Fraunhofer-Gesellschaft zeichnet praxisorientierte Forschungsarbeiten aus
Herausragende Projekte ihrer Forscherinnen und Forscher prämierte die Fraunhofer-Gesellschaft auf ihrer Jahrestagung in Berlin. Sie reichen von der Kommunikationstechnik über die Produktion spezieller Gläser bis hin zu wichtigen Komponenten für die Mobilitätswende. Auf eine Präsenzveranstaltung wurde verzichtet.

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Herausragende wissenschaftliche Leistungen von der Kommunikations- über die Energietechnik bis hin zum Brandschutz wurden in diesem Jahr mit einem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet. Sie sind mit jeweils 50 000 € dotiert und gehen an Forscher, die anwendungsnahe Probleme lösen. Darüber hinaus ging der Preis des Stifterverbands „Forschung im Verbund“ an eine Lasertechnik zur Bearbeitung großer Bauteile.
Sichere Satellitennavigation
Damit sich Behörden wie Polizei und Feuerwehr auch künftig auf Informationen von Navigationssystemen verlassen können, müssen die Daten der dafür eingesetzten Satelliten sicher übertragen werden. Bisher können Störsender die Übertragung verhindern oder sogenannte Spoofer dem Empfänger falsche Ortsangaben vorgaukeln. Ein Forscherteam am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Nürnberg will das nun verhindern: mit robusten, vertrauenswürdigen und täuschungssicheren Empfängertechnologien auf Basis von europäischen Galileo-Navigationssignalen. Dafür leistete das mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnete Team laut Jury unter anderem Pionierarbeit bei serverbasierten Kryptoempfängern und -systemen.
Brandschutzglas mit Hydrogel
Gleich mehrere positive Effekte bringt ein Brandschutzglas auf Hydrogelbasis mit sich, das am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Oberhausen zusammen mit dem Familienunternehmen Hörmann entwickelt wurde. Es widersteht laut den Forschern nicht nur extremer Hitze, sondern kommt auch ohne giftiges Acrylamid aus. Gleichzeitig entstehen in der Produktion etwa 85 % weniger Prozessabfälle, hieß es bei der Vergabe des Joseph-von-Fraunhofer-Preises. Die Funktionsweise ist einfach: Zwischen zwei Glasscheiben befindet sich ein transparentes wasser- und elektrolytreiches Gel. Tritt auf einer Seite durch Flammen hohe Hitze auf, zerspringt die erste Scheibe. Dabei verdampft das Wasser aus dem Gel und kühlt die noch intakte zweite Verglasung. Zudem bildet sich eine hitzedämmende Salzschicht.
Sichere Kommunikation
Wie ihre Technik genau funktioniert, das geben die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) aus Dresden nicht preis. Aus gutem Grund: Denn sie soll Polizei und Sicherheitsbehörden eine sichere Kommunikation ermöglichen und klassische Funk- und Telefonlösungen ersetzen. In Sachsen gestartet, wurde die Lösung sukzessive in mehreren Bundesländern eingeführt und als bundesweiter Standard etabliert, heißt es dazu anlässlich der Verleihung des Joseph-von-Fraunhofer-Preises 2020. Dabei führte die enge Zusammenarbeit zwischen den Einsatzkräften und den Forschern in der Entwicklungsphase zu einer hohen Akzeptanz der neuen Kommunikationstechnologie. Die Jury überzeugte besonders die gesellschaftliche Relevanz der Arbeit.
Wandler für die Energiewende
Brennstoffzellenanwendungen im Automobilbau könnte die Entwicklung von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB) einen Schub verleihen. Sie erhielten den Joseph-von-Fraunhofer-Preis für einen kompakten Gleichspannungswandler mit einem Wirkungsgrad von bis zu 99 %. Solche Wandler passen die Spannung der Brennstoffzelle an den Antrieb an und steuern den Energiefluss. Statt eines Bauraums von etwa 10 l Volumen benötigen sie dafür nur etwa die Hälfte. Eine Miniaturisierung solcher Geräte bei gleichzeitiger Erhöhung des Wirkungsgrads galt in Fachkreisen zuvor als unmöglich. Was die Verbesserung des Wirkungsgrads um 1 % bedeutet, wird an einer Beispielrechnung der Forscher deutlich. Durch den Wandler fließt eine Leistung von 200 000 W. Bei einem Verlust von 1 % bedeutet das: Es geht eine Leistung von 2 kW in Form von Wärme verloren – was einem Wasserkocher mittlerer Größe entspricht.
Laservielfalt für die Produktion
Statt eines einzelnen Strahls setzt ein Forscherteam unter Beteiligung des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik (ILT) aus Aachen bei der Laserstrukturierung von Oberflächen erstmals seine Vielzahl von Laserstrahlen gleichzeitig zur Materialbearbeitung ein. Das beschleunigt nicht nur den Prozess, sondern schafft auch neue Einsatzmöglichkeiten. Für diese Entwicklung erhalten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Wissenschaftspreis des Stifterverbands „Forschung im Verbund“. Erstmals lassen sich damit laut Fraunhofer-Gesellschaft auch große Bauteile unter wirtschaftlichen Randbedingungen bearbeiten. Die Forscher selbst sprechen von einem „Paradigmenwechsel in der Fertigung“. Bisher kommt nämlich immer nur ein Werkzeug zum Einsatz. Denn um den Laserstrahl aufzuteilen, ist eine komplizierte Strahlführung nötig, die nicht dazu führen darf, dass der Laserstrahl Energie einbüßt. Auch die Strahlqualität muss optimal bleiben. Den Forschern gelang das nun. Sie entwickelten einen entsprechenden Laser sowie die notwendigen Optiken und passten die Technologie prozessseitig an. Simulationen halfen ihnen dabei, die komplexen Prozesse besser zu verstehen.