Sorge unter Beschäftigten bleibt hoch
Die Mehrheit ist zufrieden mit den Maßnahmen der Arbeitgeber, längst nicht alle Unternehmer setzen Schutzmaßnahmen aber konsequent um.

Foto: PantherMedia / Andriy Popov
Die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus bleibt bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland auch während des zweiten Lockdowns unverändert hoch: Im Januar 2021 machte sich jeder dritte befragte Beschäftigte (35 %) Sorgen, sich bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin mit dem Coronavirus zu infizieren. Das ist das Ergebnis einer Befragung des Portals Lohnspiegel.de der Hans-Böckler-Stiftung.
Trotz der inzwischen verschärften Corona-Maßnahmen entspricht dies dem Niveau der Vormonate und ist eine erhebliche Zunahme gegenüber den Sommermonaten Juni und Juli (jeweils 25 %), als die Infektionszahlen deutlich niedriger waren.
Skepsis auch bei Büroangestellten
Besonders verbreitet ist die Sorge vor einer Ansteckung bei Beschäftigten, die in ihrem Beruf regelmäßig engen Kontakt zu anderen Menschen haben und deshalb auch bei guten Arbeitsschutzmaßnahmen besonders exponiert sind. Aber auch in Berufsfeldern mit geringerem Risiko gibt es viele Beschäftigte, die sich Sorgen vor einer Ansteckung machen. Hierzu zählen Beschäftigte in Produktion und Fertigung (31 %), in Informatik und Kommunikationstechnologie (28 %) sowie in den klassischen Bürotätigkeiten aus dem Bereich Unternehmensführung und -organisation (29 %).
„Ein entscheidender Faktor für die Sorgen der Beschäftigten ist, wie weitreichend die Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen sind und wie konsequent sie im Betrieb umgesetzt werden“, sagt Elke Ahlers, Expertin für Arbeit und Gesundheit am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. „Viele Arbeitgeber haben schnell und vorbildlich auf die neue Lage reagiert – aber leider ist das noch nicht überall der Fall.“
So attestierte seit Beginn des zweiten Lockdowns zwar eine Mehrheit der Befragten (54 %) ihrem Arbeitgeber, bereits ausreichende betriebliche Maßnahmen umgesetzt zu haben. Jeder dritte Befragte (33 %) sah dies jedoch nur mit Einschränkungen so, jeder Achte (12,5 %) vermisste ausreichende Maßnahmen seitens des Arbeitgebers. „Das führt bei den Beschäftigten verständlicher Weise zu Frust und kann das Vertrauensverhältnis im Betrieb dauerhaft beschädigen“, so Ahlers.
Neue psychische Belastungen
Viele Betriebe setzten zudem zu einseitig auf verhaltensorientierte Maßnahmen bei den Beschäftigten, ohne selbst die Arbeitsabläufe und die Arbeitsorganisation an die Bedingungen der Corona-Pandemie anzupassen. So beschränken sich viele Arbeitgeber darauf, von ihren Beschäftigten die Einhaltung der Hygieneregeln, der Pflicht zum Maskentragen oder zum Abstandhalten anzumahnen – passen aber die Leistungsanforderungen nicht an die veränderten Umstände an.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die seit Jahren mangelhafte Umsetzung der nach dem Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen körperlicher und psychischer Belastungen. Diese haben in der aktuellen Situation eine besondere Relevanz. „Durch die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus und die veränderte Arbeitssituation ist für die Beschäftigten eine neue psychische Belastung entstanden – und zwar auch in Berufen, die vor Ausbruch der Pandemie keine besonderen Gesundheitsrisiken bargen“, so Ahlers.