Karrierepush: Frauen im Ingenieurberuf (FIB) und andere Plattformen helfen 15. Apr 2021 Von Ines Gollnick

Netzwerke knüpfen für den beruflichen Erfolg

Technikaffine Netzwerkerinnen schaffen gemeinsam neue Plattformen, die Veränderungen auslösen können. Drei neue und ein altbewährtes Beispiel im Blick.


Foto: henning photographie / HRW

Ob in Führungsverantwortung bei Keolis im Schienenpersonennahverkehr, ob Inhaberin einer Fahrrad-Reparaturwerkstatt oder ob in der Funktion als Social-Media-Managerin bei einem städtischen Verkehrsunternehmen, die Berufsbilder der Frauen in der Mobilitätsbranche sind vielfältig. Diese Frauen aus den diversen Mobilitätssparten zu vernetzen und die vielen Expertinnen, darunter auch Ingenieurinnen, sichtbar zu machen, ist das Ziel des virtuellen, hierarchiefreien Netzwerks „Women in Mobility“ (WiM). Denn diese Frauen gestalten längst die Mobilität von morgen mit.

Der Frauenanteil in der Mobilitätsbranche ist bislang gering, die Karrierechancen sind es nicht. „Frauen haben die Branche als berufliche Option häufig noch gar nicht im Blick“, bedauert Coco Heger-Mehnert vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr und eine der drei Gründerinnen. Daneben sind es Sophia von Berg (DB Systel) und Anke Erpenbeck (Kölner Verkehrsbetriebe). WiM sei nicht nur ein Frauen-­Empowerment-Netzwerk. WiM versteht sich als Fachnetzwerk für den fachlichen Austausch. Anne Mathieu, Vorsitzende Geschäftsführerin/CEO bei Keolis, erst seit drei Jahren in der Mobilitätsbranche an führender Position tätig, schätzt diesen gezielten fachlichen Austausch bei WiM. „Dadurch ergibt sich ein effizientes Netzwerk, auch wenn es ganz grundsätzlich schön ist, sich mit Frauen aus dem gleichen Metier zu treffen.“

WiM ist kein Verein im klassischen Sinne. Das virtuelle Netzwerk zählt bei Xing, Linkedin und Facebook knapp 3000 Mitglieder. 4000 folgen WiM bei Twitter, darunter auch Männer und Institutionen. Es gibt mittlerweile zehn Hubs, unter anderem in Berlin, München, Nürnberg, im Rhein-Ruhr-Raum, in Wien und Bern. Leipzig und Zürich stehen in den Startlöchern. 2020 hat sich einer in London gegründet.

Geben und Nehmen ist die Devise

Die drei Gründerinnen verstehen sich als Basis für alle, die eine Hub-Neugründung angehen wollen. Sie stehen mit Hilfe, Erfahrung und Beratung zur Seite. Obwohl sich WiM als hierarchiefreies Netzwerk versteht und nicht wie andere Netze ausschließlich Führungsfrauen zusammenbringt, bleibt in erster Linie die Frage, was denn WiM tun kann, um Frauen den Weg nach oben zu erleichtern. „Einmal gelingt das durch den Austausch im Netzwerk“, so Anne Mathieu von Keolis. „Frauen, die noch keine Führungskräfte sind, müssen ermutigt werden. Ich zum Beispiel kann meine eigenen Erfahrungen schildern und sagen, wie es gehen kann, welche Schwierigkeiten auf dem Weg auftauchen und wie man sie löst. Ein bisschen Mentoring eben“, so die gebürtige Französin.

Man sollte es auch als Verpflichtung sehen, dem Netzwerk etwas zu geben, zum Beispiel Hinweise auf freie Stellen oder demnächst offene Posten. Nicht ohne Stolz berichtet die CEO von Frauen bei Keolis, die auch als Führungskraft Teilzeit arbeiten. „Das zieht Frauen an, in Führung gehen zu wollen.“ Wie viele Frauen aus technischen Berufen bei WiM aktiv sind, weiß aktuell niemand. Eine Berufsbildstatistik hat auch Anne Mathieu nicht parat. Die Keolis-CEO weiß aber: „Die Firmen im ÖPNV-Bereich, die mit ihrer Frauenquote werben, sind schon stolz, wenn sie auf 20 % weibliche Beschäftigte verweisen können. Wir selber sind bei 19,5 % und verstehen uns schon als Vorreiter. Schaut man auf die Berufsbilder, ist das technischste bei Keolis die Werkstatt, die Instandhaltung. Da sind wir gerade bei 6 % Frauen. Ingenieurinnen jedenfalls haben bei Keolis laut Mathieu ausgezeichnete Karrierechancen mit schnellen Aufstiegsmöglichkeiten.

