Künstliche Intelligenz ebnet Weg zum automatisierten Fahren
Die Entwicklung automatisiert fahrender Autos wird durch Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Simulation an Tempo gewinnen. Das ist das Ergebnis einer Fachtagung der TÜV SÜD Akademie und der TU München, die rund 200 Experten ein Forum bot.

panthermedia.net/Karneg
Konventionelle Fahrerassistenzsysteme wie Stau- und Spurhalteassistenten sind heute bereits weit verbreitet. Sie wurden für Fahrzeuge entwickelt, in denen nach wie vor der Fahrer die Verantwortung trägt. Die Funktionalität dieser Assistenten wurde zum Teil in Hunderttausenden Kilometern an Fahrten erarbeitet. Sollen Autos dem Fahrer künftig noch mehr Aufgaben abnehmen, so erhöht sich die erforderliche Fahrstrecke für Entwicklung und Test solcher Systeme für höhere Automatisierungsgrade auf rund 200 Mio. km.
„Für voll automatisierte Fortbewegung stiege der Aufwand in die Milliarden“, sagt Christian Gnandt, Global Head Hochautomatisiertes Fahren (HAD) beim TÜV SÜD. Weil dies nicht zu leisten ist, sei die Simulation ein unverzichtbarer Teil der Funktionsentwicklung, erklärt er. Aus diesem Grund bildeten die Computersimulation und weitere, neue Alternativen einen Schwerpunkt bei der diesjährigen Tagung „Automatisiertes Fahren“. Die TÜV SÜD Akademie veranstaltete sie zusammen mit der Technischen Universität München (TUM).
Fahrzeug lernt vom Menschen
Zwei Stichworte fielen auf dieser Tagung besonders oft: Machine Learning und Künstliche Intelligenz. Diese Technologien könnten es automatisierten Fahrzeugen nach Ansicht mehrerer Referenten ermöglichen, sich selbst neue, zusätzliche Anforderungen zu erarbeiten. Die Systeme lernen dabei anhand der Interaktion zwischen Menschen im Verkehrsgeschehen und Computern. So ließen sich langfristig auch hochkomplexe Verkehrssituationen des Stadtverkehrs leichter handhabbar machen, die bislang nur der Mensch meistert. Die sich im Zusammenhang mit dem automatisierten Fahren ergebenden ethischen Fragen diskutierten die fast 200 Teilnehmer aus Industrie und Forschung ebenfalls.
Universitäten wie die TUM haben dank ihrer Forschung erheblichen Anteil an technischen Entwicklungen hin zum automatisierten Fahren. Das zeigte sich in etlichen Vorträgen. So ließen sich z. B. Virtual Reality und Augmented Reality nutzen, um das Verhalten von Fußgängern im Straßenverkehr zu studieren – völlig ohne Gefahren für die Probanden, die das Verkehrsgeschehen nur über entsprechende Brillen und Kopfhörer erleben.
Platooning von Lastwagen erfolgreich getestet
Dass automatisiertes Fahren nicht erst in ferner Zukunft nutzbar ist, zeigten die Berichte von Pilotversuchen in Deutschland und Österreich. So verkehren automatisierte Kleinbusse erfolgreich im niederbayerischen Bad Birnbach und in Koppl bei Salzburg. Mit maximal 20 km/h Höchstgeschwindigkeit, befördern sie im Rahmen des öffentlichen Nahverkehrs Fahrgäste und machen die neue Technologie so bereits erlebbar.
Auch beim Gütertransport sehen die Experten von TÜV SÜD und die Tagungsteilnehmer Potenzial durch die Automatisierung. So verlief der Einsatz des Platooning von Lastzügen auf einer Testrecke auf der A9 zwischen München und Nürnberg positiv. Dabei folgten die Nutzfahrzeuge in weniger als 15 m Abstand einem Führungsfahrzeug, mit dem sie über eine sogenannte elektronische Deichsel verbunden waren. Insgesamt über 35 000 Kilometer transportieren sie normale Fracht und das Verfahren sparte bis zu vier Prozent CO2 ein.
Fahrer noch lange nicht überflüssig
Allerdings – und darin waren sich die Referenten auf der Tagung einig – birgt die Entwicklung des automatisierten Fahrens noch große Herausforderungen. So sei der Übergang vom Automatisierungslevel 2 zu Level 3 in Serienfahrzeugen mit erheblichem Aufwand und Herausforderungen verbunden. Die deutschen Hersteller arbeiteten mit Hochdruck daran, Fahrzeuge mit Level-3-Funktionen in den öffentlichen Verkehr zu bringen. Level 3 bedeutet dabei: Der Fahrer dürfte in einem solchen Fahrzeug schon mal den Blick vom Verkehrsgeschehen nehmen.