurde dies etwa bei der Ankündigung des Verteidigungsministeriums zu Beginn diesen Jahres, vier Kriegsschiffe der Klasse „MKS 180“ von der niederländischen Werft Damen bauen zu lassen. Prompt hatte der unterlegene Anbieter German Naval Yards (GNY) in Kiel angekündigt, die Vergabe des milliardenschweren Auftrags juristisch überprüfen zu lassen. Ebenfalls zu Beginn des Jahres hatten mehrere Bundesländer, in denen Schiffe und Zulieferteile für die Deutsche Marine gebaut werden, in einem Brandbrief die Bundesregierung ermahnt, die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und den Bau von Marineüberwasserschiffen zügig als Schlüsseltechnologie einzustufen.

Dringender Bedarf an neuen Tankern

Beschleunigen dürfte sich dank des Strategiepapiers der Bau der beiden dringend benötigten Marinetanker vom Typ „Betriebsstofftransporter Klasse 707“. Ihre Anschaffung hatte die Bundeswehr im Juli 2019 genehmigt. Sie sollen bis zum Jahr 2024 die beiden vier Jahrzehne alten Tanker Spessart und Rhön ablösen, die mit ihren einfachen Außenhüllen längst nicht mehr dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechen. 2018 hatten die beiden Schiffe wegen Mängeln an den Dieselmotoren sogar vorübergehend die Betriebszulassung verloren.

Politische Einmischungen in Rüstungsinvestitionen tragen jedoch stets das Risiko vermeidbarer Kostensteigerungen in sich. So warnte jüngst der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels in den VDI nachrichten: „Wir haben ja gern Angst vor Monopolen, aber das Finanzieren von Scheinwettbewerb in der Vergangenheit war gelegentlich noch unwirtschaftlicher“. Als Beispiel nannte er den dritten Einsatzgruppenversorger für die Marine. Die „Bonn“ sei so teuer geworden wie die ersten beiden Neubauten des Typs zusammen, weil „vier Werften beteiligt waren, die sonst angeblich pleitegegangen wären.“

Das Interview mit Hans-Peter Bartels finden Sie hier:

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