Jahreszahlen RWE – CEO Schmitz geht mit Milliardengewinn 18. Mrz 2021 Von Stephan W. Eder

Markt beschleunigt Kohleausstieg

Deutschland dürfte schneller raus aus der Kohle sein als zum offiziell beschlossenen Zieljahr 2038. So eine neue Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität zu Köln. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hatte im Gespräch mit VDI nachrichten Ähnliches schon vor zwei Jahren gesagt. Der Manager präsentierte bei der Vorstellung der RWE-Jahreszahlen für 2020 ein gut bestelltes Haus.

Braunkohletagebau Garzweiler.
Foto: RWE AG

Die EU will den Klimaschutz verstärken und ihr Klimaschutzziel verschärfen: Statt der bisher geplanten Reduktion von 40 % soll ein Minus von 55 % für 2030 (gegenüber dem Basisjahr 1990) erreicht werden. Noch wird verhandelt mit dem EU-Parlament – das will sogar 60 % Verringerung festschreiben. Während der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) diese Woche eine rasche Einigung auf ein verbindliches Klimaziel für 2030 fordert, damit die Unternehmen endlich auf Basis eines klaren, verlässlichen Rahmens Investitionsentscheidungen treffen können, scheint eines schon festzustehen: Der Kohleausstieg kommt durch die EU-Politik schneller als gedacht und festgelegt.

„Das verschärfte Klimaziel der EU könnte marktgetrieben zu einem schnelleren Rückgang der Kohleverstromung führen“, sagt Max Gierkink, Manager am Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln. „Dadurch könnte die Stromerzeugung aus Kohle bereits vor dem geplanten Ausstieg im Jahr 2038 fast vollständig aus dem Markt gedrängt werden.“ So das Ergebnis der Analyse „Auswirkungen einer Verschärfung der europäischen Klimaziele auf den deutschen Strommarkt“ des EWI.

Hoher CO2-Preis wird die Kohle aus dem Markt drängen

Hintergrund: Die EWI-Experten nehmen an, dass die verschärften EU-Klimaschutzziele zu einem deutlichen Anstieg der CO2-Preise im europäischen Emissionshandel (ETS: Emission Trading System) führen. Der würde in Folge zu „einer frühzeitigen, marktgetriebenen Reduktion der deutschen Stromerzeugung aus Kohle führen“.

Während die Steinkohleverstromung bereits bis zum Jahr 2030 weitgehend zum Erliegen kommen könnte, spiele auch die Braunkohleverstromung nach 2030 nur noch eine untergeordnete Rolle im deutschen Strommix, so das EWI. Der Rückgang der Erzeugung aus Kohlekraftwerken führt in Folge zu einem deutlichen Rückgang der Treibhausgasemissionen. „Das sektorale Klimaziel 2030 des deutschen Energiesektors würde mit 156 Mio. t CO2-Äquivalenten deutlich unterschritten“, so das EWI.

RWE-CEO Schmitz: „Der Kohleausstieg geschieht von selbst“

Im Juli 2019, lange bevor im Januar 2020 der deutsche Kohleausstieg im Rahmen der Bund-/Länder-Einigung fixiert war, war das Protagonisten wie dem scheidenden RWE-Chef Rolf Martin Schmitz längst klar: „Wir haben ein Marktsystem, das dazu führt, dass nach dem Auslaufen der Kernenergie jede Kilowattstunde, die mit erneuerbaren Energien produziert wird, automatisch eine Kilowattstunde aus konventioneller Erzeugung verdrängen wird“, so Schmitz damals im Gespräch mit den VDI nachrichten. Statt Ausstiegsdaten zu fixieren, solle man besser Netze und die erneuerbaren Energien ausbauen. „Der Kohleausstieg ist das zwangsläufige Resultat. Der geschieht dann von selbst.“

Schmitz, der Anfang der Woche in Essen die Jahreszahlen seines Unternehmens für 2020 vorlegte, hatte sich bereits 2017 vom Kohlekonzern innerlich verabschiedet, wie auf der Pressekonferenz deutlich wurde. Die Erkenntnis, dass man in Zukunft als Stromerzeuger auf die erneuerbare Energiequellen setzen müsse, das sei wohl die wichtigste Entscheidung seiner Amtszeit gewesen, so Schmitz auf Nachfrage. Und diese Entscheidung hatten er und sein Nachfolger auf dem CEO-Posten, der jetzige Finanzvorstand Markus Krebber, bereits 2017 getroffen.

