KRAFTWERKSTECHNIK 22. Jun 2017 Thomas Gaul Lesezeit: ca. 3 Minuten

Biogasbesitzer setzen auf flexiblen Betrieb

Die Gasmotoren in Biogasanlagen sind nicht auf flexible Fahrweise optimiert. Jedoch genau die bietet den Besitzern neue Einnahmemöglichkeiten.

Die Gasmotoren in Blockheizkraftwerken müssen sich in Zukunft neuen Abgasvorschriften anpassen (im Bild: Exponat auf der Hannover Messe 2015).
Foto: Stephan W. Eder

Nachdem kaum noch neue Biogasanlagen in Deutschland gebaut werden, konzentrieren sich die Produzenten von Blockheizkraftwerken (BHKW) verstärkt auf das Geschäft mit bestehenden Anlagen. Die BHKW-Hersteller versprechen sich durch die Flexibilisierung der Biogasanlagen einen Investitionsschub.

Inzwischen installieren Betreiber das Drei- bis Fünffache der bisherigen Leistung an ihren Bestandsanlagen, um nur an wenigen Stunden des Tages Strom einzuspeisen. Früher war es üblich, die Motoren von Biogasanlagen als Grundlastlieferanten rund um die Uhr durchgehend laufen zu lassen. Mit den flexibel betriebenen BHKW haben Biogasanlagen eine Perspektive für den Weiterbetrieb jenseits der EEG-Förderung.

Um Regelenergie bereitstellen zu können, ist eine flexible Fahrweise der BHKW-Motoren von Biogasanlagen gefragt. Den Aussagen der Hersteller zufolge sind die häufigen Start- und Stoppvorgänge für die Motoren inzwischen kein Problem mehr. Zweifel an diesem Optimismus kommen jedoch auf, wenn man sich in der Praxis umhört.

Michael Wentzke, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft (IG) Biogasmotoren, erfährt von Betreiberseite täglich, wo es bei den Motoren hakt: „Betreiber wie auch Motorenhersteller werden mit einer neuen Fahrweise des BHKW konfrontiert, die erhebliche Auswirkungen auf die Betriebsführung und auf die Betriebszustände des Biogasmotors hat.“

So sieht sich laut Wentzke der Service, der bislang nur den Fahrplan „Volllast ohne Pause“ zu berücksichtigen hatte, mit Stillstandzeiten, einer Vielzahl von Starts und Mindestlaufzeiten konfrontiert: „Von Regelenergieleistungen mit mehr oder minder langen Betriebszeiten und Teillastphasen einmal abgesehen.“

Im Flexbetrieb ergeben sich für den Biogasmotor mehr Aufwärm- und Abkühlphasen durch die Start-Stopp-Vorgänge. Die unterschiedlichen Lastphasen im Teillastbetrieb haben Auswirkungen auf die Wärmeleistung und den mechanischen Wirkungsgrad. Im Regelenergiebetrieb kommen dynamischere Änderungen im gesamten zugelassenen Lastbereich des Biogasmotors (50 % bis 100 %) hinzu.

Die Motoren der Biogas-BHKW seien jedoch bisher für den Volllastbetrieb konstruiert, betont Wentzke. Die Motorenhersteller schreiben Maximalwerte der Laständerung vor, was die Motorendynamik begrenzt. Betreiber mit mehreren Motoren können die gewünschte Last durch das gezielte Ausschalten verschieden starker Motoren herbeiführen.

Durch den flexiblen Anlagenbetrieb verändert sich auch die Zusammensetzung des Biogases, während der Motor auf einen Methananteil von konstant 52 % eingestellt ist. Ein höherer Methangehalt führt zu einer sogenannten „fetten“ Verbrennung. Biogas enthält zugleich rund 45 % CO2, das als „Feuerlöscher“ wirkt.

Durch die langsame Verbrennung im Motor kommt es zu Problemen mit den Zündkerzen, die mitunter täglich gewechselt werden müssen. Ein typisches Schadensbild in der Praxis, so weiß Wentzke zu berichten, sei der Kolbenfresser nach drei Tagen mit 50 Laständerungen im Fahrplanbetrieb.

Häufige Temperaturänderungen machen dem Motor zu schaffen. „Für das Spiel der Kolben und Ventile mögen Motoren gleichmäßige Temperaturen“, hat Wentzke festgestellt. Nach Möglichkeit kann der Betreiber den für Wärmeverbraucher vorhandenen Wärmespeicher in den Kühlkreislauf einbinden. Das sollte aber nur unter sorgfältiger Berücksichtigung des Wärmelastprofils für Wärmetauscher und Pumpen sowie des Regelkonzepts geschehen.

Anhand der Fahrplandaten zum Regelenergiebetrieb ließe sich die vorgeschriebene Wartung des Motors bereits vorplanen. In anderen Branchen, etwa bei Baumaschinen oder Stationärmotoren in der Industrie, sei das bereits Standard. „Warum nicht im Biogasbereich?“, fragt Wentzke. Zur Berechnung der Motorbelastung gibt es bereits Softwareunterstützung.

Ein handgeschriebenes Betriebstagebuch reiche da nicht mehr aus, so der Motorenfachmann. Die Kernbetriebsdaten wie Temperaturen, Drücke, Last und Gasqualität müssten in Wartungsanweisungen einfließen. Verschleiß- und Verschmutzungsgrade von wichtigen Komponenten wie von Wärmetauschern und Gemischkühlern sollten kontinuierlich gemessen werden.

Mit Blick auf die verschärfte Abgasgesetzgebung, wie sie in der Novellierung der TA Luft zum Ausdruck kommt, werden neue Motoren entwickelt. Die NOx-Grenzwerte sollen bei Magermotoren auf 500 mg/m3 beziehungsweise auf 250 mg/m3 abgesenkt werden. Bei stöchiometrisch betriebenen Motoren soll generell 100 mg/m3 gelten.

So stellte der Münsterländer Motorenbauer 2G Drives erstmals auf der Hannover Messe im April die neue BHKW-Baureihe „Aura“ mit Aggregaten von 100 kW und 150 kW elektrischer Leistung vor. „Die Antwort auf die absehbare Verschärfung der NOx-Grenzwerte durch die neue TA Luft in Deutschland haben wir damit bei unserer Entwicklungsarbeit quasi vorweggenommen“, so Geschäftsführer Frank Grewe. Die Leistungsausbeute soll bei gleichem Hubraum um 15 % über der des Wettbewerbs liegen.

Der Formaldehyd-Grenzwert in Deutschland wird schrittweise auf 20 mg/m3 Abgas gesenkt. Bei der Abgasreinigung kommen zunehmend SCR-Katalysatoren (SCR: selektive katalytische Reaktion) zum Einsatz. Die aus dem Fahrzeugbereich bekannte Technik hält damit auch bei Stationärmotoren Einzug.

Die Motorenhersteller arbeiten auch daran, BHKW künftig auch mit Wasserstoff betreiben zu können. Mittels Elektrolyse gewonnener Wasserstoff könnte dann zur gemeinsamen Produktion von Strom und Wärme genutzt werden.

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