START-UP-PORTRÄT 11. Apr 2014 Kai Weller Lesezeit: ca. 3 Minuten

Wasserstoff sicher transportieren und lagern

Das Unternehmen Hydrogenious Technologies aus Erlangen speichert Wasserstoff in einem flüssigen Trägerstoff. Die Technologie könnte ein wichtiger Baustein für dezentrale Versorgung mit regenerativer Energie werden.

Der Dehydrierer, also die Einheit, die den Wasserstoff vom Trägermedium löst, funktioniert nur unter Wärmezuführung.
Foto: Andreas Bösmann, CC BY-SA 3.0 DE

Die Produktion von Strom aus Wind und Sonne schwankt mit den Wetterverhältnissen. Um trotzdem eine gleichmäßige Versorgung zu gewährleisten, setzen viele Experten auf die Zwischenspeicherung von überschüssiger Energie in Form von Wasserstoff. Das Gas verfügt über eine hervorragende gravimetrische Speicherdichte von 33 kWh/kg. Seine geringe Dichte und sicherheitstechnische Fragen machen die Handhabung jedoch aufwendig. Eine Lösung könnte in flüssigen Trägerstoffen liegen: Ein Liter eines solchen Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC) nimmt etwa 660 l Wasserstoff auf, der nun unter Normaldruck und -temperatur verlustfrei gespeichert werden kann. LOHC lassen sich wie Diesel mit herkömmlicher Tank- und Pipelinelogistik transportieren.

Das Erlangener Start-up Hydrogenious Technologies hat ein Verfahren entwickelt, um diese Technologie wirtschaftlich rentabel zu nutzen. „Ein wichtiger Durchbruch war die Identifikation eines neuen LOHC, mit dem wir seit etwa zwei Jahren arbeiten“, erläutert Daniel Teichmann, einer der Gründer des Unternehmens. Dibenzyltoluol heißt der Stoff, der in der Industrie als Wärmeträger verbreitet ist. Die gelbliche Flüssigkeit ist daher in großer Menge und vergleichsweise günstig verfügbar. Sie ist toxikologisch unbedenklich und kann in einem Temperaturspektrum von -34 °C bis 390 °C verwendet werden. Damit hat Dibenzyltoluol viele Vorteile gegenüber N-Ethyl-Carbazol, das bisher als Erfolg versprechender LOHC gehandelt wurde.

Mit einer Energiedichte von 2,05 kWh/kg hat Perhydro-Dibenzyltoluol, also das mit Wasserstoff angereicherte Dibenzyltoluol, eine 10- bis 15-fach höhere Speicherdichte als heute verfügbare Li-Ionen-Akkus.

„Genauso wichtig waren aber viele kleine Schritte, um das Gesamtsystem zu optimieren“, so Teichmann weiter. In einem katalytischen Prozess wird zunächst der Wasserstoff direkt nach der Elektrolyse an das LOHC gebunden. Die Hydrierung benötigt keine zusätzliche Energie und ist exotherm, es entsteht also Abwärme. Das LOHC kann nun in einem Tank gespeichert werden. Bei der Dehydrierung, also der Entladung des Trägerstoffes, muss die Wärme dem System dann wieder hinzugefügt werden. Das ist zugleich ein wichtiger Sicherheitsfaktor: Die Freisetzung von Wasserstoff bricht ab, sobald die Wärmezufuhr ausbleibt. Bei der richtigen Handhabung wird der Trägerstoff durch die Be- und Entladung nicht verbraucht.

Der Wirkungsgrad der Energiespeicherung in Form von LOHC liegt bei etwa 30 % bis 40 %. Die Energie geht allerdings ausschließlich bei der Elektrolyse und der Rückverstromung des Wasserstoffs verloren. „Je nach Anwendung lässt sich die Effizienz eines Gesamtsystems, das LOHC einsetzt, deutlich steigern. Die bei der Hydrierung entstehende Wärme lässt sich zum Heizen verwenden. Die Abwärme, die bei der Rückverstromung etwa durch einen Verbrennungsmotor entsteht, kann genutzt werden, um den Dehydrierungsprozess am Laufen zu halten“, erklärt der Gründer.

An der Entwicklung der Technologie hat seit 2009 ein interdisziplinäres Forscherteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gearbeitet: Prof. Wasserscheid, Inhaber des Lehrstuhls für Chemische Reaktionstechnik, Prof. Schlücker, Lehrstuhl für Prozessmaschinen und Anlagentechnik und Prof. Arlt, Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik. Daniel Teichmann, Doktorand von Arlt und Wasserscheid, war im Januar 2013 dann die treibende Kraft bei der Universitätsausgründung und ist heute ebenso wie die drei Professoren Gesellschafter des jungen Unternehmens. 15 Patente hat das Team inzwischen auf das Verfahren angemeldet.

Grundsätzlich ist die Anwendung von LOHC in allen Bereichen denkbar, in denen flüssige Energieträger verwendet werden. „Technisch wäre schon heute der Einsatz von LOHC auch in Autos denkbar. Das Problem liegt hier aber vor allem in den langen Entwicklungszyklen für neue Technologien“, erläutert Teichmann. So hat sich das Erlangener Start-up zunächst auf stationäre Anwendungen konzentriert: etwa als Speichersystem in Wohnsiedlungen, die sich dezentral mit erneuerbaren Energien versorgen. Eine wirtschaftlich rentable Nutzung ist je nach Gegebenheiten schon für einen Zusammenschluss von zehn bis 100 Wohneinheiten machbar. Ein weiterer wichtiger Einsatzbereich der LOHC-Technologie ist die Stromerzeugung in Gebieten ohne Netzanschluss, etwa bei Solaranlagen in Afrika oder Windparks in China.

Ein Jahr nach Gründung können die Entwickler optimistisch in die Zukunft blicken: Hydrogenious hat 2013 den zweiten Platz beim Businessplan-Wettbewerb Nordbayern und den Hochschul-Gründer-Preis Nordbayern erhalten. Im März 2014 folgte der Gewinn der Konzeptphase der Gründerinitiative Science4Life. Inzwischen ist ein Investor gefunden, mit dessen Hilfe das Team ihre Technologie zu einem marktreifen Produkt entwickeln will. 14 Mitarbeiter sucht das Start-up dafür im nächsten Jahr. Zunächst will das junge Unternehmen ein Pilotprojekt verwirklichen. Konkret durchgerechnet und damit in der engeren Auswahl sind neben Projekten in Deutschland auch zwei in Afrika. Bis Ende 2015 soll die erste Anlage dann stehen. Über diesen Zeitraum hinaus will Teichmann keine Prognosen abgeben. Der Gründer ist sich jedoch sicher: „Die LOHC-Technologie wird in Zukunft nicht nur in Deutschland, sondern weltweit eine wichtige Rolle spielen.“

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