Energiewende 27. Jan 2020 Von André Weikard

Studie: Windkraft stört nur kleine Minderheit

Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu stärken, sieht die Bundesregierung fixe Mindestabstände für Windkraftanlagen vor. Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu ganz anderen Ergebnissen. Nur jeder Fünfte fühlt sich von den Windrädern gestört. Nur auf 4 % trifft das laut eigener Auskunft „voll und ganz“ zu.


Foto: PantherMedia/Sebastian Heinrich

Die Energiewende in Deutschland stockt. In den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres nahmen lediglich 514 MW Windenergieanlagen an Land den Betrieb auf – im Vergleich zu knapp 5500 MW im Jahr 2017. Dabei sehen die ausgeschriebenen Mengen einen jährlichen Zubau von 2800 MW vor. Nachdem bis vor Kurzem der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung sogar schneller als die politische Zielsetzung gestiegen war, gerät das neue Ausbauziel von 65 % bis 2030 nun in Gefahr, so die IW-Studienautoren Andreas Fischer und Roland Kube.

Mehr Klagen, weniger Baugenehmigungen

Hauptursache für den stockenden Ausbau sind fehlende Genehmigungen für die Errichtung neuer Windenergieanlagen. Im Vergleich zu den Jahren 2014 bis 2016 ist die durchschnittliche Anzahl der Genehmigungen in den vergangenen drei Jahren um ca. 75 % gesunken. In den vergangenen Jahren sind die Genehmigungs- sowie die Realisierungsdauer deutlich gestiegen. Dies liegt besonders an der steigenden Anzahl gerichtlicher Klagen, die inzwischen fast zwei Fünftel der genehmigten Anlagenleistung betreffen. Fast ein Drittel der Klagen trifft bereits im Betrieb befindliche Anlagen (302 MW), die für die Dauer des Rechtsstreits nicht weiterbetrieben werden dürfen.

Große Mehrheit der Bürger für Ausbau der Erneuerbaren

Über 90 % der Bevölkerung erachten den Ausbau der erneuerbaren Energien wie Sonnen- oder Windenergie als wichtig oder sehr wichtig, damit die Energiewende gelingt. So das Ergebnis der neuesten Umweltbewusstseinsstudie von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium, für die im Jahr 2018 gut 2000 Personen ab 14 Jahren repräsentativ dazu befragt wurden.

Eine Auswertung der Umfragedaten durch das IW zeigt zudem, dass sich mit lediglich einem Achtel der Befragten nur eine kleine Minderheit überhaupt von Windrädern in ihrer Umgebung geplagt fühlt. Insgesamt stimmten dem sogar nur 4 % voll und ganz zu. In vier von fünf Fällen stören Windenergieanlagen in ihrer Umgebung nicht wirklich. Jede zweite Befragte fühlt sich sogar von Windrädern überhaupt nicht belästigt. Es zeigen sich auch nur minimale Unterschiede zwischen Befragten in ländlichen und urbanen Regionen. Insgesamt vier Fünftel aller Befragten geht die Energiewende (eher) zu langsam voran – auch unter jenen, die sich von Windrädern gestört fühlen. Weiterhin haben sich nur 5 % der Befragten bereits aktiv gegen den Ausbau von Windenergieanlagen oder Überland-Stromleitungen engagiert.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Bevölkerung sich mehrheitlich nicht von Windkraft an Land gestört fühlt. Die Umsetzungsprobleme und öffentliche Wahrnehmung eines Akzeptanzproblems werden demzufolge von einer kleinen Minderheit in der Bevölkerung erwirkt.

Abstandsregelung als Lösung fraglich

Bei der geplanten Abstandsregelung stellt sich die große Frage, inwiefern diese zu mehr Akzeptanz führen soll, wo sie doch gar nicht die maßgeblichen Hinderungsgründe adressiert. Denn der Hauptklagegrund gegen Windenergieanlagen besteht in sieben von zehn Fällen im Artenschutz, vor allem für Vögel oder Fledermäuse. Eher offenbart sich ein Konflikt zwischen Klima- und Naturschutz. Drei Fünftel der Klagen werden von Naturschutzverbänden geführt. Medial oft genannte Bürgerinitiativen führten hingegen lediglich 14 % der Klagen. Zudem können empirische Untersuchungen für Deutschland keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Akzeptanz und Distanz zur Windanlage nachweisen.

Alternative Lösungsansätze

Der nun diskutierte Lösungsansatz sieht einen Mindestabstand von 1000 m vor. Dieser würde nicht nur das verbleibende Windkraftpotenzial in Deutschland in etwa halbieren, sondern auch die Erneuerung von Bestandsanlagen (Repowering) stark einschränken. Solche pauschalen Abstandsregelungen adressieren nicht das eigentliche Problem. Fallspezifische Mindestabstände ergeben sich ohnehin durch bestehende Regularien, etwa die Regionalplanung oder das Bundesimmissionsschutzgesetz, worin Lärmschutz und optische Bedrängung berücksichtigt werden. So sieht die aktuelle Rechtsprechung bereits Abstände von 500 m oder mehr für Neuanlagen vor. Studien zeigen, dass sich die Beteiligung der Gemeinden an den Einnahmen positiv auf die Einstellung der Menschen vor Ort auswirkt. Eine weitere Frage ist, ob sich eine frühzeitige Bürgereinbindung standardisierten ließe – was sich immerhin ein Großteil der Befragten wünscht. Letztlich ist auch eine stärkere Rechtssicherheit für genehmigte Anlagen wünschenswert, um weitere Unsicherheiten und Investitionsstau zu vermeiden.

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