Quantentechnologie: Potenzial für Datenverarbeitung und Kommunikation
Gigantische Rechenleistungen, abhörsichere Kommunikation, eine Vielzahl neuer Anwendungen und dadurch großes Potenzial für Wirtschaft und Wissenschaft: Das sind die Ausblicke der Quantentechnologie.

Foto: Stefan Pielow / Münchner Kreis
„Quantentechnologie ist keine Kuriosität, die in den Köpfen von IT-Visionären herum-geistert. Sie ist Realität und birgt enormes wirtschaftliches Potenzial. Da sie uns alle betreffen wird, ist es wichtig, alle Akteure frühzeitig in die Diskussion einzubeziehen und gesetzliche und ethische Aspekte nicht außen vor zu lassen“, erklärte Helmut Krcmar, Professor an der TU München und Vorstandsmitglied des Münchner Kreises.
Auf Einladung dieser gemeinnützigen, internationalen Vereinigung an der Nahtstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft diskutierten kürzlich 170 internationale Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft auf der Fachkonferenz „Quantum Technology – Impact on Computing and Communication”, welche konkreten Ansätze zur Entwicklung von Quanten-Computing und Quantenkommunikation Unternehmen und Forschungseinrichtungen verfolgen.
Quantentechnologie für den Markt
Quantentechnologie ist die Basis für die Entwicklung von Quantencomputern, Quan-tensensoren, Quantenkryptografie und Quantenkommunikationssystemen. Diese haben das Potenzial, viele bestehende Industrien zu beeinflussen. Quantencomputer versprechen beispielsweise neue Möglichkeiten zum Lösen von rechenintensiven oder bisher nicht effizient lösbaren Problemen. Trotz unterschiedlicher Denkansätze waren sich die Teilnehmer einig, dass die Quantentechnologie und deren Einfluss auf IT und Kommunikation weiter erforscht und entwickelt werden müssen – unter der Prämisse des maximalen volkswirtschaftlichen Nutzens.
Während die Europäer in der Grundlagenforschung führen, sind unter anderem die USA und China bei der Realisierung von Produkten mittels Quantentechnologie einen großen Schritt voraus. So berichtete Chengzhi Peng von der University of Science and Technology of China Hefei Shi, wie systematisch China an die Sache herangeht, indem es mit großen Investitionsschritten die abhörsichere Satelliten-Quantenkommunikation vorantreibt. Dabei könnten die chinesischen Errungenschaften der Anfang eines sicheren globalen Quanten-Kommunikationsnetzwerkes sein. „Das zukünftige Quanten-Internet wird das Label ‘Made in China‘ tragen“, bestätigte Jonathan Dowling von der Louisiana State University – einer der US-Pioniere in der Quantenforschung.
Wettbewerb treibt Entwicklung voran
Auch die Europäische Kommission hat die Zeichen der Zeit erkannt und fördert die Erforschung von Quantentechnologien mit 1 Mrd. €. Tommaso Calarco, Direktor des Instituts für komplexe Quantensysteme an der Universität Ulm und Mitglied der EU-Expertengruppe für Quantentechnologie, stellte fest: „Das Ziel muss eine gemeinsame Mission basierend auf einer gemeinsamen Vision sein. Politik und Unternehmen müssen an einem Strang ziehen und Kräfte bündeln.“
Dass es noch einige Zeit dauert, bis dieses Ziel erreicht wird, zeigt der Blick auf den Status quo: Big Player wie IBM, Fujitsu, Google und Intel haben das Potenzial längst erkannt und treiben Forschung und Entwicklung in diesem Bereich voran. Einige Unternehmen wie Fujitsu oder D-Wave Systems bieten bereits erste Lösungen für kombinatorische Probleme an, basierend auf der Simulation eines Quantencomputers.
Jedoch ist die Entwicklung eines universellen Quantencomputers noch einige Jahre entfernt. Die Prognosen der Experten gehen hierbei weit auseinander. Tatsächlich würde ein universeller Quantenrechner einen riesigen Sprung bedeuten: bei der Entwicklung konkreter Anwendungen in den Bereichen Medizin, Chemie, Automotive, künstliche Intelligenz, aber auch für die Kryptografie. Staatliche Investitionen sind – im Vergleich zu Wirtschaft und Industrie – derzeit noch zögerlicher, möglicherweise mangels Verständnisses für die Technologie.
Parallel zum technologischen Fortschritt sei es unerlässlich, die Implikationen der Quantentechnologie zu durchdenken, Risiken abzuwägen und unter rechtlichen und ethischen Gesichtspunkten zu diskutieren, resümierte Dowling als Vorstandsvorsitzender des Münchner Kreises.