Trendumkehr nach unten: weniger fertiggestellte Wohnungen
Die Bundesregierung hat das Ziel, 400 000 Wohnungen pro Jahr fertigzustellen. Mit den Lieferengpässen durch den Krieg in der Ukraine ist das Ziel unter Druck. Jetzt zeigt sich auch noch, dass die Zahl der Fertigstellungen 2021 gegenüber dem Vorjahr gesunken ist. Die Herausforderung wird damit noch größer.

Der Rückgang fertiggestellter Wohnungen war bei den Einfamilienhäusern am stärksten.
Foto: panthermedia.net/kurhan
Noch in der vergangenen Woche bekräftigte Bundesbauministerin Klara Geywitz die Ziele der Bundesregierung auf dem Tag der Bauindustrie: in den nächsten vier Jahren jeweils 400 000 Wohnungen pro Jahr fertigzustellen. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts lassen die Herausforderung weiter wachsen, nachdem die Branche durch den Krieg in der Ukraine bereits mit Lieferschwierigkeiten und Kostensteigerungen zu kämpfen hatte.
Preissprünge und Lieferengpässe geißeln die Baubranche
Im Jahr 2021 wurden laut den Statistikern in Deutschland 293 393 Wohnungen fertiggestellt, also 4,2 % oder 12 983 weniger als im Vorjahr. Dabei lief es zu Beginn der Corona-Pandemie noch ganz gut. „Nachdem im Jahr 2020 erstmals mehr als 300 000 neue Wohnungen entstanden waren, fiel die Zahl im Jahr 2021 wieder auf das Niveau des Jahres 2019“, schreibt die Behörde. Der 2011 begonnene jährliche Anstieg der Zahl fertiggestellter Wohnungen setzte sich damit 2021 nicht weiter fort. In den Zahlen sind sowohl die Baufertigstellungen für neue Gebäude als auch die Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden enthalten.
Lieferengpässe und hohe Preise als Ursache des Rückgangs
Einer der Gründe dafür ist, dass Wohnungsprojekte nach der Genehmigung einfach nicht weiter gebaut werden, was in Fachkreisen als Bauüberhang bezeichnet wird. Das passiert teils aus Spekulationsgründen, teils, weil die Kosten gestiegen sind, und teils auch, weil es an der Kapazität zur Ausführung fehlt. „Hier dürften Lieferengpässe und Rohstoffknappheit, deutliche Preissteigerungen als Folge einer erhöhten Nachfrage nach Baustoffen wie Holz und Stahl im In- und Ausland sowie die hohe Auslastung bzw. Personalknappheit im Baugewerbe eine maßgebliche Rolle spielen“, so das Statistische Bundesamt.
Krieg in der Ukraine wirkt sich auf Baubranche aus
Größter Bauüberhang seit 25 Jahren
Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen stieg im Jahr 2021 nämlich mit 380 736 um 3,3 % gegenüber dem Vorjahr und war damit erneut deutlich höher als die Zahl der Baufertigstellungen. „Dies führte nunmehr zu einem Überhang von genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen von insgesamt 846 467 Wohnungen – +67 035 gegenüber 2020.“ Der seit 2008 – dem Jahr der weltweiten Finanzkrise – anhaltende Anstieg des Bauüberhangs beschleunigte sich somit im Jahr 2021 und erreichte laut den Bundesstatistikern den höchsten Stand seit 1996 (922 343), also seit 25 Jahren.
Stärkster Rückgang bei fertiggestellten Einfamilienhäusern
Von den insgesamt 293 393 im Jahr 2021 fertiggestellten Wohnungen waren 256 352 Neubauwohnungen in Wohngebäuden, das waren 4,6 % weniger als im Jahr 2020. Auf neue Einfamilienhäuser entfielen davon 78 209 Wohnungen, was einem Rückgang um 10,4 % entspricht. In Mehrfamilienhäusern wurden 147 925 und damit 3,6 % weniger Neubauwohnungen fertiggestellt. In Zweifamilienhäusern sank die Zahl um 1,7 % auf 20 118 Wohnungen. In neu gebauten Wohnheimen stieg die Zahl fertiggestellter Wohnungen, und zwar um 32 % auf 10 100. Die Zahl fertiggestellter Wohnungen in neuen Nichtwohngebäuden stieg gegenüber dem Vorjahr um 6,4 % auf 5317. Durch Baumaßnahmen an bereits bestehenden Wohn- und Nichtwohngebäuden entstanden 31 724 Wohnungen, das waren 2,7 % weniger als im Jahr 2021.
Bauwirtschaft: Regierungsziel von jährlich 400 000 neuen Wohnungen nicht erreichbar
Das Ziel umzusetzen, wird schwierig, aber es gibt zumindest ein paar gute Nachrichten. So bestätigte eine Studie des Bauministeriums dieses Jahr, dass zumindest genügend Fläche für jährlich 400 000 Wohnungen verfügbar sei. Damit sie auch wirklich gebaut werden, muss das jüngste der Bundesministerien aber noch zahlreiche Hürden überwinden.