Kreuzfahrt Tag 3: Frühsport an Deck
Der dritte Tag der Sea Cloud Spirit auf ihrem Weg über den Atlantik ... bei aufkommender Muße ist Zeit genug für einen Fremdsprachenkurs.

Sea Cloud Spirit, das größte Kreuzfahrtschiff der Welt unter Segeln.
Foto: Sea Cloud Cruises
Mittwoch, 16. November, Atlantik N 24°40,4‘ W 027°26,5‘
Brassen, Fallen, Schoten, Stagen, Wanten, Pardune, Gordinge, Zeisinge …wer auf einem Windjammer segelt, lernt gewissermaßen nebenbei eine weitere Fremdsprache. Die meisten Fachbegriffe sind dem Holländischen entlehnt; mit dem aufkommenden Welthandel per Windjammer war unser Nachbarland die prägende Schifffahrtsnation. Allein die Segel, Rahen und Masten sowie die für ihre Bedienung notwendigen Leinen, Taue und Enden bilden eine Welt für sich.
Sechs Segel pro Mast, da ist eine Menge Handarbeit zu tun
Die Sea Cloud Spirit ist ein Dreimast-Vollschiff, das heißt: Alle drei Masten tragen Rahsegel, die quer zum Mast stehen. Das unterscheidet sie beispielsweise von der Gorch Fock. Die ist zwar ebenfalls ein Dreimaster, als sogenannte Bark steht das hintere „Besansegel“ jedoch ähnlich wie ein Yachtsegel senkrecht zum Mast.

Die Sea Cloud Spirit befindet sich gerade auf dem Weg von den Canarischen Inseln nach St. Meerten in der Karibik. Mit an Bord ist unser langjähriger Autor für alle Maritimen Themen.
Foto: Sea Cloud Cruises
Die sechs Segel an jedem Mast der Sea Cloud Spirit werden vom Mastkapitän und fünf Deckshands bedient. Pro Mast müssen zahlreiche Leinen pro Schiffsseite bewegt werden. Auch wenn das Schiff erst rund ein Jahr im Dienst und damit sehr modern ist, gibt es ein erstaunliches Faktum: „Ein Seemann aus der Mitte des 19. Jahrhunderts könnte sofort mit dem Rigg umgehen, weil dessen Prinzip und Anordnung seitdem unverändert sind“, sagt der erste Offizier Daniel Loncarevic.

Ab in die Wanten der Sea Cloud Spirit. Gesegelt wird wie vor Hunderten von Jahren – per Hand. Das heißt, die Crew muss die Masten hoch, zwischen all den Leinen und Tauen den Überblick behalten und die richtigen Arbeitsschritte in der richtigen Reihenfolge erledigen.
Foto: Sea Cloud Cruises
Nicht nur das Setzen am Anfang der Reise war ein Schauspiel für sich; auch jede Änderung der Segelstellung bei kleineren Kurskorrekturen ist ein willkommenes Unterhaltungsprogramm.
Mit der Atlantikdünung stellt sich Routine und Entspannung ein
So langsam kehrt Bordroutine ein, wie es auf Segelschiffen heißt, wenn die Dinge ihren gewohnten Gang gehen und das Leben einen festen Rhythmus bekommt. Zum Sonnenaufgang an Deck sein, ein paar Runden ums Schiff gehen, Frühsport und dann Frühstück – und dann aufs Sonnendeck. Der Tagesrhythmus wird vom Takt der Atlantikdünung bestimmt. 21-22-23 – drei Sekunden hebt die Welle das Schiff langsam hoch, 21-22-23, genauso langsam sinkt es wieder ins Wellental.

Spätestens nach dem Frühsport und dem Frühstück gehts ans Sonnendeck … „Enjoy“ sagt die Besatzung – dürfte nicht schwerfallen.
Foto: Sea Cloud Cruises
Der Lebensrhythmus scheint der menschlichen Natur zu entsprechen; die Entspannung breitet sich auf dem Schiff aus. Das meistgehörte Wort ist ein von der Crew immer wieder mit freundlichem Lächeln gegenüber den Gästen geäußerter Wunsch: „Enjoy – genieße es.“
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