Deutsche Energiewende 18. Dez 2020 Von Stephan W. Eder

EEG 2021 in trockenen Tüchern

Heute der Bundesrat, gestern der Bundestag – die beiden Gesetzgebungsorgane haben in ihren jeweils letzten Sitzungen des Jahres auch die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das EEG 2021, beschlossen. Obwohl es als Erfolg gilt, dass es überhaupt dazu kam, hagelt es an Kritik – von der Opposition, der Ökostrombranche, aber auch aus der Energiewirtschaft.


Foto: panthermedia.net/ Andreus

Die größten Kühe waren vom Eis, als der Bundestag gestern und der Bundesrat heute Vormittag die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verabschiedeten. Es waren bange Tage, weil es unter anderem darum ging, das Schicksal der Altanlagen, deren EEG-Förderung zum Jahresende ausläuft, noch regeln zu wollen. Aber schon letzte Woche waren die Kompromisslinien klar, das EEG 2021 tritt damit am 1. Januar 2021 in Kraft. Jetzt sind Anschlussregelungen klar, die Anlagen müssen zumindest nicht vom Netz oder stillgelegt werden.

Ziel der EEG-Novelle ist auch offiziell, dass der Ausbau der Ökostromkapazitäten endlich wieder Fahrt aufnehmen soll, damit das Ziel eines Ökostromanteils von 65 % bis zum Jahr 2030 gelingen kann. In diesem Jahr liegt der Anteil nach Angaben diverser Verbände und Forschungsorganisationen bei 46 %. Doch die Reform regele zwar wichtige Einzelheiten, erreiche ihre selbst gesteckten Ziele aber nicht, so unisono der Tenor von Opposition, Ökostrombranche und Energiewirtschaft.

EEG 2021: Festgelegte 65 % Ökostrom bis 2030 gelten als Mogelpackung

Schon die übergeordnete Zielsetzung zieht viel Kritik auf sich, denn zwar legt das EEG in der neuen Fassung das Ausbauziel von 65 % Ökostrom bis 2030 fest, wichtig aber ist, worauf sich die 65 % beziehen. „Für die Erreichung des 65 %-Ziels wird ein Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 in Höhe von 580 TWh angenommen und daraus eine Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 377 TWh abgeleitet“, heißt es in der Abstimmungsvorlage zum Gesetzentwurf der Bundesregierung.

Diese 580 TWh werden in Fach- und Branchenkrise als unrealistisch eingeordnet. 2019 lag der Jahresstrombedarf in Deutschland nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen bei 603,5 TWh. Trotz zunehmender Energieeffizienz erfordert die Energiewende durch zunehmende Elektrifizierung jenseits des Stromsektors mehr Strom, nicht weniger. Daher dürfte der Gesamtstrombedarf für Deutschland im Jahr 2030 deutlich über den 580 TWh liegen. Aus den in der jetzt beschlossenen EEG-Novelle errechneten 377 TWh werden dann schnell weniger als 65 %.

Bundesregierung verschiebt Debatte um höhere Ausbauziele auf 2021

Schon bei Vorlage des ersten Novellenentwurfs im September war darauf hingewiesen worden, zu einer Lösung konnte sich die Bundesregierung in diesem Jahr dennoch nicht durchringen. Dies soll 2021 im Rahmen eines Entschließungsantrags geregelt werden. Vor allem CDU und CSU wollen offenbar abwarten, bis die EU selbst ihre erhöhten Ausbauziele im Rahmen des European Green Deal verbindlich festgelegt hat.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier stellte klar, man werde auf der Grundlage der verschärften EU-Klimaziele ein Ambitionsniveau festlegen. Es brauche mehr erneuerbare Energien, aber auch bei den erneuerbaren Energien mehr Marktwirtschaft. In einer sehr emotionalen Bundestagsdebatte forderte der CDU-Abgeordnete Andreas Lenz mehr Zuversicht: „Wir haben die Ausbauziele immer übererfüllt, trotzdem werden wir noch mal über die Ziele sprechen.“

Die SPD hätte wohl mehr gewollt, aber das war nicht durchzusetzen. „Ich erwarte, dass wir gleich zu Beginn des nächsten Jahres den nächsten großen Schritt gehen und die Ausbauziele für 2030 und damit auch das Ausbautempo deutlich erhöhen“, so Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, sagte, die SPD sei bereit, weitere große Fragen zu klären, und wolle dies 2021 in Angriff nehmen. Die Ausbaupfade müssten erhöht werden. „Die Regierungskoalition steht jetzt in der Verantwortung, im ersten Quartal zügig nachzuliefern“, betonte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU).

