SERIE EXPATRIATES 08. Jul 2019 Harald Weiss Lesezeit: ca. 4 Minuten

„Wir haben uns einen persönlichen Traum erfüllt“

Matthias Sieverding wollte schon immer in die USA. Jetzt ist er seit sieben Jahren dort und bereut nicht eine Minute davon. Sein Weg von Lohne über München und North Carolina in den Großraum des bei deutschen Firmenablegern so beliebten Industriestandorts Cincinnati ist ein Paradebeispiel für eine besonders erfolgreiche internationale Ingenieur-Laufbahn.

Matthias Sieverding, General Manager bei Krauss Maffei in der Nähe von Cincinnati, liebt Land und Leute.
Foto: Privat

Für den 44-jährigen Matthias Sieverding aus Lohne (bei Oldenburg) stand schon sehr früh fest, dass ihn seine beruflichen Wege in die USA führen müssen. Bereits während der Studienzeit schaute er sich nach einem passenden Job um, der zwar zunächst in Deutschland beginnen sollte, der aber eine klare US-Option bot. Bei Krauss Maffei in München wurde er fündig. Der Großkonzern suchte für seinen Kunststoffbereich einen Anwendungstechniker für Spritzgussmaschinen, der nach achtmonatiger Einarbeitung in die USA wechseln sollte. Der Maschinenbauingenieur bekam den Job und zog mit Frau und frisch geborenem Baby im Frühjahr 1999 von Paderborn nach München. Im Januar 2000 ging es dann für ein Jahr nach Florence, einem kleinen Ort im Großraum von Cincinnati, an der Grenze zwischen Kentucky und Ohio. „Für meine Frau und mich war das ein großes Abenteuer, denn wir wussten beide nicht, was uns erwartet“, erinnert er sich heute.

Allgemeine Daten zu den USA

– 6,2 Mio. Naturwissenschaftler und Ingenieure, der Durchschnittsverdienst liegt für einen Ingenieur bei etwa 87 330 $ im Jahr.

– Besteuerung: Bund, Land und Kommunen erheben eigene getrennte Einkommenssteuern. Die Steuerquote für den Bund liegt zwischen 10 % und 39,6 %. Der Höchststeuersatz beginnt bei einem Einkommen von 406 750 $ jährlich (Single).

– Die einzelnen Staaten und Kommunen können ihre eigenen Einkommenssteuern erheben. Sieben Staaten erheben gar keine Einkommenssteuer, zwei nur auf Kapitalerlöse.

– Ingenieur-Absolventen (2012) 147 000, 30 000 davon waren ausländische Studierende.  HW

Enttäuscht wurde er nicht – im Gegenteil, das Jahr verlief wie im Fluge. „Wir waren beide begeistert von dem wunderschönen Land, den offenen Leuten und der Kinderfreundlichkeit. Beruflich konnte ich viele Erfahrungen sammeln und mein Englisch deutlich verbessern“, war sein positives Resümee, nach dem er wegen eines neuen Projekts wieder nach Deutschland zurückgekehrt war. Für das Ehepaar stand deshalb fest, dass sie bei passender Gelegenheit wieder in die USA wechseln würden – auch, um ihre Kinder zweisprachig aufwachsen zu lassen. Im April 2007 bot sich dann die Möglichkeit, für die Firma Pöppelmann Plastic ein neues Werk in Claremont (North Carolina) aufzubauen. Inzwischen waren es vier Kinder und er und seine Frau waren der Meinung, dass diese genau das richtige Alter hatten, um den Umzug in die USA zu wagen.

Im September 2010 wechselte er wieder zu Krauss Maffei nach Florence, wo er noch heute als General Manager tätig ist. Er lebt dort mit seiner Familie im Großraum Cincinnati, einer Stadt mit einer langen deutschen Tradition: Beispielsweise wird in der Old St. Mary Kirche seit über 160 Jahren jeden Sonntag eine deutschsprachige Messe gelesen. „Cincinnati ist eine sehr lebendige Stadt im Aufschwung, die beruflich und privat sehr viel zu bieten hat“, sagt er über seine neue Heimat. Viele deutsche Tochtergesellschaften haben dort Vertretungen, da Cincinnati an der Schnittstelle zwischen den klassischen Industriegebieten im Norden und den neuen Produktionsstätten im Süden der USA liegt. „In vier bis fünf Stunden ist man in Detroit, Chicago oder in Chattanooga (Tennessee), wo beispielsweise VW sein Werk hat“, sagt er über den Standortvorteil.

