Kritik an deutscher Förderung
70 Mio. € Fördergelder stehen zum Kauf von 100 E-Bussen zur Verfügung. Mit dem Betrag ließen sich aber auch 7000 Fahrzeuge mit Partikelfiltern nachrüsten.

Foto: ddp images/Torsten Silz
Die Nachrüstung von Bussen, Lkw, Baumaschinen und Diesellokomotiven mit Dieselpartikelfiltern und NOx-Reduktionssystemen ist in vielen Metropolregionen weltweit ein bedeutender Ansatz, um den Schadstoffausstoß zu reduzieren. Das wurde Mitte März beim 9. VERT-Forum in Dübendorf (Schweiz) deutlich.
Der Kongress wurde vom Verband VERT gemeinsam mit der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) veranstaltet. Dem Non-Profit-Verband mit Sitz in der Schweiz gehören 30 internationale Unternehmen aus dem Bereich der Abgasnachbehandlung an. Er zertifiziert seit mehr als 20 Jahren Dieselpartikelfilter – nach eigenen Angaben nach den weltweit schärfsten Kriterien.
VERT-Geschäftsführer Volker Hensel kritisierte den aktuellen Förderplan der Bundesregierung. Danach stehen 70 Mio. € für den Kauf von Elektrobussen und zur Erweiterung der Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Bei einem Stückpreis von 700 000 € könnten Städte und Gemeinden gerade einmal 100 Fahrzeuge anschaffen, rechnete er den Kongressteilnehmern vor.
Ein Zahlenbeispiel von Hensel macht deutlich: Mit einem 70-Mio.-€-Nachrüstprogramm ließen sich zeitnah mehr als ein Viertel aller älteren Dieselbusse in Deutschland auf ein sehr schadstoffarmes Niveau bringen. Ein solches Projekt sei innerhalb kurzer Zeit zu realisieren, denn die Technologie sei erprobt und verfügbar.
Vertreter aus Teheran, Haifa und Beijing stellten ebenfalls ihre Ansätze zur Luftreinhaltung vor. In ihren Städten werden derzeit Fahrzeuge und Maschinen mit Dieselpartikelfiltern nachgerüstet. Weitere Nachrüstprojekte gibt es unter anderem in Santiago de Chile, Xiamen, Nanjing, Beijing, Teheran, Tel Aviv, Berlin, Mexiko City, Bogotá und weiteren stark belasteten Metropolen.
Amir Zalzberg vom israelischen Umweltministerium schilderte die komplexe Situation in seinem Land. Dort sorgen das windige Meeresklima und Sandstürme für eine höhere Grundbelastung durch Feinstaub der Partikelgröße von 10 µm (PM10). Israel habe daher erkannt, dass für die menschliche Gesundheit nicht die Mengen an PM10 oder PM2.5 entscheidend seien, sondern die durch die Partikelanzahl ausgedrückte Konzentration von ultrafeinen Verbrennungspartikeln, so Zalzberg. Mit der Filterpflicht befinde sich Israel auf dem Weg zu einer landesweiten Niedrigemissionszone. Dazu wurden 2016/17 bereits Busse mit Dieselpartikelfiltern ausgestattet. Lkw-Betreiber müssen ab Ende 2018 nachrüsten, andernfalls wird die Betriebslizenz nicht erneuert. „Als nächster Schritt gilt es nun Baumaschinen und die Diesellokomotiven der staatlichen Eisenbahn nachzurüsten“, so Zalzberg. Das israelische Streckennetz verfügt derzeit über nahezu keine elektrifizierten Abschnitte.
Mediziner, Biologen und Chemiker warnten auf der Konferenz vor der Gesundheitsgefährdung durch unbehandelte Abgase von Verbrennungsmotoren. Sie seien Giftcocktails, sagte EMPA-Chemiker Norbert Heeb. Er und auch Barbara Rothen-Rutishauser von der Universität Freiburg (Schweiz) bekräftigten, dass Politik und Öffentlichkeit nicht nur auf die Stickoxidproblematik, sondern vor allem auf Nanopartikel schauen sollten, und dabei nicht nur auf Dieselmotoren. Wegen hoher Emissionen von Nanopartikeln – die eigentlich lungengängigen Partikel kleiner 500 nm werden mit PM10 und PM2.5 nicht korrekt erfasst – sehen einige Wissenschaftler auch zunehmend Gefahren durch die Abgase von Benzinmotoren, und zwar sowohl bei GDI („Gasoline Direct Injection“)-Motoren als auch bei Saugrohreinspritzern.
Die chilenische Forscherin Maria Muñoz präsentierte eine Studie, nach der der Grenzwert (1 ng/m³ Luft) für den kanzerogenen Stoff Benzo(a)pyrene (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) von benzinbetriebenen Fahrzeugen um das bis zu 800-fache übertroffen werde, während Diesel der Klasse Euro 5 mit Partikelfilter diesen Wert nur minimal überschreiten.
Ein Ende der Verbrennungsmotoren und einen reinen Siegeszug von Elektroantrieben erwarten die meisten Teilnehmer und Wissenschaftler dennoch nicht. Uwe Wagner vom Karlsruher Institut für Kolbenmaschinen am KIT sieht den Verbrennungsmotor gut gerüstet für die Zukunft. Die Emissionsprobleme von Verbrennungsmotoren seien für die neuen Motorengenerationen gelöst und mit der neuen Norm Euro 6d und „Real-Drive-Emission“-Tests seien dringend notwendige Regulierungsmaßnahmen getroffen.
Fazit der Konferenz war, dass zur schnellen Reduzierung der Schadstoffe in der EU eine Nachrüstung der bestehenden Flotten, vor allem Nutzfahrzeuge und Baumaschinen, unerlässlich sei – eine Maßnahme, die in der Schweiz bereits seit Jahren Pflicht ist.