PRODUKTION 27. Jun 2019 Martin Ciupek Lesezeit: ca. 3 Minuten

Leichtbau erfordert neue Fertigungstechnologien

Wie lässt sich die deutsche Führung im Werkzeugbau weiter ausbauen? Ingo von Wurmb, Vorsitzender des VDI-Fachausschusses Stanzerei-Großwerkzeuge, will aktuelle Standards für eine Gestaltungsvorschrift nutzen.

Verkürzte Durchlaufzeiten: Ein Mitarbeiter bringt einen BMW-i8-Seitenrahmen in die RTM-Presse ein.
Foto: VDI e.V./Erik Marquardt

VDI nachrichten: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen im Werkzeugbau?

von Wurmb: Von großer Bedeutung sind weitere Effizienzsteigerungen und eine durchgängige Industrialisierung der Herstellprozesse im Werkzeugbau trotz Losgröße 1. Wir haben auch immer mehr ultrahöchstfeste Stähle mit Zugfestigkeiten zwischen 1000 MPa und 1500 MPa. Daraus ergeben sich entsprechend neue Anforderungen an die Werkzeuge. Auch das Umformen und Schneiden von Aluminiumbauteilen bleibt ein wichtiges Thema.

Ingo von Wurmb


Foto: VDI e.V./Erik Marquardt
ist Vorsitzender des VDI-Fachausschusses Stanzerei-Großwerkzeuge und seit 2004 Leiter Konstruktion der BMW Group in München. Er studierte Maschinenbau an der TU Münchenpek

Das ist aber doch nicht für die Branche?

Ich denke, dass die Aluminiumumformung dennoch bedeutsam bleiben wird. Für den VDI ist es hier sinnvoll, eine entsprechende Richtlinie aufzusetzen. Denn es hat in den vergangenen Jahren bei der Fertigung von Aluminiumteilen deutliche Fortschritte gegeben und der Anteil der Aluminiumbauteile nimmt stark zu. Früher gab es zudem viele verschiedene Wege, die Teile herzustellen. Inzwischen haben sich einige Standards herauskristallisiert. Dieses Wissen lässt sich nun gut zusammenfassen und in Gestaltungsvorschriften übertragen.

Inwiefern spielen dabei Weiterentwicklungen von Aluminiumlegierungen eine Rolle?

Es gibt neue, interessante Verfahren wie das Warmumformen von Aluminium. Dabei geht es nicht so sehr um die Weiterentwicklung der Materialien, als darum, bekannte Phänomene wie Flitter besser zu beherrschen – also feine Aluminiumpartikel, die sich beim Schneiden lösen und bei Außenhautteilen die Oberfläche beschädigen. Weil sich die Partikel in die Form eindrücken und mitgeschleppt werden, multipliziert sich der Fehler in hochautomatisierten Prozessen. In der Praxis müssen die Aluminiumteile dann nachgearbeitet werden, sonst wäre ein Oberflächenfehler auch nach der Lackierung zu erkennen.

Wie lässt sich das lösen?

Mehrere Verfahren haben sich herauskristallisiert: Man kann Werkzeugelemente, wie z. B. Ziehstempel oder Schneidelemente beschichten. Bei Schneidelementen lässt sich zudem die Eintauchtiefe der Obermesser reduzieren – oder man schleift die Messer frei, um damit die Flitterbildung zu reduzieren.

Kommen die Hauptanforderungen der Anwender aus dem Leichtbau?

Richtig. Leichtbau ist der Treiber – sowohl für die Entwicklungen bei den Stählen als auch beim Aluminium. Er beeinflusst die Entwicklungen der Fertigungstechnologien ebenso wie der Trend zu Multimaterialkonzepten.

Welchen Einfluss haben Hybridbauweisen auf Konzepte im Werkzeugbau?

Weil wir eher das Einzelteil herstellen, welches später zu hybriden Strukturen verbunden wird, sehe ich hier keinen entscheidenden Einfluss auf Werkzeugkonzepte. Da wird es weiterhin um das jeweilige Material des Einzelteils gehen. Stärkere Einflüsse sehe ich dagegen in der Fügetechnik, also im Karosseriebau.

Wie bewerten Sie die Werkzeugbaukompetenz deutscher Hersteller im internationalen Vergleich – speziell bei Außenhautteilen?

Mein Eindruck ist, dass das Know-how in den deutschen Werkzeugbauten weiterhin außergewöhnlich hoch ist und diese sicher auch weltweit führend sind. Gerade die Außenhautkompetenz und die Herstellung von Werkzeugen für komplexe Blechteile zähle ich zu den großen Kompetenzen in Deutschland. Wir stellen allerdings fest, dass der Preis- und Wettbewerbsdruck weltweit steigt.

Welche Differenzierungsmerkmale sehen sie neben der Qualität?

Wir haben deutliche Verbesserungen hinsichtlich der Durchlaufzeiten erreicht. So brauchen wir vom Eingang des Gussteils für die Form über dessen Bearbeitung bis zur Herstellung des ersten Blechteils nur noch etwa ein Drittel der Zeit, die wir noch vor 15 Jahren benötigt haben.

Woher kommen dann die deutlichen Verkürzungen der Durchlaufzeit?

Wir haben dazu alle Prozesse im Werkzeugbau von den Konstruktionsprozessen über die mechanische Bearbeitung bis hin zum Aufbau und der Inbetriebnahme der Werkzeuge unter dem Gesichtspunkt der Wertschöpfung optimiert. Das hängt auch damit zusammen, dass vieles schon im Vorfeld in der Konstruktion geprüft und mithilfe der FEM berechnet werden kann. In vielen Werkzeugbauten ist schon seit weit über einem Jahrzehnt eine zeichnungslose Fertigung realisiert. Der Werkzeugmacher nutzt in der Werkstatt ausschließlich 3-D-CAD-Viewer. Dabei hilft es auch, dass die vielen in unserem VDI-Fachausschuss standardisierten Normteile im CAD nicht nur die reinen Stücklisten- und Geometrieparameter besitzen, sondern auch das Funktionsumfeld.

Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Wenn ich in der Werkzeugkonstruktion eine Führungssäule integriere, dann integriere ich die passende Buchse dazu gleich mit. Befestigungselemente für beide Teile sind darin ebenfalls schon vorgegeben. Es ist inzwischen vieles automatisiert, weil solche Funktionseinheiten nur noch parametrisiert werden müssen. Auch das Gussumfeld und die Bearbeitungsparameter für die Fräsbearbeitung werden daraus generiert. Die Konstruktion ist heute ein Konfigurieren des Werkzeuges. Diese Standards sind durch die Automobilhersteller innerhalb unseres Fachausausschusses in der sogenannten „CAD-OEM-Richtlinie“ definiert worden.

Können Sie dazu ein Beispiel nennen?

Um ein komplexes Werkzeug zu zerlegen, benötigen sie heute einen Tag. Früher brauchten Sie zwei Wochen für den ersten Zusammenbau des Werkzeuges, bedingt durch die nicht wertschöpfenden Anpass- und Abstimmarbeiten. Allein durch bessere Prozesse und Industrialisierung können solche unproduktiven Arbeiten reduziert werden. Hierbei unterstützen uns unsere VDI-Normen für die Stanzerei-Großwerkzeuge.

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