Sieverding arbeitet sehr gerne in den USA, obwohl ihm die kulturellen Unterschiede im Arbeitsleben aus eigener Erfahrung bekannt sind. „Die Situation bei den Facharbeitern ist völlig anders als in Deutschland. Es gibt keine duale Ausbildung, die mit der deutschen Lehre vergleichbar ist, folglich gibt es auch keine dementsprechenden Zeugnisse, Gesellenbriefe oder Meisterbriefe, was das Finden von guten Fachkräften sehr erschwert“, sagt er über seine Erfahrungen. Sieverding weiß, wovon er spricht, denn zwischen Abitur und Studium hat er selbst eine Lehre als Werkzeugmacher absolviert.

Ein weiterer Unterschied zwischen Deutschland und den USA ist seiner Meinung nach der, dass der langfristige Vorteil einer fundierten Facharbeiterausbildung vielfach von den jungen Leuten und ihren Eltern nicht erkannt wird. Viele leben nur von einer Lohnzahlung zur nächsten. Das Konzept, dass während der Ausbildung weniger verdient wird, um anschließend deutlich mehr zu verdienen, sei nur schwer vermittelbar.

Selbst wenn es hierzu Möglichkeiten und Angebote durch den Arbeitgeber gibt, würden diese nur nach intensiver Überzeugungsarbeit genutzt. Bei Krauss Maffei gibt es beispielsweise die Möglichkeit berufsbegleitend eine zweijährige Zusatzausbildung zu absolvieren. „Das Finden von Kandidaten, die dazu bereit sind, ist für uns die größte Hürde“, sagt er über dieses Ausbildungsprogramm.

Dritter deutlicher Unterschied sei der, dass es im gewerblichen Bereich kaum längere Arbeitsverträge gibt, was ein zweischneidiges Schwert ist. So ist dieser Umstand für den Arbeitgeber beim Aufbau eines neuen Werkes von Vorteil, da man eine Neueinstellung nicht so lange abwägen muss. Andererseits kann aber auch der Arbeitnehmer sich ausbilden lassen und dann mit dem neuen Wissen und Können schnell zu einem besser bezahlten Job wechseln. Sieverdings persönliche Erfahrungen sind aber die, dass die Arbeitgeber in den USA bemüht sind, ihre Mitarbeiter langfristig zu halten. So gibt es bei ihm in seinem Werk viele Mitarbeiter, die schon seit der Eröffnung des Werkes vor über 25 Jahren dabei sind.

Rückblickend betrachtet würde der General Manager alles noch einmal genauso machen. „Wir haben uns einen persönlichen Traum erfüllt. Es ist wunderbar, meine fünfjährige Tochter mit ihrer Freundin auf Englisch spielen zu sehen und sie dann anschließend zu erleben, wie sie ihrer Oma beim Einkaufen als Dolmetscherin hilft“, schwärmt er über das zweisprachige Leben.

Folglich sind seine weiteren Pläne auch auf Cincinnati ausgerichtet. „Wir fühlen uns hier in dieser schönen, interessanten und familienfreundlichen Stadt sehr wohl und als Greencard-Besitzer haben wir auch eine Basis, die uns einen unbegrenzten Arbeitsaufenthalt ermöglicht“, sagt er über die Zukunftspläne der Familie.

Selbst einen Wechsel innerhalb der USA hält er für unwahrscheinlich. „Die Lebenshaltungskosten sind hier deutlich niedriger als in den trendigen US-Metropolen wie San Francisco oder New York. Wir haben hier ein Haus in fast City-Lage, das nur einen Bruchteil von dem gekostet hat, was man in den hippen Ballungsgebieten auf den Tisch legen müsste“, gibt er als weiteren Standortvorteil an.

Dem Ingenieur-Nachwuchs rät er, sich nicht mit einem Auslandssemester nach dem Studium zufriedenzugeben: „Nur ein mehrjähriges Engagement bietet die Möglichkeit, das Gastland im Arbeitsleben und im Privaten wirklich kennenzulernen.“

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