Börsentief verleitet zu unachtsamem Fahren 10. Feb 2020 Von Bettina Reckter

Fallender Aktienkurs führt zu mehr Verkehrstoten

Kann sich die Entwicklung der Aktienkurse an den Wertpapiermärkten auf das Unfallgeschehen im Straßenverkehr auswirken? Ja, meint ein Forscher der Freien Universität Bozen. Er untersuchte die Zahl der Unfalltoten in den USA und fand einen verblüffenden Zusammenhang.


Foto: panthermedia.net/Klaus Ohlenschläger

Es geht nicht nur um das Vermögen, sondern gleich ums ganze Leben, wenn sich die Indizes an der Wall Street im Abwärtstrend befinden. Das ist ein Fazit einer Studie von Mirco Tonin, Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Bozen. Der Experte auf dem Gebiet der Verhaltensökonomie hat die Studie „When the market drives you crazy: Stock market returns and fatal car accidents“ zusammen mit Corrado Giulietti und Michael Vlassopoulos von der University of Southampton jetzt im „Journal of Health Economics“ veröffentlicht.

Jede zweite amerikanische Familie investiert an der Börse

Als ideales Umfeld für diese Arbeit boten sich dem Forscherteam die USA an. Hier investiert direkt oder indirekt – etwa über Pensionsfonds – jede zweite amerikanische Familie an der Börse. Klar ist, dass von der Entwicklung der Kurse auch direkt wichtige wirtschaftliche Entscheidungen in Bereichen wie Konsum, Sparen oder dem Arbeitsmarkt abhängen.

Die Frage aber war, ob steigende oder fallende Börsenkurse auch noch andere Folgen haben können? Und in der Tat fanden die Forscher noch einen weiteren Zusammenhang, als sie nämlich einen Datensatz zu Unfalltoten im Straßenverkehr, das Fatality Analysis Reporting System (FARS), mit Finanzindizes wie dem S&P 500 in Relation setzten.

Über einen Zeitraum von 25 Jahren, genauer von 1990 bis 2015, ergab sich dabei eine deutliche Korrelation zwischen den Börsenschwankungen und der Zahl der Unfallopfer. Im Schnitt lag die Zahl der Verkehrstoten bei 37 pro Tag. Im Gegensatz dazu wurde aber ein Verkehrstoter mehr pro Tag verzeichnet, wenn die Wall Street zwei Tage in Folge mit einem Minus abschloss.

So gingen die Forscher vor

Zunächst führten die Wissenschaftler verschiedene Tests durch, um falsche Korrelationen und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu vermeiden. Vor allem ging es um die Feststellung des genauen Zeitpunkts der Unfälle. Fanden sie erst nach Eröffnung der Börse statt oder bestand auch schon während der Zeit davor ein Zusammenhang damit? Zudem wurden die in tödliche Unfälle verwickelten Fahrer bestimmten Kategorien zugeordnet: Alter, Wohnviertel (das meist Hinweise auf ökonomische Verhältnisse gibt) und Fahrzeugmodell.

Keine Korrelation bei ärmeren Unfallfahrern

„Klarerweise haben wir keinen Zugang zum Vermögen und Wertpapier-Portfolio der einzelnen Opfer, doch wir wissen, wie alt sie waren, und kennen ihre Postleitzahl und das Automodell. Auf Basis dieser Daten ist es möglich, sich ein recht vollständiges Bild der betroffenen Menschen zu machen“, erklärt der Bozener Wirtschaftswissenschaftler Mirco Tonin.

Außerdem habe sich gezeigt, dass bei Unfallfahrern mit geringen finanziellen Ressourcen keine Korrelation mit der Börsenentwicklung vorliege – „beispielsweise bei jungen Menschen oder Personen, die in ärmlicheren Wohnvierteln leben oder billige Autos fuhren“, sagt der Forscher.

Unerfahrene Anleger sind häufig die Opfer

Vor allem gegen Ende der 1990er-Jahre war das Phänomen stark ausgeprägt, dass es bei einem Börsentief vermehrt zu tödlichen Verkehrsunfällen kam. Dieses Ergebnis überrascht kaum, investierten damals doch viele amerikanische Familien im New-Economy-Boom erstmals an der Börse.

„Das zeigt einmal mehr, dass sich Anleger mit wenig Erfahrung und Know-how besonders stark von den täglichen Schwankungen an den Wertpapiermärkten verunsichern lassen“, betont Mirco Tonin. Erfahrenere Investoren hingegen ließen sich von dem Auf und Ab an der Börse nicht so schnell verunsichern, sie sehen die Volatilität der Märkte vielmehr als Teil des Spiels an.

Auch in Griechenland wurden die Forscher fündig

Eine ähnliche Korrelation fand der Forscher übrigens in einer weiteren Studie in Griechenland. In den Jahren 2010 und 2011 stand das Land damals am Rande des Bankrotts und befand sich unter den strengen Austeritätsauflagen der Troika. Tonin fand auch dort, dass Sorgen über negative wirtschaftliche Entwicklungen zu einem unaufmerksameren Verhalten im Autoverkehr führen können.

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