„Women in Mobility“ und „Autobahn f“ – zwei Beispiele für die Power der Zusammenarbeit

Die Frauennetzwerkszene bereichert seit März 2020 die Initiative „Autobahn f“ innerhalb der neu gegründeten Autobahn GmbH des Bundes. Anne Rethmann, Geschäftsführerin Finanzen, gründete die Initiative Anfang 2019. Das Unternehmen startete 2018, um eine der größten Reformen auf dem Infrastruktursektor der Bundesrepublik in Angriff zu nehmen. Seit 1. 1. 2021 kümmert sich der Bund offiziell um alles, was mit deutschen Autobahnen zu tun hat, von der Planung über den Bau, den Betrieb bis hin zur Finanzierung und Erhaltung. Um strukturiert vorzugehen, wurde ein Board für „Autobahn f“ gegründet. Kolleginnen aus verschiedenen Bereichen koordinieren die Arbeit.

Dezentrale Netzwerkarbeit braucht eine gute Organisation. Unter anderem sollen themenbezogene Projektgruppen gebildet werden. Das sind regionale Frauennetzwerke in den einzelnen Niederlassungen, die sich etwa mit dem Thema Verkehrsmanagement auseinandersetzen. „Autobahn f“ will „Frauen bewegen“, soll heißen, will Frauen dazu ermutigen, Führungspositionen anzunehmen. Das kann auf fachlicher Ebene wie im Management sein. „Das Netzwerk ist für mich einfach der beste Ort, um diese Ermutigung zu leben. Dort werden Frauen sichtbar, die den Weg nach oben gegangen sind. Es gibt so viele tolle Ingenieurinnen und so viele kompetente Leiterinnen von Autobahnmeistereien. Sie erzählen im Netzwerk einen Teil ihrer Geschichte.“ „Autobahn f“ arbeitet außerdem daran, dass die Autobahn GmbH ein attraktiver moderner Arbeitgeber für Frauen ist. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll kein Lippenbekenntnis sein, sondern gelebte Wirklichkeit. Als erste Maßnahme wurde ein Familienservice etabliert. Dort können Frauen eine Notfallbetreuung organisieren. Außerdem gibt es im Bedarfsfall eine Familienberatung. Für „Autobahn f“ sind die mobile moderne Arbeitsplatzausstattung sowie Führung in Teilzeit immer ein Thema. Wie es gelingt, mehr Frauen für technische Positionen zu gewinnen, bleibt auch für „Autobahn f“ eine große Herausforderung. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes bei einem Bundesunternehmen, das händeringend technisches Personal sucht, vor allem Ingenieurinnen und Ingenieure, sei ein Pluspunkt, der Frauen reizen könnte. Frauen werden aber auch gezielt angesprochen, sei es auf Recruitingmessen oder mit Stellenangeboten.

Personalsuche findet zudem mit „echten“ leitenden Mitarbeiterinnen statt, die auf Berliner Bussen werben. Authentische Ansprache nennt man das, wenn eine Leiterin einer Autobahnmeisterei oder eine IT-Projektleiterin mit mobiler Werbung Frauen auf das Unternehmen aufmerksam machen will.

Anne Rethmann glaubt an den Erfolg dieser Ansprache. „Diese Sichtbarkeit von Frauen herauszuheben, ist ein wichtiger Punkt, damit deutlich wird, dass bei uns hier jede Frau ihre Rolle findet und ihren eigenen Weg gehen kann, sei es als Niederlassungsdirektorin oder Leiterin einer Baustelle.“

fe:male Innovation Hub und „Women Entrepreneurs in Science“ (WES) setzen auf Unternehmertum

Dass Gemeinsamkeit stark macht, denken auch Frauen, die Unternehmensgründungen auf dem digitalen Sektor voranbringen wollen. Um gründungsinteressierten Studentinnen Luft unter den Flügeln zu geben, haben sich der fe:male Innovation Hub und die Initiative des Wirtschaftsministeriums NRW „Women Entrepreneurs in Science“ (WES) zu einem Netzwerkprojekt zusammengeschlossen. Es geht darum, Gründerinnen und gründungsinteressierten Frauen ein positives, begeisterndes Umfeld zu schaffen, indem sie sich sicher austauschen und von einander lernen können. Die Konzentration auf Studentinnen hat seinen Grund. Das neue Netzwerkprojekt erwartet von Studierenden die größte Innovation gerade auf dem digitalen Sektor. Bettina Baum-Thelen vom fe:male Innovation Hub unterstreicht: „Studentinnen stehen gerade am Anfang ihrer beruflichen Karriere. Wir möchten ihnen eine weitere berufliche Alternative aufzeigen, nämlich die der Unternehmerin. In der Schule und auch im Studium wird dieser Aspekt noch zu wenig berücksichtigt.“

