Energie 05. Mai 2022 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 4 Minuten

Wasserstoff, der Krisengewinner

Das Umschalten beim Erdgas weg von Russland treibt Investitionen in den Umstieg von Gas auf Wasserstoff an. Die sind auch nötig, um den Wechsel in großem Rahmen zu ermöglichen.

Das Umschalten beim Erdgas weg von Russland treibt Investitionen an. Die sind auch nötig, um den Umstieg von Gas auf Wasserstoff in großem Rahmen zu ermöglichen.
Foto: PantherMedia / jroballo

Die Notwendigkeit für die Dekarbonisierung der Industrie hat Wasserstoff doch recht schnell in den letzten zwei Jahren als einen der Gewinner der Energiewende etabliert. Der Zwang zur Umstellung der Beschaffungskanäle für fossile Rohstoffe – weg von Russland, hin zu anderen Quellen – gibt der auch international gerade erst entstehenden Branche weitere Impulse. Gut zu sehen am heutigen Besuch des Bundeswirtschafts- und -klimaministers Robert Habeck im niedersächsischen Wilhelmshaven. Dort soll eines der geplanten deutschen LNG-Anlandungsterminals entstehen, um recht kurzfristig diese Gas form auch in Deutschland anlanden zu können. Mit Blick auf die Zukunft muss die ganze Infrastruktur wasserstofffähig ausgelegt werden.

Wasserstoff: Hansestädte geben Gas

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz unterzeichneten in Wilhelmshaven eine Absichtserklärung zum Ausbau der LNG- und Green-Gas-Importinfrastruktur in dem Bundesland. Zugleich unterzeichnete Habeck Verträge für das Chartern von vier schwimmenden LNG-Terminals – sogenannten Floating Storage and Regasification Units (FSRU). Hiermit will das BMWK nach eigenen Angaben versuchen, „bei Gas die Unabhängigkeit von russischen Importen weiter voranzutreiben“. Allein der FSRU-Anleger in Wilhelmshaven soll Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann zufolge mit 45 Mio. € zu Buche schlagen, ein stationäres Terminal in Wilhelmshaven oder Stade würde auf rund 200 Mio. € kommen.

Die Pressekonferenz der Minister Habeck und Althusmann (ca. 36 min) können Sie hier ansehen:

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Bei Höegh LNG, nach RWE-Angaben Betreiber der weltgrößten FSRU-Flotte, hat im Namen der Bundesregierung der Essener Energiekonzern zwei FSRU-Anleger gechartert. Jedes der 300-m-Schiffe könnte jährlich zwischen 10 Mrd. m3 und 14 Mrd. m3 Erdgas für den deutschen Gasmarkt verfügbar machten.

Industrie setzt auf Wasserstoff

„Wasserstoff als Energieträger der Zukunft wird der zweite Schritt sein, der dem ersten folgt, nämlich die LNG-Infrastruktur in Niedersachsen entsprechend voranzubringen“, so Althusmann. Die beteiligte Industrie, wie der Kasseler Energiekonzern Wintershall Dea, bekennt sich dazu, intensiv in Wasserstoff zu investieren. Das Unternehmen will in Wilhelmshaven anlandendes Erdgas aus Norwegen in sogenannten blauen Wasserstoff umwandeln. Stündlich 200 000 m3 sollen im Rahmen eines Projekts namens „BlueHyNow“ hergestellt werden. Das seien 5,6 TWh pro Jahr. „Laut aktuellen Prognosen steigt der Wasserstoffbedarf von heute 55 TWh pro Jahr bereits bis 2030 auf 90  TWh bis 110 TWh jährlich“, so Wintershall Dea. Mit Partnern zusammen will die hessische BASF-Tochter mehr als 1 Mrd. € investieren.

Eon macht Ernst beim Wasserstoff

Aber auch die produzierende Industrie selbst macht klar, wie intensiv sie auf Wasserstoff setzt. Bosch kündigte an, bis 2030 rund 500 Mio. € in die Entwicklung von besseren Elektrolyseuren für die Herstellung von Wasserstoff investieren zu wollen. Bosch entwickelt mit dem Stack das Kernelement von Elektrolyseuren. „Wir wollen den raschen Aufbau einer Produktion von Wasserstoff in Europa mit Bosch-Technik unterstützen“, Bosch-Chef Stefan Hartung an. Dafür will der Stuttgarter Konzern sein Brennstoffzellen-Know-how aus dem Bereich Mobility nutzen, dort soll auch die neue Einheit angesiedelt sein. Bosch arbeitet intensiv an den Möglichkeiten automatisierter Stackfertigung.

Wasserstoffzug von Deutscher Bahn und Siemens vorgestellt

Siemens Mobility und die Deutsche Bahn haben in einem Gemeinschaftsprojekt „H2goesRail“ ein völlig neues Wasserstoff-Gesamtsystem für die Schiene entwickelt. Beide präsentierten am Siemens-Fertigungsstandort in Krefeld Elemente des Gesamtsystems: den neu entwickelten Mireo Plus H, der nächsten Generation eines Wasserstoffzugs, und einen neu konzipierten, mobilen Wasserstoff-Speichertrailer. Das Fahrzeug und die passende Infrastruktur sollen Dieseltriebzüge im Regionalverkehr ersetzen und die CO2-Emissionen auf der Schiene auf null reduzieren.

Premierenfahrt eines Batterietriebzuges

„Wasserstoffzüge sind für die Deutsche Bahn ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität“, sagte Daniela Gerd tom Markotten, Vorständin Digitalisierung & Technik bei der Deutschen Bahn. Der Mireo Plus H für das H2goesRail-Projekt hat als Zweiteiler eine Reichweite von bis zu 800 km und ist so leistungsfähig wie elektrische Triebzüge. Die dreiteilige Variante des Zuges habe eine Reichweite von bis zu 1000 km, so die Projektpartner. Der Wasserstoff werde in Tübingen von DB Energie mithilfe von Ökostrom, der direkt aus der Oberleitung kommt, produziert. „Um den Zug warten zu können, wird das DB-Werk in Ulm entsprechend ausgerüstet“, heißt es in der Mitteilung. Der Mireo Plus H wird 2023 Testfahrten in Baden-Württemberg aufnehmen. Ab 2024 ist er für das Projekt H2goesRail im regulären Passagierbetrieb zwischen Tübingen, Horb und Pforzheim im Einsatz und ersetzt einen dort fahrenden Dieseltriebwagen.

Offshore-Infrastruktur muss Wasserstoff mitdenken

Wie wichtig klare Ansagen der Politik für eine entsprechende Wasserstoffinfrastruktur sind, machte am heutigen Donnerstag eine Demonstration von rund 200 Schiffbauern, ehemaligen Mitarbeitern der insolventen MV-Werft in Stralsund, deutlich. Der IG-Metall-Bevollmächtigte Guido Fröschke forderte von Habeck ein Offshore-Förderprogramm aufzulegen, berichtete die Deutsche Presseagentur (dpa). Ziel müsse es sein, dass in den Werften an der Küste die nötigen Geräte für den Windkraftausbau auf See gebaut werden könnten: Windmühlen, Fundamente, Konverter-Plattformen sowie Errichter- und Versorgungsschiffe. Der geplante massive Offshore-Windkraftausbau an deutschen Küsten aber soll intensiv verzahnt werden mit der Wasserstoffinfrastruktur – auch offshore. Das wäre eine weitere Möglichkeit für Fachkräfte, die für diesen Ausbau in den kommenden Jahren sicherlich gesucht werden.

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