„Weiter runter kann es nicht mehr gehen“
Service- und Wartungsarbeiten für Windturbinen sind kein spektakuläres, aber vom Risikofaktor her ein solides, im Grunde genommen sogar krisensicheres Geschäft. Der Markt wächst stetig. Doch der Preiskampf droht an der Qualität zu nagen und es gibt Anzeichen, dass den Dienstleistern die Fachkräfte ausgehen.

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Matthias Brandt wirkt zufrieden. Kein Wunder, die Geschäfte vom Chef der Deutschen Windtechnik AG aus Bremen laufen gut: „Die Zahl der Windturbinen, für die wir die Service- und Wartungsarbeiten übernommen haben, steigt ständig.“ Mittlerweile betreuen die Hanseaten von der Weser mehr als 1500 Propeller.
Service und Wartungsarbeiten für Windturbinen anzubieten ist unspektakulär, ein vom Risikofaktor her solides, und weitgehend krisensicheres Geschäft: Damit die – in der Regel – dreiflügeligen Ökokraftwerke verlässlich 20 Jahre lang grüne Kilowattstunden produzieren, müssen sie regelmäßig gewartet und gepflegt werden. Gegebenenfalls sind dabei auch einige Bauteile zu reparieren oder auszutauschen. Das ist in etwa vergleichbar mit den TÜV-Untersuchungen und Werkstattbesuchen bei Autos.
Mit der bundesweit wachsenden Zahl der Windturbinen gab es Ende 2013 nach offiziellen Statistiken immerhin 22 907 Windkraftanlagen. Es wächst der Kuchen, um den sich die etablierten Windturbinenhersteller wie Enercon, Nordex, Siemens & Co. sowie unabhängige Servicedienstleister (auch Independent Service Provider genannt) wie die Deutsche Windtechnik kabbeln. „Wir leben einen interessanten, aber fairen Wettbewerb“, konstatiert Brandt.
Dass es im Servicegeschäft einen spürbaren Wettbewerb gibt, dafür hat Wolfgang Krenz eine leicht nachvollziehbare Erklärung: „Während die Margen im Geschäft mit neuen Windturbinen seit Jahren sinken, sind beim Service durchaus Ebit-Margen zwischen 12 % und 15 % möglich, vor allem wenn man wie die Windturbinenhersteller einen problemloseren Zugang zu wichtigen
Ersatzteilen hat.“
Krenz ist Partner bei Oliver Wyman, der ersten Unternehmensberatung, die vor gut vier Jahren das Servicegeschäft für Windturbinen näher untersucht hat. Damals taxierte die Studie das globale Servicevolumen bereits auf 5 Mrd. € und prognostizierte ein dynamisches Wachstum.
Was zutraf. Die jährlichen Wachstumsraten haben seitdem deutlich über 10 % gelegen, eine Folge des auch international weiter voranschreitenden Windkraftausbaus.
An den Margen hat sich seitdem nichts verändert, weiß Krenz. Eine andere Zahl müsse er aber mittlerweile korrigieren: „Wir hatten erwartet, dass der damals 90 %ige Marktanteil der Windturbinenhersteller beim Service- und Wartungsgeschäft bis Ende dieser Dekade auf 65 % bis 70 % abschmilzt. Die Hersteller sind aufgewacht und nehmen das After-Sales-Geschäft wieder viel ernster.“
Die Konsequenz ist nicht nur ein Ringen um jede Mühle, sondern auch ein Preiskampf: „Ich habe allerdings das Gefühl, dass wir die Talsohle erreicht haben“, sagt Brandt.
Die Einschätzung teilt Ulrich Schomakers, Chef des Servicedienstleisters Availon in Rheine: „Weiter runter kann es nicht mehr gehen. Wir leisten Qualitätsarbeit, die ihren Preis hat.“ Seine Ansage ist in dieser Sache eindeutig: „Wir werden auch künftig keinen Vertrag abschließen, mit dem wir Verlust einfahren.“
Im Gegensatz zur Deutschen Windtechnik ist Availon, was sich von „Availability“, also Verfügbarkeit, ableitet, internationaler aufgestellt. Anfang Februar vermeldeten die Münsterländer, dass auch sie mehr als 2000 MW an Windkraftleistung warten und betreuen.
Neben den bislang gesunkenen Preisen sieht der Availon-Chef einen anhaltenden Trend, und zwar den zu Vollwartungsverträgen, sprich Rundum-sorglos-Paketen: „Diese Entwicklung ist eindeutig von Banken und Versicherungen getrieben, die am liebsten alles in einer Hand wissen – und zwar langfristig.“
Auf diese Entwicklung haben sich die Münsterländer bereits vor Jahren eingestellt. „Dass wir heute fast 40 % der über 2000 MW in Vollwartung betreuen, sehen wir als Bestätigung, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben“, so Schomakers.
Den Weg zu Vollwartungsverträgen schlagen aber nicht alle Windparkbetreiber ein, weiß Ian-Paul Grimble. „Wir nehmen durchaus so etwas wie ein Leistungs-Picking wahr.“
Grimble ist Geschäftsführer der psm Nature Power Service & Management GmbH & Co. KG, kurz psm, aus dem rheinischen Erkelenz bei Aachen. Das Unternehmen ist bislang nach eigenen Angaben für gut 600 Windturbinen mit Serviceaufgaben und der Betriebsführung beauftragt worden.
Insbesondere Stadtwerke suchten sich nach Grimbles Erfahrungen gezielt einzelne Dienstleistungen heraus, um mit ihren Windparks wirtschaftlichere Ergebnisse zu erzielen. „Darauf haben wir uns eingestellt und können gut damit umgehen“, so Grimble.
Auch künftig will psm nicht von seiner angestammten Philosophie abrücken: „Wir werden uns bei der Wartung weiterhin auf wenige Hersteller und ihre Maschinen konzentrieren“, sagt Grimble. Unabhängige Anbieter könnten nicht die komplette Modellbreite abdecken: „Das geht zulasten der Qualität.“
Um auch künftig Qualitätsservice anbieten zu können, muss Availon-Geschäftsführer Schomakers ein ganz anderes Problem lösen: „Uns gehen die Fachkräfte aus.“ Da Availon auf dem deutschen Markt vor Wochen nicht fündig geworden ist, heuerte das Unternehmen jüngst erstmals zwei Mitarbeiter aus Spanien an.
In Bremen hat die Deutsche Windtechnik ihren Mitarbeiterstamm mit der Übernahme der Windstrom Service SH aus Viöl bei Husum im Jahr 2013 bereits erweitern können. „Gute Mitarbeiter können wir immer gebrauchen“, betont Geschäftsführer Matthias Brandt.
Ihm ist eine Klarstellung wichtig: „Ziele von zweistelligen Ebit-Margen, wie sie einst die Deutsche Bank postuliert hat, verdienen wir nicht. Wir kommen auf eine einstellige Umsatzrendite, von der wir gut leben können.“