Biotech-Branche: erneut gute Finanzierungszahlen
Rund 860 Mio. € Kapital haben deutsche Biotechnologieunternehmen im vergangenen Jahr aus Venture Kapital und Kapitalerhöhungen über die Börse einschließlich zwei Initial Public Offerings (IPO) eingeworben. Mehr als die Hälfte dieses Betrags entfiel allerdings auf nur ein einziges Unternehmen, die BioNTech aus Mainz.

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In den Unternehmen der deutschen Biotech-Branche ist die Stimmung weitgehend stabil. Ein negativer Trend lässt sich allenfalls daran ablesen, wie die Unternehmen die Entwicklung der zukünftigen Geschäftslage einschätzen. Dies geht aus der jährlichen Erhebung sowie der Trendumfrage des Biotechnologie-Branchenverbandes BIO Deutschland hervor.
Im Jahr 2019 warben private Biotechnologieunternehmen rund 525 Mio. € Venture Kapital ein. Ein Jahr zuvor waren es nur 369 Mio. € gewesen. Über die Börse konnten weitere 333 Mio. € eingesammelt werden (2018: 900 Mio. €). Davon entfielen mehr als 186 Mio. € auf zwei IPOs, beide an der Nasdaq in den USA. Der Mainzer Immuntherapiespezialist BioNTech sowie das Unternehmen Centogene, Diagnostikexperte für seltene Erkrankungen, wagten dort den Sprung aufs Börsenparkett. Aus diesem Grund konnte die Branche mit insgesamt 858 Mio. € zwar nicht an den Finanzierungsrekord von 1,27 Mrd. € aus dem Jahr 2018 heranreichen. Dennoch liegt die Summe noch fast ein Drittel über dem Wert des Jahres 2017 (674 Mio. €).
Umfrage zur Unternehmensperspektive
Jedes Jahr werden den Unternehmen im Rahmen einer Trendumfrage sechs Fragen vorgelegt. Demnach schützen rund 90 % der Befragten ihre aktuelle und auch zukünftige Geschäftssituation als gut bzw. günstiger oder befriedigend bzw. gleichbleibend ein. 60 % geben an, Personal in Deutschland aufbauen zu wollen, nur rund 7 % wollen abbauen. Zudem plant die Hälfte der Befragten, ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) zu erhöhen. Dass sich das politische Klima 2020 in Deutschland verbessern wird, erwarten derweil nur noch 20 % der Befragten. Im Vorjahr waren es noch 29 % gewesen. Dennoch halten noch 28 % das aktuelle politische Klima für gut.
In vier der sechs abgefragten Kategorien ist der Index im Mehrjahresvergleich weitgehend stabil. Ein klarer Trend ist bei der Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage zu beobachten. Hier sinkt der Index über die Jahre kontinuierlich. Nach einem Tiefpunkt in Folge der letzten Bundestagswahl hat sich die Einschätzung des aktuellen politischen Klimas wieder deutlich verbessert.
Gut gefüllte Entwicklungspipelines
„Es ist ein gutes Zeichen, dass es den deutschen Biotechnologieunternehmen erneut gelungen ist, viel Kapital einzusammeln, auch wenn sie nicht den Spitzenwert von 2018 erreichen konnten“, meint Oliver Schacht, Vorstandsvorsitzender von BIO Deutschland. Die gute Finanzierungslage bestätigte auch die Qualität der deutschen Entwicklungspipelines. „Positiv ist auch zu sehen, dass sich in Deutschland politisch einiges zugunsten unserer Branche bewegt hat. Die steuerliche Forschungsförderung kommt – endlich, möchte man sagen!“ Die neue Bioökonomiestrategie stehe an und die Dialogplattform Industrielle Bioökonomie sei operativ. Zudem lenke die Bundesregierung mit dem Wissenschaftsjahr Bioökonomie den Fokus 2020 auf die bio- und wissensbasierte Industrie und schaffe so mehr Bewusstsein auch für die Branche.
Brexit und Handelskonflikte wirken sich aus
Trotz guter Finanzierungszahlen und ermutigender politischer Signale ist die Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage über die Jahre schlechter geworden. „Wir werten dies auch als Ergebnis aktueller internationaler Entwicklungen“, ergänzt Viola Bronsema, Geschäftsführerin von BIO Deutschland. „Das jahrelange Ringen um den Brexit und die Handelskonflikte haben zu großer Verunsicherung geführt und haben auch Auswirkungen auf unsere Branche. Sie ist international stark vernetzt. Ein Grund mehr, in Deutschland die Förderung der Schlüsseltechnologie Biotechnologie verstärkt in den Blick zu nehmen. Wir müssen einen Beitrag leisten, damit Biotechnologie zum Bewältigen der Herausforderungen wie dem Klimawandel und der globalen Gesundheit nachhaltig eingesetzt werden kann.“