RWE-Chef Schmitz geht mit glänzenden Zahlen

RWE weist für 2020 ein bereinigtes Nettoergebnis von 1,2 Mrd. € aus; als Außenumsatz vermeldete der Konzern 13,9 Mrd. € – fast 620 Mio. € mehr als im Vorjahr. Schmitz, der Ende April abtritt, war bester Laune, sprach von einem „hervorragend“ verlaufenen Geschäftsjahr – trotz Corona-Krise. Man habe die eigene Prognose „deutlich übertroffen“.

Für 2021 hat die Schlechtwetter-Kälteperiode im Februar in den USA dem international expandierenden Konzern schon zu Jahresbeginn einen Strich durch die Rechnung gemacht. Weil wegen heftigen Frosts in Texas in den dortigen RWE-Windparks die Mühlen stillstanden, musste RWE, um seinen Lieferverpflichtungen nachzukommen, Strom anderweitig teuer zukaufen. „Hinzu kamen zugefrorene Erdgasleitungen, der Ausfall eines Kernkraftwerks sowie diverser Kohlekraftwerke“, so Krebber. Daher rechnen die Essener für 2021 mit einem bereinigten Nettoergebnis zwischen 750 Mio. € und 1,1 Mrd. €. Allein das Windkraftchaos in den USA dürfte RWE zufolge dem Konzern Einbußen von um die 400 Mio. € bringen.

Noch dominieren Kohle und Kernkraft die RWE-Bilanzen

„Wir stehen dafür, dass wir Strom aus allem, was Sie sich vorstellen können, produzieren“, sagte Schmitz schon 2019. Mit dem Kohleausstieg kam unter Schmitz der Imagewechsel bei RWE. Ein „grünes“ Investment folgte auf das nächste. Konkret hat der Konzern 2020 rund 2,3 Mrd. € in Sachanlagen investiert – davon 1,9 Mrd. € in den Bau neuer Windkraft- und Solaranlagen sowie Batteriespeicher.

Rolf Martin Schmitz, Vorstandsvorsitzender der RWE AG.
Foto: RWE AG

Und das soll so weitergehen: Zwischen 2020 und 2022 will RWE mehr als 5 Mrd. € netto in sein Erneuerbaren-Portfolio stecken. „RWE hat sich in nur drei Jahren ein ganzes Stück neu erfunden“, so Schmitz.

RWE: Aussteiger als Gewinner

Kohleausstieg heißt bei RWE vor allem Braunkohleausstieg. 2020 habe man, so RWE, die letzten Steinkohleanlagen in Deutschland und in Großbritannien stillgelegt. In Holland wird auf Biomasse umgeschwenkt. Und bis der Ausstieg aus der Kernkraft durch ist, wird die konventionelle Stromerzeugung für RWE 2021 und 2022 weiterhin „gutes Geld“ bringen – Finanzchef Krebber rechnet im kommenden Jahr mit einem operativen Gewinn aus diesem Bereich von zwischen 800 Mio. € und 900 Mio. €. Ab 2023 werde das ganz anders aussehen. Dann sind die Kernkraftwerke vom Netz und weitere Braunkohlenblöcke ebenfalls.

Zumindest können sich die RWE-Aktionäre freuen, dass Schmitz in seiner Amtszeit alle Register gezogen hat, um Kompensation für den Ausstieg zu erhalten. 2,6 Mrd. € gab es für den Braunkohleausstieg, 216 Mio. € für zwei Steinkohleanlagen und 880 Mio. € für den Ausstiegsschwenk im Zuge des Fukushima-Desasters.

Mehr flexible Gaskraftwerke wegen Kohleausstieg nötig

Für „kalte Dunkelflauten“ brauche Deutschland langfristig bis 2050 zusätzlich 5 GW bis 10 GW an flexibler Kraftwerksleistung in Form von Gas- und Ölkraftwerken, so das Energiemarkt-Analyseunternehmen Aurora Energy Research. Eine Folge des Kohleausstiegs, weil die Stromversorgung in Zeiten extremer Wetterlagen mit hoher Nachfrage und niedriger Erzeugung auch ohne diese Anlagen sichergestellt sein muss.

„Diese Anlagen kommen nur dann zum Einsatz, wenn der Bedarf sehr hoch und gleichzeitig die Stromerzeugung etwa von Solar- oder Windkraftwerken niedrig ist“, sagt Kornelia Stycz, Energieexpertin von Aurora und Autorin der Studie. „Solche ‚kalten Dunkelflauten‘ sind allerdings so selten, dass die Back-up-Kraftwerke nur wenige Stunden im Jahr in Betrieb sind. Deshalb braucht es ein entsprechendes Marktdesign und verlässliche Rahmenbedingungen, um wirtschaftliche Anreize für die Betreiber zu schaffen, die Kapazitäten vorzuhalten.“

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