Jahrespressekonferenz des VDA 27. Jan 2021 Von Peter Kellerhoff/VDA Lesezeit: ca. 4 Minuten

„Wir haben das Auto erfunden – jetzt erfinden wir es neu“

Die deutsche Automobilindustrie sei zwar besser als der Standort Deutschland – 2021 sei jedoch entscheidend für die Zukunft der Industrie in Deutschland und Europa.


Foto: panthermedia.net/phonlamai

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), legte auf der digital durchgeführten VDA-Jahrespressekonferenz gleich den Finger in die Wunde: „Das Jahr 2021 wird über die Zukunft der Industrie in Deutschland und Europa entscheiden: Wir stehen an einem Wendepunkt, der die Richtung der folgenden Dekaden vorgibt.“ Die Eindämmung der Corona-Pandemie sieht Müller als eine der zentralen Herausforderungen, damit Deutschland und die Welt zügig aus dieser Krise herauskommen und Bürger, Beschäftigte und Unternehmen verlässliche Perspektiven erhalten.

Automobilbranche gut aufgestellt

Die Transformation der Branche zu klimaneutralen Antrieben wird laut Müller trotz Corona intensiv vorangetrieben werde. Bis 2025 investiere die deutsche Automobilindustrie insgesamt 150 Mrd. € in Zukunftstechnologien, vor allem in Elektromobilität und Digitalisierung. „Wir sind Europameister bei E-Mobilität. Und bei den Patenten im Bereich E-Mobilität ist die deutsche Automobilindustrie schon weit vorne.“ Auch in anderen Feldern sieht Müller die deutsche Automobilindustrie gut aufgestellt, so bei Forschung und Entwicklung, in den Bereichen Antriebe, Batterie, Hybrid, bei der Digitalisierung, dem autonomen Fahren, bei der Verbesserung des Kolbenmotors und der Senkung von Abgaswerten. „Ich sage bewusst Kolbenmotor“, betonte Müller. „Nicht die Verbrennung ist das Problem, sondern der Kraftstoff und seine Herkunft, deshalb benötigen wir auch E-Fuels. Wir haben das Auto erfunden – jetzt erfinden wir es neu.“

Die EU muss handeln

„Durch neue Handelsabkommen wie mit dem Vereinigten Königreich oder das vereinbarte Investitionsabkommen zwischen der EU und China gehen wir richtige Schritte“, meinte Müller. Aber durch die neue chinesische Handelszone im asiatischen Raum und durch die Dominanz US-amerikanischer Plattformindustrien müsse sich Europa im internationalen Wettbewerb besser aufstellen, mahnt sie: „Der Maßstab für alle wirtschaftspolitischen Entscheidungen muss immer der Weltmarkt sein.“ Daher komme gerade der EU-Kommission eine große Verantwortung zu: „Die neuen Handelsregime eröffnen neue Chancen, die wir aber nutzen müssen. Und dazu braucht es gute Rahmenbedingungen für unsere Industrie, die vor allem in Brüssel gesetzt werden“, so Hildegard Müller. Aktuell laufe die Entwicklung allerdings in die falsche Richtung.

Kritik an der neuen EU-Mobilitätsstrategie

Müller beklagte, dass die neue EU-Mobilitätsstrategie bei fast allen Verkehrsträgern sehr stark auf E-Mobilität setze, während derzeit ein europaweites Ladenetz fehle: „75 % der Ladeinfrastruktur in der EU finden wir aktuell in nur drei Staaten – Niederlande, Deutschland, Frankreich – und auch nur für Pkw.“ Das Lkw-Netz fehle fast völlig. Die EU-Mobilitätsstrategie müsse daher in den nächsten Monaten erweitert werden – um synthetische Kraftstoffe und den Ausbau einer Wasserstoffinfrastruktur, damit der Verkehr weiter fließen könne. „Und wir müssen erwarten, dass die EU-Kommission nicht nur Ziele formuliert, sondern auch die Umsetzung in die Hand nimmt. Sonst nützen die Handelsabkommen nichts“, so Hildegard Müller.