EEG 2021: Opposition sieht verpasste Chance

Im Bundestag kritisierte der Vize der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, die EEG-Novelle heftig. Nicht nur werde diese „dem Anspruch nicht gerecht“, sie sei vielmehr eine „Bankrotterklärung“. Krischer warf der CDU/CSU vor, ihre Energiepolitik werde zum „industriellen Standortrisiko für Deutschland“.

„Auf die großen Herausforderungen der Energiewende finden wir in dieser Novelle leider keine Antwort“, beklagte im Bundesrat heute Morgen der auch für Energie zuständige hamburgische Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Bei dieser Novelle habe man sich schnell im Detail verloren, damit etwas man habe, was man als Erfolg vorzeigen könne.

EEG 2021 bietet für Gemeinden Fortschritte für Windkraftausbau an Land

In Zukunft können Kommunen und Gemeinden Geld erhalten, wenn auf ihrem Boden Windräder gebaut werden, und zwar 0,2 Cent/kWh. Geplant ist auch, dass die Gemeinden, in denen die Anlagen stehen, fast die ganze Gewerbesteuer einnehmen. Das aber ist noch nicht beschlossen, sondern soll erst 2021 folgen.

Was das EEG 2021 jedoch nicht vorlegt, ist die von der Windkraftbranche dringend geforderte Repowering-Strategie, ohne die nach deren Aussage die windhöffigen Altstandorte nicht langfristig nachhaltig für die Ökostromerzeugung gesichert werden können. Zumindest ist jetzt festgelegt, dass die Betreiber alter Anlagen, die diese weiter betreiben wollen, pro Kilowattstunde etwas mehr als den Marktwert des Stroms erhalten können. Weiteres – auch Details über eine neue Fördermöglichkeit – soll erst 2021 festgezurrt werden.

Ausbau von Solarstromanlagen soll vorangebracht werden

Neben der Festschreibung des 65 %-Ziels regelt das EEG 2021, wie weit die einzelnen Technologien bis 2030 ausgebaut werden sollen. Konkret ist zum Beispiel der Ausbau der Photovoltaik auf 5 GW/Jahr festgelegt. „Wissenschaftler und Marktforscher halten zur Umsetzung der Klimaziele und zur Vermeidung einer Stromerzeugungslücke seit Jahren ein Photovoltaik-Ausbautempo von mindestens 10 GW für erforderlich“, erklärte dazu der Bundesverband Solarwirtschaft.

Vor allem die Dachflächen sollen in Deutschland verstärkt für Photovoltaikanlagen genutzt werden. Auch für Mieterstrommodelle, die sich bisher nur schwer umsetzen lassen, soll es Erleichterungen geben. Im Endeffekt wird es mit dem neuen EEG günstiger, Eigenstrom zu nutzen, weil der Schwellwert angehoben wird, ab dem auf diesen Strom die EEG-Umlage zu entrichten ist.

Energiewirtschaft sieht Kohleausstieg durch EEG-Novelle behindert

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, hält es zudem für „absolut unverständlich“, dass das Bundeswirtschaftsministerium ad-hoc eine Änderungen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in den Entwurf eingebracht hat. Diese Änderungen würden den dringend notwendigen Ausbau der KWK-Anlagen zum Ersatz von stillzulegenden Kohlekraftwerken ausbremsen. Betroffen wären allerdings nach ihren Angaben nicht die großen Kraftwerksbetreiber, sondern „in erster Linie kleine und mittlere Unternehmen“.

Corona-Effekt: Ökostrom deckt 2020 gut 46 % des Stromverbrauchs

Der Strom aus erneuerbare Energiequellen deckte in diesem Jahr laut Experten des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gut 46 % des Verbrauchs in Deutschland ab. 2019 hatte der Anteil noch bei 42,5 % gelegen.

Grund für das Wachstum ist nach Angaben der Organisationen der durch die Corona-Pandemie gesunkene Stromverbrauch in Kombination mit dem Einspeisevorrang für Ökostrom. Ohne die Corona-Delle hätten erneuerbare Energien gut 44 % des Stromverbrauchs gedeckt, hieß es. Den größten Anteil an der Ökostromerzeugung hat in diesem Jahr nach den Berechnungen Windkraft an Land, gefolgt von Photovoltaik, Biomasse und der Offshore-Windkraft.

Der BDEW teilte gestern zudem mit, dass allein in der Energiewirtschaft die gesamten Treibhausgas-Emissionen 2020 wohl um 15 % zurückgehen werden, nämlich um 37 Mio. t CO2-Äquivalenten. BDEW-Chefin Andreae sprach von einem „Ausnahmejahr“.

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