WEITERBILDUNG 17. Okt 2014 Christine Demmer

Gute Gründe für das Bildungs-Ja des Chefs

Unmöglich, wie kann der Kollege gerade jetzt auf die Idee kommen, zu einer Fortbildung zu wollen. Das Projekt steht kritisch da, kein Vertreter ist in Sicht. Das Budget ist leer. Hin und wieder klingen die Ablehnungsgründe für Weiterbildung wie mühsam zusammengekratzt. Dann gibt es nur eines: noch mehr gute Pro-Gründe zusammenzukratzen.

Den Ingenieur auf Trapp halten: Weiterbildungen fördern die Mitarbeiter und helfen so dem ganzen Unternehmen.
Foto: panthermedia.net/AndreyPopov

Elke Knorr ist Studiengangsleiterin für Personalmanagement an der Quadriga Hochschule in Berlin. Als solche, aber auch in ihrem Hauptberuf als Unternehmensberaterin in HR-Fragen, hat sie das Ohr am Puls der Zeit. In letzter Zeit, sagt Knorr, gebe es nur noch einen „Stoff“: „Auf allen Personalerkonferenzen ist die Mitarbeiterbindung großes Thema.“ Was fällt den Personalern dazu ein? „Eigentlich müsste klar sein“, seufzt Knorr, „dass man Mitarbeiter ohne Personalentwicklung nicht halten kann.“ Vielen sei das aber nicht klar.

Das Recht auf Weiterbildung ist Ländersache

Die Bestimmungen für das Recht auf Fort- und Weiterbildung werden nicht vom Bund, sondern von den Ländern festgelegt. In den meisten Bundesländern sind die Freistellungsansprüche gesetzlich geregelt, etwa in Nordrhein-Westfalen, wo der Gesetzgeber den Beschäftigten jährlich fünf Tage Weiterlernen zubilligt. Allerdings muss der Arbeitgeber zustimmen. In Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen ist das Recht auf Bildungsurlaub noch nicht geregelt. Trotzdem können dort geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen entsprechende Bestimmungen enthalten.

Wo es weder ein Landesgesetz noch tarif- oder einzelvertragliche Regelungen gibt, bleibt die Weiterbildung eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers.

Anderer Ansicht ist der emeritierte, aber beim Thema Personalentwicklung höchst umtriebige Universität-Halle-Professor Manfred Becker: „Die Personalentwicklung weist einen hohen Reifegrad auf, weil sie aufgrund des demografischen Wandels und vieler Frühpensionierungen zur Engpassfunktion geworden ist.“ Schon Bewerber erkundigten sich, nach welcher Systematik man sie weiterzuentwickeln gedenke. Wenn Personaler oder Vorgesetzte darauf keine befriedigende Antwort zu geben wüssten, verabschiedeten sich die Kandidaten sehr schnell.

Während Neuankömmlingen nicht selten der Weiterbildungshimmel auf Erden versprochen wird, laufen die bewährten Mitarbeiter häufig gegen dicke Wände. Personalberater Ralf Kleine aus Frankfurt weiß über enttäuschte Hoffnungen zu berichten. „Maier fragt beim Chef nach Weiterbildung. Der klagt: Die Firma könne keinesfalls auf ihn verzichten, kurz: ‚An Weiterbildung ist nicht zu denken.‘“ Die Maiers, sagt Berater Ralf Kleine, seien die Kandidaten, die liebend gern mit ihm über den nächsten Job sprechen. „Wenn die Firma nicht an Weiterentwicklung denken kann, dann denkt sich Maier: ,Aber andere‘.“

So weit muss es nicht kommen. Hier eine Auswahl von Gründen, warum der Arbeitgeber Herrn und Frau Ingenieur auf Neues loslassen sollte.

Mit Profit winken. „Dann können wir den Kunden mehr bieten.“

Wer etwas Neues lernt, weiß am Ende mehr als vorher und kann effektiver und effizienter arbeiten. Oder arbeitet anders oder an neuen Aufgabenstellungen, über deren Lösung die Kunden vielleicht heilfroh sind. Personalfachfrau Elke Knorr: „Wer immer das Gleiche tut, bekommt immer das Gleiche. Kreativität braucht Impulse. Auch Spitzensportler dürfen nicht aufhören zu trainieren. Das beste Argument ist, den Wissensgewinn des Mitarbeiters in einen Geschäftserfolg für die Firma zu verwandeln.“ Personalberater Thomas Streveld von Mercuri Urval aus Hamburg betont: „Der Firmennutzen ist der Mehrwert, den die Unternehmen am Ende sehen wollen.“

Den Wurm schmackhaft machen. „Die Firma hat am meisten davon.“

Weiterbildung ist betrieblicher Aufwand, und der rechnet sich nur dann für ein Unternehmen, wenn unter dem Strich etwas herauskommt. Personalberater Falk Runge, Leiter des Kienbaum-Büros in München, sagt, was das ist: „Messbare Resultate für das Unternehmen.“ Das offizielle Personalgespräch ist bestens geeignet, die zutage getretenen Plus- und Minuspunkte des Mitarbeiters zu besprechen und gemeinsam Optimierungsmöglichkeiten zu diskutieren. Nach dieser Lesart ist das Chef-Mitarbeiter-Gespräch bereits der erste Schritt zur Personalentwicklung. Wofür man sich beim Vorgesetzten durchaus mal bedanken könnte. Freundlichkeit mit Nebengedanken: Was den Chef aufbaut, könnte ihm die Überlegung nahelegen, auch seinen Mitarbeiter aufzubauen.

