Deutsche Industrie tut sich mit Plattformen schwer
Die deutsche Industrie tut sich schwer mit der digitalen Plattformökonomie. Das ergab eine Befragung des IT-Branchenverbands Bitkom unter 502 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern.

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Alle reden von der digitalen Plattformökonomie, doch die deutsche Industrie fremdelt noch mit dem Konzept. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 502 Unternehmen im Auftrag des IT-Branchenverbands Bitkom. So geben 41 % der Industrieunternehmen an, dass sie digitale Plattformen eher als Risiko für das eigene Geschäft ansehen, dagegen halten nur 37 % sie für eine Chance.
Damit ist die Industrie in dieser Frage deutlich skeptischer eingestellt als der Dienstleistungssektor oder der Handel. Entsprechend geben unter den Dienstleistern nur 27 % an, digitale Plattformen als Risiko zu empfinden, 43 % hingegen sehen sie als Chance. Im Handel, der bereits früh den Wettbewerbsdruck im Netz zu spüren bekam und entsprechend reagierte, betrachten sogar 60 % Plattformen heute positiv, nur 22 % halten sie für ein Risiko.
Märkte werden jetzt verteilt
„Bei digitalen Plattformen denken wir häufig zuerst an Onlinehändler wie Amazon oder Ebay oder an Dienstleister wie Airbnb. Gerade für die traditionell starke deutsche Industrie bieten digitale Plattformen aber ein riesiges Potenzial, das eigene Geschäft zukunftsfest für die digitale Welt zu machen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Mit Blick auf Industrie 4.0 und IoT entwickeln sich gerade jetzt Plattformangebote und es werden die Märkte verteilt. Bei Plattformen sollte die deutsche Industrie ganz vorne mit dabei sein.“
Die Zurückhaltung überrascht auch deshalb, weil Geschäftsführer und Vorstände in der Industrie klare Vorteile von digitalen Plattformen sehen. So sagen drei Viertel der Industrieunternehmen (77 %), dass sich dank Plattformen schnell und einfach viele Angebote vergleichen lassen. Und 71 % geben an, dass sich mithilfe digitaler Plattformen schnell und einfach das günstigste Angebot finden lässt.
Fast 40 % lassen Plattformen links liegen
Weitere Ergebnisse der Befragung für die Gesamtwirtschaft, die Bitkom heute in einem Studienbericht „Digitale Plattformen“ veröffentlicht hat, ergaben unter anderem, dass bereits 45 % der Unternehmen in Deutschland Produkte oder Dienstleistungen auf digitalen Plattformen anbieten, 44 % kaufen dort ein oder beziehen über Plattformen Dienstleistungen. Dagegen lassen vier von zehn Unternehmen (39 %) aktuell digitale Plattformen noch links liegen.
Wer einmal die Vorteile erkannt hat, lässt nicht mehr von den Plattformen. So sagen 93 % derjenigen, die im Unternehmen Erfahrungen mit digitalen Plattformen gemacht haben, dass sie auch bei einem neuen Arbeitgeber auf Plattformen setzen würden.
Ein Drittel sieht sich in der Existenz bedroht
Aktuell haben sechs von zehn Unternehmen (57 %) eine Plattformstrategie. Zusätzlich gab jedes dritte Unternehmen (34 %) an, man wolle 2020 verstärkt in digitale Plattformen investieren. Deutlich mehr als die Hälfte (63 %) der Unternehmen ist der Meinung, dass digitale Plattformen mehr Vorteile als Nachteile bringen, 27 % sehen allerdings durch digitale Plattformen aktuell ihre Existenz bedroht. Stolze 82 % sind sogar der Meinung, dass deutsche Unternehmen viel häufiger zu Plattformanbietern werden sollten.
Als größte Hemmnisse bei der Nutzung digitaler Plattformen werden Fragen des Datenschutzes (63 %), der IT-Sicherheit (58 %) und ein Mangel an qualifizierten Mitarbeitern (53 %) genannt.
Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 502 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern in Deutschland telefonisch befragt. Die Fragestellungen lauteten „Sehen Sie digitale Plattformen eher als Chance oder eher als Risiko für Ihr Unternehmen?“ und „Inwieweit treffen die folgenden Aussagen zum Nutzen digitaler Plattformen aus Ihrer Sicht zu?“. Die Umfrage ist repräsentativ.