Rekordwirkungsgrad für beidseitig kontaktierte Solarzelle
Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg hat einen neuen Wirkungsgrad-Weltrekord aufgestellt. Die Arbeitgruppe um Armin Richter optimierte das Design beidseitig kontaktierter Siliziumsolarzellen und konnte den Wirkungsgrad für die Wandlung der Sonnenenergie in Strom auf 26 % treiben. Das physikalische Limit liege bei 29,4 %, so das ISE. Schlüssel zum Erfolg war die Ausbildung der Rückseite als vollflächiger ladungsträgersammelnder Passivierungskontakt.

Foto: Fraunhofer ISE
In schöner Regelmäßigkeit ist das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) Lieferant von Rekordmeldung beim Wirkungsgrad von Solarzellen. Dabei ist Solarzelle nicht gleich Solarzelle: Die Freiburger untersuchen traditionell als Institut (mit auch stark akademischer Ausrichtung) grundlegend ganz verschiedene Aufbauten: Zellen mit Konzentratoren, Mehrfachschichtaufbau oder auf Perowskitbasis zum Beispiel, wie auch Kombinationen aus allen Technologien. Die Rekordmeldung von heute aber geht um Zellen, wie sie im Prinzip standardmäßig industriell gefertigt werden: beidseitig kontaktierte Solarzellen auf Siliziumbasis.
Dem Team um Armin Richter gelang es demnach einen Wirkungsgrad von 26 % zu erzielen. Das ist viel, wenn das physikalische Limit bei 29, 4% für den Halbleiter Silizium liegt, wie das ISE betont, wenn jeder zehntel Prozentpunkt zählt. Die bisherigen Rekordwirkungsgrade um 26 % für Siliziumzellen haben ein anderes Design: IBC, auf Englisch: „interdigitated back contact“, nennt sich das, auf Deutsch: Solarzellen mit beiden Metallkontakten auf der Rückseite. Jetzt liegt der Rekord also auch beim Industriestandard, den beidseitig kontaktierten Solarzellen, bei 26 %. Und es ist mehr drin, wie das ISE mitteilt.
Neuer Ansatz macht höhere Wirkungsgrade für Solarzellen möglich
Die Solarzellenforscherinnen und -forscher am Fraunhofer ISE nutzten für die Rekordzelle die am Institut entwickelte Topcon-Technologie (Tunnel Oxide Passivating Contact). Sie kombiniere, so das ISE, sehr niedrige Oberflächenrekombinationsverluste mit effizientem Ladungsträgertransport (s. Kasten). Industrielle Standardzellen arbeiten mit einem pn-Übergang auf der Zellvorderseite. Bei der Rekordzelle wird dieser auf der Rückseite ausgebildet in Form eines vollflächigen Topcon-Kontakts. „Die vollflächige Bor-Dotierung auf der Vorderseite wurde dadurch nicht mehr benötigt, sondern ausschließlich eine lokale Bor-Diffusion direkt unter den Vorderseitenkontakten ausgeführt“, so die Mitteilung des ISE.
„Aus einer systematischen Simulationsstudie konnten wir einige grundlegende Designregeln für zukünftige Silizium-Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von mehr als 26 % ableiten“, erklärt Stefan Glunz, Bereichsleiter der ISE-Photovoltaikforschung. Glunz zufolge ist also bei 26 % noch nicht Schluss, beidseitig kontaktierte Solarzellen hätten das Potenzial für Wirkungsgrade bis zu 27 %: „Sie sind damit auch geeignet, den bisherigen Weltrekord für Siliziumsolarzellen zu übertreffen.“
Kurzer Weg vom Labor in die Praxis
Im akademischen Umfeld entwickelte Strukturen, die Rekordwirkungsgrade hervorbringen, in die marktfähige, massentaugliche industrielle Fertigung zu überführen, ist mitunter schwierig. Speziell in der jetzt vorgestellten Rekordstruktur aber sieht das ISE nach eigenen Angaben gute Chancen, dass man relativ schnell in der Praxis landet: „Ein großer Vorteil dieser am Fraunhofer ISE entwickelten Zellstruktur ist, dass der folgende Produktionsschritt, die Verschaltung der Solarzellen zu -modulen, auf bereits bestehende Technologien aufbauen kann und damit viele Standardtechnologien verwendet werden können“, heißt es in einer Mitteilung.