Industriemesse sendet trotz Besucherrückgang positive Signale
Schon zu Beginn der Hannover Messe Anfang dieser Woche war klar, dass nach zwei Jahren Pandemie keine Rekorde zu erwarten sind. Dennoch zogen Messeveranstalter und Branchenverbände nach den vier Veranstaltungstagen eine positive Bilanz.

Foto: M.Ciupek
Zwei Lesarten gibt es für die gestern zu Ende gegangene Hannover Messe: Einerseits verfehlte die internationale Industriemesse mit etwa 2500 Ausstellern und 75 000 Besucherinnen und Besuchern sowie zusätzlichen 15 000 Registrierten im digitalen Veranstaltungsteil deutlich die Spitzenwerte von 2017. Damals waren es 6500 Aussteller und 225 000 Besucher. Für Kritiker der großen internationalen Leitmesse ist das ein Signal, sich eher auf kleinere Fachmessen zu fokussieren.
Andererseits kann es angesichts der pandemiebedingten Reisebeschränkungen sowie des Ukraine-Kriegs bereits als kleiner Erfolg gewertet werden, dass die Messe zumindest in diesem Umfang stattfinden konnte. Trotz zahlreicher anderer Verpflichtungen nahmen sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie weitere hochrangige Politiker die Zeit, sich vor Ort über die Entwicklungen in der Industrie zu informieren.
Freude am persönlichen Dialog
Auch wenn die Messestände der anwesenden Unternehmen und Organisationen zumeist kleiner ausfielen, als in der Vergangenheit, war den meisten Anwesenden die Freude am persönlichen Dialog wieder deutlich anzusehen. Entsprechend wohlwollend vielen auch die Bilanzen der Messegesellschaft sowie der großen Branchenverbände aus.
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Für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau stellte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann fest: „Die Hannover Messe 2022 hat mit ihren Themenschwerpunkten rund um Energie, Versorgungssicherheit und industrielle Transformation eindrucksvoll gezeigt, dass wir eine solche Leitmesse brauchen – nach zwei Jahren Pandemie mehr denn je.“ Aussteller zeigten dazu beispielsweise, wie sie mittels Automation und Digitalisierung den Energieverbrauch von Fabriken und Produktionsanlagen besser zu steuern. Sie gingen damit auf die drängenden Fragen der Unternehmen ein, wie sie die Resilienz ihrer Lieferketten ausbauen und unabhängiger von Gas und Öl werden können. Ein wichtiges Thema dabei war die Wasserstofftechnologie.
Gunther Kegel, ZVEI-Präsident und Vorsitzender des Ausstellerbeirats der Veranstaltung, bezeichnete den Neustart als „geglückt“ und hob die besondere Rolle der Hannover Messe in der internationalen Messelandschaft hervor: „Sie ist für den Dialog zwischen Politik und Industrie unersetzbar, gerade auch in politischen und gesellschaftlichen ‚Zeitenwenden‘.“ Die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie spielten beim Umbau zu einer klimaneutralen Industriegesellschaft laut Kegel mit ihren Innovationen eine wesentliche Rolle. Der ZVEI hatte in Hannover sein Zielbild einer „All-Electric-Society“ vorgestellt. In ihr stehen Elektrifizierung, Digitalisierung und die Kopplung aller klimarelevanten Sektoren wie Wärme, Verkehr und Gebäude im Zentrum.
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Im kommenden Jahr werden wieder mehr Besucher erwartet
Auch Messechef Jochen Köckler war eine gewisse Erleichterung anzumerken: „Es ist uns gelungen, das Beste aus der realen und digitalen Welt zusammenzubringen.“ Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Messe AG bilanzierte: „Nach vier Messetagen senden Industrie, Politik und Wissenschaft ein deutliches Signal aus Hannover: Pandemie und Krieg dürfen und werden die industrielle Transformation nicht einbremsen – im Gegenteil, wir brauchen noch mehr Tempo bei Digitalisierung und Nachhaltigkeit.“

Zum 75. Jubiläum der Hannover Messe wurde in diesem Jahr bewusst darauf verzichtet, die Erfolge der Vergangenheit zu feiern. Stattdessen geht der Blick nun in Richtung Zukunft. „Im kommenden Jahr freuen wir uns dann wieder über mehr Gäste aus dem Ausland“, signalisierte ZVEI-Präsident Kegel. Dann wird sich zeigen, ob 2023 auch wieder Aussteller dabei sind, die in diesem Jahr ihren Fokus lieber auf kleinere Fachmessen gelegt haben und der Hannover Messe ferngeblieben sind. Im nächsten Jahr soll die große Industrieschau wieder im gewohnten Zeitfenster vom 17. bis 21. April 2023 stattfinden.