TEXTILTECHNIK 05. Jul 2019 Angela Schmid Lesezeit: ca. 3 Minuten

Basaltstrumpf auf See

Offshore-Fundamente, ob von Windkraftanlagen oder anderen Konstruktionen, lassen sich durch Gesteinsstrick vor Umwelteinflüssen schützen.

Basaltfasergestrick: Aus einer 1450 °C heißen Gesteinsschmelze lassen sich Endlosfasern ziehen und verarbeiten. Das Gestrick soll Fundamente im Wasser vor Befall schützen können.
Foto: Forum TuW

Gestrickte Socken für Fundamente von Offshore-Windenergieanlagen zu verwenden, hört sich nach einem Aprilscherz an. Es ist aber eine pfiffige Idee mit Potenzial. Im Gegensatz zu normalen Strümpfen besteht die maritime Variante aus Basalt. Einem Vulkangestein, das fast überall auf der Welt vorkommt und zu Fäden verarbeitet werden kann. Eine alte Technik, die hauptsächlich in Osteuropa angewendet wird. Zu einer Fläche verarbeitet, kann die Basaltfaser um Fundamente gewickelt werden und diese vor Algen und Muschelbefall schützen.

Basalt wurde schon seit langer Zeit ein Antifouling-Effekt nachgesagt. Das stimmt, aber nur ein bisschen. „Es hängt von der mineralischen Zusammensetzung ab, die bei Basalt abhängig von der Lagerstätte ist“, erklärt Manuela Keller.

Garn aus Basalt- fasern ist hochgradig temperatur- und UV-beständig und ausgesprochen korrosionsfest.
Foto: Forum TuW

Die Diplomingenieurin des Sächsischen Textilforschungsinstituts (STFI) in Chemnitz hat im Rahmen eines Forschungsprojekts die Eigenschaften des Gesteins untersucht und festgestellt, dass allein der Stein zudem nicht ausreicht, um Algen abzuschrecken. Erst wenn Basalt verarbeitet wird und eine raue Oberfläche entsteht, tritt der Antifouling-Effekt ein. Muscheln & Co. fühlen sich darauf nicht wohl. Sie bevorzugen glatte Flächen wie jene von Schiffsrümpfen.

„100 % Basalt funktioniert zum Verarbeiten nicht. Es muss etwas beigemischt werden, was fest ist und dennoch den Bewuchs verhindert“, so die Wissenschaftlerin. Dies sei schwierig, weil in Gewässer keine Kunststoffe eingebracht werden dürfen. Keller: „Hier gibt es noch Forschungsbedarf.“ Dass der Antifouling-Effekt funktionieren kann, hat sie jedoch bewiesen. An Hölzern. Eine übergestülpte Basaltmatte verhinderte den Bewuchs mit Holzbohrmuscheln.

Vor 250 Jahren aus Amerika eingeschleppt, sind Holzbohrmuscheln ein ernstes Problem für im Küstengewässer verbaute Hölzer. Der aus den USA eingewanderte Wurm frisst sich besonders gerne durch Seebrückenpfähle und verursacht Schätzungen zufolge allein an der deutschen Ostseeküste Schäden von rund 100 Mio. €. Ideal sind die Basaltmatten noch nicht – „es ist schwer handhabbar, ohne das Textil zu beschädigen, da Holz nie glatt ist“. Auch die richtige Befestigung müsse noch geklärt werden.

Basaltfäden werden meist gewebt – gestrickt wurde mit ihnen noch nie. Das ist kompliziert, weil der Faden leicht bricht. Während Baumwollfasern sich gegenseitig festhalten, sind die dünnen Basaltfäden brüchig und eigentlich ungeeignet für das Stricken. „Es ist, als wenn man einen Glasfaden verstrickt“, erklärt André Niemann, Geschäftsführer der Helmut Peterseim Strickwaren GmbH in Mühlhausen.

Wie Niemann es geschafft hat, aus dem bruchanfälligen Faden Schleifen zu bilden, verrät er nicht. Ein wohlbehütetes Betriebsgeheimnis. Schließlich ist die kleine Strickmanufaktur aus Thüringen weltweit das einzige Unternehmen, das dies kann. Er verrät nur so viel: „Wir haben nichts Neues erfunden – nur zwei etablierte Dinge miteinander verbunden: das Stricken, was wir seit 25 Jahren machen, und die Verwendung eines Basaltfadens.“ Ein neuer Ansatz, für den die Peterseim-Firmengruppe in der Kategorie „New Application“ den Innovation Award auf der Messe Techtextil 2017 in Frankfurt am Main gewonnen hat.

Noch laufen Pilotprojekte, um den Offshore-Einsatz der Basaltmatten zu testen. Wartungsunternehmen könnte dies eine Menge Geld sparen. Um Schweißnähte der Beton- und Stahlteile von Windenergieanlagen im Meer zu überprüfen und auf Risse zu kontrollieren, muss zuerst der Algenbewuchs mühevoll entfernt werden.

Während die eigentliche Arbeit meist nach einer Stunde erledigt ist, dauert es üblicherweise einen Tag, um Monopiles von Algen, Seegras und Muscheln zu befreien. Bei Jacket-Fundamenten dauert es sogar noch länger. Mit „Seal“, wie Niemann sein Gestrick nennt, wäre diese Arbeit überflüssig, da die Matte die unter der Wasseroberfläche liegenden Elemente eng umschließt – wie eine Socke den Fuß. „Die Wartungskosten können um 40 % reduziert werden“, erklärt der Geschäftsführer.

Studien zur Langzeitwirkung des Antifouling-Effekts gibt es noch nicht. Abhängig ist dies auch vom Standort. Unterschiede gebe es allein schon zwischen Nord- und Ostsee aufgrund der Vegetation und der unterschiedlichen Kulturen, so Niemann. Das Interesse sei dennoch schon jetzt groß. „Wir haben Kunden aus Europa und auch Anfragen aus Singapur und Panama.“

Der Charme von Basalt besteht darin, dass der Faden ohne chemische Zusätze hergestellt und die Matte am Ende ihrer Lebenszeit recycelt werden kann. Zudem ist Basalt mit einem Kilopreis von 3 € bis 4 € relativ günstig. Und er hat eine hohe Zugfestigkeit, weshalb das Gestein für den Leichtbau zunehmend interessanter wird.

Es gebe Ansätze in der Autoindustrie, die Carbonfaser mit Basalt zu ergänzen, erklärt Torsten Bäz vom 2012 gegründeten Basaltfasernetzwerk, in dem zehn Firmen und Forschungsinstitute aus ganz Deutschland mitarbeiten. Auch für das metallfreie Bauen werde Basalt bereits eingesetzt. „Basaltfasern sind von fester Konsistenz, flexibel, ungiftig bzw. umweltneutral, nicht krebserregend, beständig gegen Chemikalien und Hitze bis 800 °C sowie UV-stabil.“

Selbst die Ökobilanz des Basaltfadens ist trotz des energetisch aufwendigen Schmelzprozesses mit 3 kg bis 5 kg CO2-Emissionen je Tonne im Vergleich zu anderen Materialien relativ gut. Die Werte für Stahl liegen zum Beispiel bei 8 kg CO2, für Aluminium bei 38 kg CO2.

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