Rentabilität versprechen. „Nach der Fortbildung bringe ich das den Kollegen bei.“

„Niemals ausschließlich mit dem Eigennutzen argumentieren“, warnt Personalwissenschaftler Manfred Becker. Sondern um die Ecke denken und seinen Wunsch mit klaren Vorteilen für den Sponsor begründen: „Mit der Fortbildung verbessert sich mein Mitarbeiterpotenzial. Das bedeutet für das Unternehmen: Es hat geringere Grenzkosten.“ Auch Elke Knorr von der Quadriga Hochschule in Berlin denkt in Geldgrößen und schlägt als Verhandlungsstrategie vor: Lieber Vorgesetzter, machen wir doch einen Deal: Der eine übernimmt die Kosten, der andere trägt den Zeitaufwand.

An Zusagen erinnern. „Das haben wir beim letzten Mitarbeitergespräch so vereinbart.“

Man darf seinen Vorgesetzten durchaus auf frühere Zugeständnisse festnageln – wenn man mit dem Firmennutzen argumentiert. Personalberater Ralf Kleine aus Frankfurt: „Die besten Aussichten auf ein Ja hat man, wenn man die eigenen Zielsetzungen und die des Unternehmens in Einklang bringen kann.“ Aber woher weiß ein Mitarbeiter, wohin sich das Unternehmen entwickeln will? Ralf Kleine schlägt vor: „Schon Wochen vor dem Personalgespräch den Chef nach der Strategie löchern und dann im Personalgespräch geschickt die Verbindung zur gewünschten Weiterbildung herstellen.“

Die Mohrrübe hinhalten. „Ich will hier noch viele Jahre bleiben und gute Arbeit leisten.“

Thorsten Petry, Professor am Lehrstuhl für Organisation und Personal an der Wiesbaden Business School, stellt die künftig benötigten Mitarbeiterkompetenzen in den Vordergrund: „Vorgesetzte müssen jederzeit mit der Frage rechnen, welche Mitarbeiterkompetenzen sie in Zukunft brauchen.“ Dabei könnten Mitarbeiter ihren Chefs gern soufflieren. Aber wenn ein Unternehmen noch nicht weiß, womit es künftig sein Geld verdient? Petry: „Es gibt übergreifende Kompetenzen, Führungskompetenz, digitale Kompetenz, soziale Kompetenz, die kann man unabhängig vom Geschäftsmodell forcieren.

Vorleistung zeigen. „Ich habe schon mal angefangen.“

„Meet me half way“ ist ein starkes Argument, um den Arbeitgeber für eine Weiterbildung geneigt zu machen: der erklärte Wille, diese auch ohne Unterstützung durchzuziehen.

Den Chef des Chefs in Boot holen. „Dr. Lehmann hält sehr viel davon.“

Sich für seine Ziele Flankenschutz von Kollegen zu holen, ist grundsätzlich eine kluge Idee. Die Hamburger Personalberaterin Anna Kochanek warnt aber davor, sich jemandes Unterstützung zu vergewissern, auf dessen Rat der Vorgesetzte im Zweifel nicht hören würde.

Drohen. „Dann muss ich mich wohl neu orientieren.“

Für Manfred Becker ist der Fall glasklar: „Als Mitarbeiter muss ich mein Humanvermögen sichern. Wenn mir mein Arbeitgeber keine Entwicklungschance gibt, dann muss ich eben gehen.“ Die Drohung funktioniert aber a) nur ein einziges Mal, b) nur dann, wenn man tatsächlich im Job unverzichtbar ist und c) wenn der Chef gute Miene zum bösen Spiel macht und sich erpressen lässt. Das aber macht er, d) dann auch nur ein einziges Mal.

An die Fairness appellieren. „Immer die anderen. Ich bin auch mal dran.“

Dieses Argument gehört in den Sandkasten, aber nicht an den Arbeitsplatz.

Mit dem Fuß aufstampfen. „Ich hab’s verdient!“

Die Begründung klingt beim ersten Lesen ähnlich kindisch wie der Appell an die Gerechtigkeit, ist in Wahrheit aber durchaus einsetzbar. Thomas Streveld: „Wer es wirklich verdient, darf sich auch mal breitmachen. Aber auch hier muss der Nutzen für das Unternehmen benannt werden.“

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