Massenware im Weltraum
Immer mehr Staaten finanzieren eigene Satellitenkonstellationen – aus kommerziellem Kalkül und geopolitischer Notwendigkeit.

Foto: SpaceX
Wie Weintrauben hängen die Satelliten an der Oberstufe, ehe sie paarweise in ihre Bahnen entlassen werden. So entstehen – Rakete um Rakete – die größten Flotten der Raumfahrtgeschichte mit Hunderten, Tausenden und womöglich Zehntausenden Satelliten: OneWeb und Starlink (Foto).
In wenigen Jahren werden weitere Konstellationen folgen. China arbeitet an seiner eigenen, Amazon ebenfalls, auch der kanadische Betreiber Telesat will in den kommenden zwei Jahren mit den Starts beginnen.
EU will im Weltraum aufholen
Nun will auch die EU nachziehen. Der für Raumfahrt zuständige Kommissar Thierry Breton wünscht sich eine Konstellation in mehreren Orbits, die zwei große europäische Probleme löst. Erstens stockt der Breitbandausbau mit terrestrischer Netztechnik. Und zweitens verfügt die EU im Weltall über keine unabhängige Infrastruktur für Regierungs- und Militäraufgaben. „Der Kontinent muss seine Verbindungen aufrechterhalten können, egal was passiert – und sei es, dass das Internet selber angegriffen wird“, sagte Breton jüngst in einer Rede. Satellitenkommunikation hat geopolitische Bedeutung erlangt.
Breitband aus dem Weltall
Zu den ersten Kunden von Satellitennetzwerken gehören viele Industrieunternehmen. Beispiel Mobilfunk: Konstellationsdienste können sowohl terrestrische Netze ersetzen als auch in Zukunft unterversorgte Mobilfunkmasten mit Bandbreite ausstatten. Automobilhersteller wie VW wollen Softwareupdates in die Computer kommender Fahrzeuge einspielen, Airlines Fluggäste mit breitbandigen Angeboten versorgen.
Den Fokus „Satellitenkonstellationen“ lesen Sie im aktuellen E-Paper der VDI nachrichten mit diesen Themen:
Die 100-Millionen-Hürde
Raumfahrt: EU-Kommissar Thierry Breton will eine europäische Satellitenkonstellation bauen lassen. Seine Ausschreibungsregeln lassen keinen Zweifel daran, von wem.
Lichtgeschwindigkeit
Telekommunikation: Der Fertigungsauftrag für die kanadischen Lightspeed-Satelliten geht nach Frankreich. Zum ersten Mal kommen in einer Großkonstellation Laserverbindungen zwischen den Satelliten zum Einsatz.
Afrikas Kommunikation aus dem All
Anwendungen: Über 40 % der Weltbevölkerung haben keinen Zugang zum Internet – ob im Mittleren Westen der USA, im brasilianischen Amazonasbecken oder in der arabischen Wüste. Auf dem afrikanischen Kontinent sind sogar 60 % aller Menschen offline.
„Inspirierendes Ökosystem“
Regulierung: Mario Maniewicz, ITU-Direktor und weltweit oberster Regulierer in Sachen Funkkommunikation, ist fasziniert von den Satellitenkonstellationen und überzeugt, dass Entwicklungsländer ebenso wie die Industrie profitieren könnten.