Automation 22. Nov 2013 Carmen Klingler-Deiseroth

Antriebe ziehen in die Cloud ein

Daten fest im Blick: Sensorboxen am Antrieb signalisieren dem Wartungspersonal per Funk frühzeitig, wenn sich wichtige Betriebsparameter verändern.
Foto: ABB AG

Viele Antriebshersteller arbeiten daran, Zustands- und Betriebsdaten aus ihren Komponenten zu bekommen, um diese extern – in der Cloud – zu analysieren und mit Services anreichern zu können. Insbesondere für Niederspannungsmotoren, die in der Industrie in sehr hoher Zahl z. B. in Pumpen und Lüftern verbaut sind, gibt es mittlerweile Cloud-basierte Lösungen für Antriebsstränge und digitale Antriebssysteme. Die dafür entwickelten Sensoriklösungen werden teilweise einfach an die Gehäuse der Motoren angebracht – was auch für bereits installierte Motoren eine Option ist.

Bei ABB heißt die Sensoriklösung Ability Smart Sensor. „Das ist eine einfache Sensoriklösung, die simpel Zustandsdaten von Elektromotoren übermittelt“, sagt Tobias Schmidt, Produktmanager Digitalisierung Antriebstechnik bei ABB. Seit den Anfängen im Jahr 2016 ist die Lösung entlang des Antriebsstrangs gewachsen und bezieht mittlerweile nicht nur ABB-Antriebe mit ein, sondern auch Stehlager. Und es geht noch weiter: „Zusammen mit einem Pumpenhersteller haben wir es relativ schnell geschafft, mit dem Smart Sensor und einer leicht veränderten Software auch eine Pumpe auswerten zu können“, erläutert Schmidt die Errungenschaft einer Kooperation.

Einen Service dazu stellte der Konzern mit „ABB Ability Condition Monitoring für den Antriebsstrang“ im April auf der Hannover Messe erstmals vor. Detaillierte Informationen dazu wird es laut Schmidt auf der SPS/IPC/Drives 2018 geben. Statt einfach Produkte zu präsentieren möchte das Unternehmen dort Nutzungsszenarien, Instandhaltungs- sowie Risikostrategien diskutieren. Das Wissen, Antriebsstränge auswerten zu können, möchte ABB dabei mit verschiedensten Kunden und ihren Anwendungen teilen.

Das macht ein Umdenken bei den Anbietern deutlich: „Es hilft nichts, ein Dashboard zu haben, das jeder nutzen muss“, sagt Schmidt. Jeder Kunde, Anwender, Fabrikbetreiber, Maschinenhersteller, Serviceunternehmen, Instandhaltungsabteilung, strategisches Produktmanagement werde die Daten anders nutzen. „Mit diesem Fokus bewegen wir uns weg von der reinen Diskussion der Instandhaltung“, bekräftigt Schmidt.

Einen ähnlichen Weg beschreitet Siemens mit seiner Lösung Simotics Connect 400. Das ist eine Sensorikbox, die nicht nur die üblichen Sensoren für Temperatur und Vibrationen enthält, sondern auch das magnetische Feld detektiert und daraus den Drehzahl- und Leistungspunkt berechnet. So können nach Unternehmensangaben selbst Motoren, die über keinerlei interne Sensoren verfügen, überwacht werden. Für Siemens-Frequenzumrichter gehören Sinamics-Connect-Lösungen zum Portfolio.

Im April hat Siemens mit Sidrive IQ seine digitale Plattform für vernetzte Antriebssysteme erstmals in Hannover präsentiert. Die Plattform wird durch das offene Cloud-basierte Betriebssystem Mindsphere unterstützt und gilt als Anwendung für das Industrial Internet of Thinks (IIoT). Offen heißt, dass Kunden ihre Applikationen und digitalen Lösungen mit diesem Betriebssystem selbst entwickeln können. Die Cloud-Infrastruktur spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Mindsphere wird auf Cloud-Diensten wie Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azur betrieben und laut Christian Mundo in Zukunft für den asiatischen Markt auch auf Alibaba Cloud. Der Leiter Digital Office im Bereich Antriebstechnik bei Siemens sagt: „Das ist für OEMs oder Endkunden wichtig, die Applikationen auf unterschiedlichen Plattformen bauen wollen.“

Der Einstieg in die Welt der digitale Plattformen geschieht bei Siemens wie folgt: Der Nutzer ordert die Lizenz für das digitale Antriebssystem Sidrive IQ und eine Connect-Sensorikbox. Damit erhält er das Abonnement für die Nutzung der Services. Das Datenmanagement erfolgt durch Siemens. Maschinen- und Systemhersteller können die Lösung laut Siemens in eigene Applikationen integrieren. So könne etwa ein Pumpenhersteller in das Anzeigefeld (Dashboard) für seine Pumpenparameter auch die Kennwerte des Antriebssystems integrieren. Dagegen könnten Endkunden die digitale Plattform für die eigene Prozessoptimierung direkt nutzen.

Auf der SPS/IPC/Drives 2018 wird Siemens sowohl die digitalen Antriebssysteme für Niederspannung präsentieren, als auch die neue Lösung für Hochspannungsantriebe vorstellen. Zunächst würde die neue Motorengeneration werkseitig digital ausgerüstet. Später sollen Siemens-Motoren im Feld und auch Fremdmotoren damit nachgerüstet werden können.

Die Lösungen von ABB und Siemens zeigen, was mit der Digitalisierung möglich ist. Die Herausforderung wird jedoch sein: „Aus der Vielfalt der Technologien im Feld, die enormen Datenmengen herauszubekommen“, sagt Felix Hackelöer, verantwortlich für Applikationen und Connectivity beim Plattformbetreiber Adamos. Das sei nicht selbstverständlich, selbst mit offenen Standards, auf die Adamos setzt.

Steht etwa auf Antrieben zweier unterschiedlicher Hersteller OPC UA (siehe Seiten 20 und 21), ist das noch kein Garant dafür, die Betriebsdaten von beiden perfekt in die Analytik zu bekommen. „Das liegt auch an so banalen Dingen, dass Hersteller für ein und denselben Wert unterschiedliche Namen verwenden“, sagt Hackelöer. Da müsse dann wieder das Handbuch zu Rate gezogen werden.

Für die herstellerneutrale Kommunikation zwischen Antrieben werden nun die Weichen gestellt. „Insbesondere die dafür nötigen Kommunikationsprotokolle, sind zwar teils schon verfügbar, teils aber nicht spezifiziert“, sagt Michael Burghardt, Leiter Produktmarketing Danfoss Drives. So werde für OPC UA noch an der Informationsbereitstellung (Companion Specification) für Antriebe gearbeitet. „Einheitliche Lösungen werden noch ein wenig dauern“, glaubt Burghardt.

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