WES und der fe:male Innovation Hub setzen auf Unterstützung, Förderung, Mentoring und Hilfestellung, damit die Idee umgesetzt wird. Die Studentinnen werden mit Gründerinnen zusammengebracht, die den Weg ihrer Gründung beschreiben. Es wird deutlich gemacht, mit welchen Schritten und welchen Tools eine Gründerin arbeiten sollte, um eine Idee auszuarbeiten. Auch Hürden werden bewusst angesprochen. Baum-Thelen: „Sobald eine Interessentin eine Gründung plant, unterstützen wir mit dem WES-Team die Studentinnen in einem Start-Inkubator. Hier werden neben Wissen die Infrastruktur und etablierte Netzwerke angeboten, also ein Start-up-Ökosystem.“ Die potenziellen Gründerinnen durchlaufen ein intensives Programm mit Mentoren und Coaches, erhalten wichtige Businesskontakte und Kenntnis von Fördermöglichkeiten.

Zerrin Börcek, Gründerin des fe:male Innovation Hub, könnte lange Vorträge darüber halten, wo am meisten Expertise gebraucht wird, damit eine Gründung gelingt. Am Anfang gehe es darum, Orientierung zu geben, wie eine Gründungsidee entwickelt und präsentiert werden kann. In der Entwicklungsphase bräuchten Gründerinnen dann Coaching und Ermutigung, Wissen und gezielte Schritte, um die Idee ausbauen. Dazu zählen eine Marketingstrategie, ein Finanzplan, eine Website und Steuerwissen.

Zerrin Börcek sieht auf vielen Feldern Gründungsmöglichkeiten. „Ich glaube an Zukunftstechnologien und setze auf digitale Geschäftsmodelle wie digitale Plattformen und E-Commerce. Zukunftschancen sehe ich im Bereich der künstlichen Intelligenz, der Chatbot-Entwicklung sowie im Digital Healthcare oder auch in der Entwicklung von Technischen Assistenten sowie im Smart Home. Sehr stark werden Entwicklungen im Bereich Virtual Reality, Augmented Reality und Mixed Reality.“

Börcek glaubt daran, dass neue Geräte entwickelt werden, um Smartphones zu ersetzen. Fazit: Wer netzwerkt, das beweisen nicht zuletzt alle drei Initiativen, arbeitet konkret an seiner Karriere und damit an seiner Zukunft.

Der immer aktuelle Klassiker: FIB und der Kongress „Frauen im Ingenieurberuf“

Auch der VDI hat ein bewährtes Netzwerk für Frauen im Ingenieurberuf (FIB). Es wurde 1965 zunächst als Ausschuss gegründet und bietet rund 11 000 Ingenieurinnen eine Plattform zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung. Es hat das Ziel, Frauen in der Technik miteinander in Kontakt zu bringen und zu inspirieren, damit diese ihre technischen und individuellen Erfahrungen und Kompetenzen in jeder Lebensphase effektiv einsetzen können. Die Akteurinnen setzen sich für eine Gesellschaft und Arbeitswelt ein, die Vielfalt nutzt sowie Familien- und Entgeltgerechtigkeit fördert.

Die Ziele des Netzwerks sind: Verbesserung der Sichtbarkeit von Ingenieurinnen und ihren Leistungen intern und in der Öffentlichkeit; Positionierung zu den und Vertretung der Interessen von Ingenieurinnen intern und in der Öffentlichkeit; Einbindung von Entscheidungsträgerinnen und -trägern aus Beruf und Gesellschaft; Angebote zur Qualifizierung;Netzwerkveranstaltungen zur Mitgliederbetreuung und -bindung

Der 19. Kongress „Frauen im Ingenieurberuf“ findet am 12. Juni 2021 statt und wird als Onlineveranstaltung durchgeführt. Detaillierte Informationen zum Programm wird FIB Anfang Mai veröffentlichen. Dann wird auch die Anmeldung freigeschaltet werden.

 

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