Wackelkandidat Brennstoffzelle

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Es ist eine klare Absage: „Wir werden in diesem Jahr keine Brennstoffzellen-Heizgeräte auf den Markt bringen und die Entwicklungsaktivitäten im Bereich Brennstoffzellen auf Eis legen“, gab Vaillants Geschäftsführer für Vertrieb, Marketing und Service, Andree Groos, auf einer Pressekonferenz während der ISH in Frankfurt bekannt. Damit zieht sich einer der großen Player bei Heizgeräten aus dem bisher als Trend bezeichneten Marktsegment zurück.
Hersteller wie Buderus, Viessmann oder Senertec verkündeten dagegen zwei Messehallen weiter die bekannte Botschaft: „Brennstoffzellen sind eine vielversprechende Zukunftstechnologie.“ Und die Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) ist sich sogar sicher, die Brennstoffzelle sei am Markt angekommen.
Dass die Anschaffungskosten für Brennstoffzellen-Heizgeräte ein Hemmnis darstellen, ist allgemein akzeptiert. „Der Gesamtpreis ist – unabhängig vom Anbieter – hoch, bedingt durch das technische Konzept: Es steckt sehr viel drin, ein Brennwertgerät plus die komplette Brennstoffzelle“, sagt Uwe Glock, CEO von Bosch Thermotechnik. Für Andree Groos sind die Kosten aber sogar „deutlich zu hoch, um auf Stückzahlen zu kommen“. Es fehle an Skaleneffekten, die in absehbarer Zeit zu sinkenden Kosten führen könnten.
Als großer Kostenfaktor gilt das Herzstück der Brennstoffzelle – der sogenannte „Stack“. Bei Niedertemperatur-Brennstoffzellen liegt das vor allem am Platinkatalysator, auch wenn der Bedarf an Edelmetall in den vergangenen Jahren stetig reduziert werden konnte. Hochtemperatur-Brennstoffzellen auf Basis von Festoxid (SOFC)- und Schmelzkarbonat (MCFC) verzichten dagegen auf Platin. Diese werden erst seit den 1990er-Jahren intensiv weiterentwickelt und sind mittlerweile marktreif. Als „jüngere“ Technologie am Markt würden vor allem SOFCs von Skaleneffekten profitieren. Für den Stack der Dresdner Sunfire GmbH etwa sind die Kosten seit 2010 um zwei Drittel gesunken.
Hier sieht der VDMA Potenzial. Mit dem jüngsten Förderinstrument des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie würden die derzeit hohen Anschaffungskosten der Geräte teilweise abgefangen. Eben jene Skaleneffekte würden so in Gang gebracht und könnten für eine nachhaltige Kostensenkung sorgen.
Das KfW-Programm 433 unterstützt seit Ende 2016 die Anschaffung von Brennstoffzellen-Heizgeräten mit einem Fixbetrag von 5700 € sowie weiteren 450 € je angefangenen 100 W elektrischer Leistung. Kostet ein Komplettsystem für Einfamilienhäuser heute zwischen 30 000 € und 35 000 €, verspricht sich der VDMA durch höhere Verkaufszahlen eine Kostenhalbierung bis 2023 und sieht dann insgesamt 140 000 Brennstoffzellen-Heizgeräte in Deutschland in Betrieb.
Nur ca. 1000 Geräte sind aktuell installiert. Im Vergleich dazu betrug der Absatz an Heizungswärmepumpen allein im vergangenen Jahr rund 66 500 Stück. „Das Brennstoffzellen-Heizgerät bewegt sich nicht in großen Stückzahlen, wir erwarten hier auch keine große Veränderung“, sagt Glock von Bosch.
Vaillant zieht nun einen Schlussstrich und verabschiedet sich zugunsten der Wärmepumpen vorerst von der Brennstoffzelle. Das Unternehmen investiert 54 Mio. € in ein neues Forschungszentrum und will die Entwicklungsaktivitäten auf „Wärmepumpen und erneuerbare Energien“ konzentrieren. Damit liegt der Hersteller auf Linie mit Einschätzungen von Thinktanks wie der Agora Energiewende. Dieser hat vorgeschlagen, die Wärmewende auf elektrische Wärmepumpen zu stützen. „Bis 2030 benötigt Deutschland 5 Mio. bis 6 Mio. Wärmepumpen“, prognostiziert Agora. Für Andree Groos ist klar: „Strom ist das neue Grün und das Zeitfenster für die Brennstoffzelle schließt sich.“
Dieser Einschätzung widerspricht Sunfires CEO Carl Berninghausen. Er sieht in solchen Aussagen die falschen Signale gesetzt. „Den gesamten Wärmemarkt durch Wärmepumpen zu elektrifizieren, führt in die energiepolitische Sackgasse, da erneuerbarer Strom speziell im Winter nur selten zur Verfügung steht. Erneuerbares Gas kann dagegen das gesamte Jahr Versorgungssicherheit gewährleisten.“
Für eine sogenannte Dunkelflaute, wenn also über mehrere Tage weder Sonnen- noch Windenergie in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, müssten in der kalten Jahreszeit konventionelle Kraftwerke einspringen. Die Wärmepumpen heizen auch mit diesem Strom, sind dann aber nicht mehr ökologisch sinnvoll. Brennstoffzellen in Kombination mit Power-to-Gas – also der Technologie, um Energie z. B. durch Elektrolyse in Form von Wasserstoff zu speichern – und dem gut ausgebauten deutschen Gasnetz bieten sich hier als langfristige Speicherlösung von Ökostrom an.
Der VDMA sieht Brennstoffzellen und Wärmepumpen weniger als zwei Konkurrenten, sondern vielmehr als zwei Technologien, die sich sinnvoll ergänzen können. Denn während Wärmepumpen ihre Vorteile vor allem in Passiv- oder Niedrigtemperaturhäusern ausspielen, sind Brennstoffzellen-Heizgeräte auch für Altbauten geeignet.
Auf den aktuell größten Vorteil der Brennstoffzellentechnologie weist Viessmann hin: „Wir halten die Brennstoffzelle für die innovativste Form der Kraft-Wärme-Kopplung. Wir messen ihr großes Zukunftspotenzial bei, weil sie durch dezentrale Wärme- und Stromerzeugung nicht nur den Autarkiegrad des Betreibers erhöht, sondern auch die Netze entlastet.“
Auch Bosch bleibt den Brennstoffzellen-Heizgeräten treu, wenn auch in kleinerem Umfang: „Es ist mehr ein Nischenmarkt, den wir jedoch weiterhin bedienen werden“, sagt Glock.
Den Eignungstest für die Energieversorgung im Eigenheim haben sowohl Niedrig- als auch Hochtemperatur-Brennstoffzellen bestanden. Im Callux-Praxistest über sieben Jahre haben knapp 500 Brennstoffzellen-Heizgeräte mehr als 5 Mio. Betriebsstunden gesammelt.