„In den nächsten Monaten werden die Gesetze und Verordnungen zum Green Deal ausgearbeitet. Ich hoffe, dass Deutschland hier trotz des beginnenden Wahlkampfes aktiv wird.“ Die Diskussionen um die Verschärfung der Klimaziele, sowohl des allgemeinen Klimaziels von 55 % als auch eine mögliche Verschärfung der Flottengrenzwerte, könnten nur dann sinnvoll geführt werden, wenn endlich durch die EU die zugesagte ehrliche und sorgfältige Abschätzung auch aller ökonomischen und sozialen Folgen vorliegt und wenn seitens der EU auch die notwendige Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge geschaffen werde, meint Müller.

Deutlichen Verbesserungsbedarf rund um die Mobilität

In Deutschland sind laut VDA die Energiekosten – nach dem Vereinigten Königreich – die höchsten in ganz Europa sind. Auch das Breitbandinternet sei in Deutschland schlechter als in Thailand, Rumänien, Ungarn oder Spanien. „Ähnlich verbesserungsbedürftig ist die Lage beim Mobilfunk. Hinzu kommen eine ausgeprägte Bürokratie und eine fehlende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die Abläufe verzögert und damit auf Kosten der Produktivität geht.“

Müller betont: „Die deutsche Automobilindustrie ist besser für die Zukunft gerüstet als der Standort Deutschland. Daher sollte die Politik die notwendigen Schritte unternehmen, um Produktion und Beschäftigung in Deutschland zu halten und zu stärken. Das große Thema des Jahres 2021 ist deshalb der Standort Deutschland und wie wir ihn wieder besser machen können.“

Der Blick in die Zukunft

Der VDA erwartet für 2021 ein Wachstum des deutschen Marktes gegenüber dem Vorjahr von rund 8 % auf 3,15 Mio. Pkw. Allerdings sei das Vorjahresniveau mit 2,9 Mio. Pkw (2020) sehr niedrig gewesen sei. Der Pkw-Inlandsmarkt werde 2021 weiterhin noch deutlich unter den rund 3,5 Mio. Neuzulassungen der Jahre 2017 bis 2019 liegen. Bei den schweren Nutzfahrzeugen werde ein Wachstum von 15 % auf gut 78 000 Fahrzeuge erwartet. Die Corona-Krise habe sich 2020 auch auf den internationalen Märkten massiv ausgewirkt. In nahezu allen Ländern der Welt gingen die Verkäufe teils drastisch zurück. Für 2021 sei von einer langsamen Verbesserung der Marktlage auszugehen. „Die Rückgänge des Jahres 2020 werden aber nicht wettgemacht. Für eine Entwarnung gibt es daher leider keine Grundlage“, so Hildegard Müller auch mit besonderem Blick auf die Zulieferindustrie.

Fahrzeugabsatz international

Auf den Weltmärkten werde sich der Fahrzeugabsatz in den jeweiligen Märkten – mit Ausnahme Chinas – nur langsam dem jeweiligen Vorkrisenniveau annähern. Für Europa rechnet der VDA im Jahr 2021 mit einem Plus von 12 % auf 13,4 Mio. Pkw. In den USA dürfte der Absatz 2021 um 9 % auf 15,8 Mio. Light Vehicles zulegen. Der chinesische Pkw-Markt wird dagegen mit 21,4 Mio. Einheiten (+8 %) bereits wieder das Vor-Corona-Niveau übersteigen. Hildegard Müller: „Der Pkw-Weltmarkt dürfte damit – nach einem Einbruch um 15 % im vergangenen Jahr – 2021 um 9 % auf 73,9 Mio. Neuwagen zulegen. Aber auch dieses Absatzvolumen liegt damit noch deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau.“

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