Kreuzfahrt Tag 8/9: Unter Deck des Dreimasters
Der mittlerweile achte und neunte Tag der Sea Cloud Spirit auf ihrem Weg über den Atlantik ... und die Frage, wie der gewohnte Luxus auf einem Kreuzfahrt-Segelschiff realisiert wird.

Foto: Sea Cloud Cruises
Dienstag, 22. November, 12.00 UTC, 20° 30‘ 12“ N 48° 49‘ 19.2“ W
Seitdem Kapitän Heiner Eilers die Segel setzen ließ, herrscht Ruhe im Schiff. Im übertragenen Sinne gilt das auf jeden Fall für die Gäste, die längst auf Kurs zur Entdeckung der Langsamkeit gegangen sind und tief entspannt die Reise über den Atlantik genießen.
Auch im Reich von Chefingenieur Uwe Lange herrscht weitgehend Ruhe. Weil der Wind den 138 m langen Dreimastsegler antreibt, hat Lange zwei der vier jeweils 1200 kW starken MAN-Achtzylindermotoren der Baureihe L23/30H abgeschaltet.

Der Windjammer verfügt über einen dieselelektrischen Antrieb. An jeden Motor ist ein Generator mit einer ähnlich hohen Leistung wie die Dieselmotoren angeordnet. Der so erzeugte Strom treibt zwei jeweils 1700 kW starke Elektromotoren an, die wiederum jeweils einen Propeller drehen.
Zugleich versorgen sie den Hotelbetrieb mit Kabinen, Küche und Klimaanlagen sowie alle für den Schiffsbetrieb erforderlichen Verbraucher mit elektrischer Energie. Unter anderem zählt dazu die Wasseraufbereitungsanlage, die durch Osmose genügend Seewasser in Trinkwasser verwandelt. 35 t Frischwasser fassen die Tanks; zum letzten Mal wurden sie in Las Palmas gefüllt; seitdem ersetzt die Osmoseanlage das verbrauchte Wasser.
„Die Technik hier unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Ausrüstung eines großen Kreuzfahrtschiffes“, sagt Lange, „hier ist nur alles kleiner und überschaubarer.“

Um diese Verbraucher mit Strom versorgen zu können, lässt der Chefingenieur zwei der Motor-Generator-Kombinationen während der Segelfahrt mitlaufen. Der „Chief“ geht auf Nummer sicher: Der derzeitige Strombedarf ließe sich auch mit einem Generator decken. Doch wenn in der Küche die Herde angehen und vielleicht noch ein weiterer Großverbraucher hinzukommt, könnte es eine Überlastung geben: „Und einen Blackout mitten auf dem Atlantik braucht kein Mensch“, lacht Lange.
Der Ingenieur und der Kapitän sind ein gutes Team, wenn die beiden zusammen vor den Gästen über das Schiff berichten, ist dies deutlich zu spüren. Der eine ist der Segelexperte und Nautiker, der andere hat alle technischen Themen im Griff. Das Ergebnis ist einzigartig: „Mit zehn Knoten nur vom Wind getrieben durchs Wasser zu pflügen und gleichzeitig allen Komfort genießen zu können – das muss uns erst mal jemand nachmachen“, schmunzelt Lange.
Hier geht es zum kompletten Blog Kreuzfahrt unter Segeln.
PS: Zu unserem Bedauern kam es in den vergangenen Tagen mitten auf dem Atlantik zu technischen Problemen – die Sendungsübermittlung der Blogbeiträge fernab jeder Zivilisation klappte leider gar nicht oder nur eingeschränkt.
Unser Autor Wolfgang Heumer und die Crew der Sea Cloud Spirit setzen alles daran, um unsere Leserinnen und Leser weiterhin mit tagesaktuellen Blogbeiträgen zu versorgen.