Kreuzfahrt Tag 6/7: Gleichmäßige Winde treiben das Segelschiff voran
Der sechste und siebte Tag der Sea Cloud Spirit auf ihrem Weg über den Atlantik ... mit den Windeigenschaften eines Rahseglers sowie der Ankündigung: Neptun an Bord!

Foto: Sea Cloud Cruises
Samstag/Sonntag, 20./21. November, 11.00 UTC, N 19°49,3‘ W 039°25,3
Bergfest auf dem Atlantik. Die Sea Cloud Spirit hat die Hälfte der Strecke von Las Palmas nach Philippsburg geschafft. 1300 sm unter Segeln liegen hinter uns, 1300 sm vor uns. Aus den Lautsprechern auf dem Lidodeck erklingt Bob Marley. „Every little thing gonna be all right.“ Als „Lidodeck“ wird auf herkömmlichen Kreuzfahrtschiffen oft – in Anlehnung an das italienische Wort „lido“ für „Strand“ – das Deck bezeichnet, auf dem sich der Pool befindet, also einem der Sonnenbade- bzw. Lounge-Orte.

Kapitän Heiner Eilers – gebürtig aus Leer – hat gerade mit spürbarem- und berechtigtem Stolz Zwischenbilanz gezogen. Seitdem er am vergangenen Montag „Vollzeug“ setzen ließ, hat er nur in zwei Nächten die Motoren zur Unterstützung mitlaufen lassen. Ansonsten treibt uns allein der Wind. Zwar sind wir um etwa 60 sm vom Kurs abgewichen; aber der Kapitän und begeisterte Segler haben auf der Wetterkarte ein lang gestrecktes Windfeld entdeckt, in dem der Nordostpassat mit 6 Bft bis 7 Bft weht und uns auf eine gleichmäßige Geschwindigkeit von etwa 9,5 kn gebracht hat. Segeln pur. Die Beaufortskala ist übrigens eine Skala zur Einteilung der Windstärke in 13 Stärkenbereiche von null bis zwölf, die nicht auf exakten Messungen, sondern den beobachteten Auswirkungen des Windes basiert.
Und was die Geschwindigkeitsangabe in Knoten angeht: 1 kn entspricht einer Strecke von 1,852 km. Das heißt, wenn unser Dreimaster mit einer Geschwindigkeit von 9,5 kn in der Stunde unterwegs ist, legt er in dieser Zeit eine Strecke von 17,6 km zurück bzw. 9,5 sm.
Am Himmel bilden sich die typischen Passatwolken. Ihre westliche Seite ist vom Wind ausgeweht und weist uns den Weg Richtung Karibik. Wir kreuzen vor dem Wind, das gibt es nur auf Rahseglern. Käme der Luftstrom direkt von Achtern – also von hinten –, würden die Segel des Kreuzmastes (am Heck) den Segeln des Großmastes in der Schiffsmitte sowie die Fockmast am Vorschiff buchstäblich den Wind aus den Segeln nehmen. Deshalb werden die Rahen leicht schräg eingestellt – „brassen“ heißt das, wenn die Rahnock (die äußere Spitze) auf einer Seite weiter nach vorne zeigt als die auf der andren Seite.

Um nicht zu weit zur Seite vom Kurs abzudriften, müssen die Rahen alle paar Stunden „geshiftet“, also zur anderen Seite gedreht werden. Heute Morgen drehte ein Vogel seine Runden um die Masten, so als ob er die Segelstellung kontrollieren wollte. Vermutlich handelte es sich um einen Gelbschnabelsturmtaucher, eine nur auf dem Atlantik heimische Art.

Und eine Tradition wirft ihre Schatten voraus: Neptun hat sich angekündigt: Der Meeresgott und Schutzherr über die Seefahrer wird zusammen mit seinen drei Meerjungfrauen die Äquatortaufe der Atlantikneulinge vornehmen und sie in den Kreis der „Blauwassersegler“ aufnehmen. Bis dahin begleiten Bob Marley und seine Musik weiter die Gäste.
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