Engineering- und IT-Tagung rund um Mitbestimmung 01. Okt 2021 Von Claudia Burger

IG-Metall-Vize: Transformation „sozial fair“ gestalten

Bei der Engineering- und IT-Tagung der IG Metall forderte die Vizevorsitzende Christiane Benner, industrielle Wertschöpfung in Deutschland zu halten und die Transformation sozial fair zu gestalten. Die Mitbestimmung müsse modernisiert und gestärkt werden. Sie fordert „Augenhöhe“ mit den Unternehmensvertretern.


Foto: panthermedia/SIphotography

Die Themen New Work, Digitalisierung und Transformation sowie Klimawandel standen im Zentrum der diesjährigen Engineering- und IT-Tagung der IG Metall und der Hans-Böckler-Stiftung unter dem Motto „Next Level Mitbestimmung!“ in Chemnitz, die gleich zu Ende geht. An dem hybriden Format nehmen rund 340 Personen teil. Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall (Foto), wünscht sich eine schnelle Regierungsbildung. „Welche Konstellation wir uns wünschen, ist sicher kein Geheimnis.“ Sie erwarte von der neuen Regierung Antworten auf die Veränderungen.

Christiane Benner fordert „Mitbestimmung auf Augenhöhe“

Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall. Foto: Gaby Gerster/IG

Der Fokus solle nicht nur auf dem ökologischen Aspekt liegen, sondern die soziale Komponente berücksichtigt und die Beschäftigten mitgenommen werden. Dafür sei Geld für Qualifizierung und Zeit nötig, um die Umbrüche zu gestalten. „Wir brauchen da eine Balance.“ Beschäftigte seien die Know-how-Träger der Energiewende und säßen in den Betrieben. Verlagerungen sollten verhindert werden, um industrielle Wertschöpfung in Deutschland zu halten. Es sei nötig, die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland auszubauen. „Ich fordere eine Mitbestimmung auf Augenhöhe.“ Menschen müssten eine positive Beteiligungsperspektive erleben. Dann gebe es auch weniger Angst vor Veränderungen.

„Menschen werden an die Technik angepasst“

Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Siemens AG, Birgit Steinborn, verwies darauf, dass New Work und die Möglichkeit, flexibel und von zu Hause zu arbeiten, nicht für Beschäftigte in der Produktion gelte. Hier sei es Aufgabe des Betriebsrats, einen Ausgleich zu finden, damit es keine Spaltung gibt. Zudem warnte sie davor, nur die positive Seite zu sehen. „Die Digitalisierung ermöglicht es Unternehmen, Entwicklungsleistungen irgendwo auf der Welt zu etablieren und die Menschen gar nicht mehr in Deutschland zu beschäftigen und diese Arbeit zu verlagern.“ Die IG Metall fordert den Ausbau rechtlicher Regelungen. Peter Kippes, Funktionsbereichsleiter Betriebspolitik, kritisierte beispielsweise: „Bislang können Betriebsräte nicht mit darüber entscheiden, wie viele Auszubildende in einem Betrieb eingestellt werden.“ Das sei nachteilig. Denn diese Unternehmen, die heute die Nachwuchsgewinnung stoppen, würden in zwei, drei Jahren über Fachkräftemangel klagen. Auch beim Einsatz von Software sollten Betriebsräte mehr ins Boot geholt werden. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen der Technik angepasst werden, nicht umgekehrt.“ Steinborn pflichtete bei und ergänzte, das führe zu Stress bei den Mitarbeitenden.

Bei Siemens werden KI-Karten eingesetzt

Auch das Thema künstliche Intelligenz (KI) stellt nicht nur Unternehmen vor große Herausforderungen, sondern auch die Gremien der Mitbestimmung. Ein Beispiel für die Verbindung von Beschäftigten- und Unternehmensinteressen stellten Roland Konopac, Mitglied des Gesamtbetriebsrats (GBR) bei Siemens, und Ulrich Waltinger, Head of Machine Intelligence Research Group bei Siemens, vor. Waltinger verwies darauf, dass es abseits der Technik generell eine Diskussion darüber geben müsse zur Frage: „Auf welche Werte hin optimieren wir technische oder Softwaresysteme?“ Es sei klar, dass es in Zukunft immer mehr Daten und Verknüpfungen geben werde, dass dadurch auch zunehmend Autonomie an Softwaresysteme abgegeben werde. Dieser Prozess sei unaufhaltbar. Konopac kritisierte, dass es in Deutschland keine Regelungen zum Einsatz von KI gebe. Er verwies auf die Initiative „Digital Europe“, eine Plattform, auf der rund um Risiken und Chancen von KI diskutiert und informiert werde und die eine Risikoeinstufung aufzeigt. Doch es sei nicht klar, wie in einem Unternehmen damit umgegangen werden soll. Der GBR bei Siemens habe sich deshalb hausintern den Know-how-Sachverständigen Waltinger gesucht. Zusammen wurde die Methodik der KI-Karten ins Leben gerufen. Hier wird anhand eines strukturierten Fragenkatalogs abgefragt und eingeordnet, wozu die Software dient und welche Daten sie erhebt. „Das dient beim Besteller auch der Reflexion“, sagen beide übereinstimmend. Es sei wichtig, nicht den Eindruck zu vermitteln, Innovationen verhindern zu wollen, betont Waltering. Konopac erklärte, dass es wichtig sei, auch eine Evaluation der Daten zu erreichen. Dies sei ein weiterer Schritt.

„Lernkurve bei Tesla ist steil“

Anhand des Beispiels Tesla wurde auch über die Automobilbranche diskutiert. „Bei Tesla ist die Lernkurve steil“, sagte Andreas Boes, Leiter des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) in München. Tesla habe die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie gestellt. Der wichtigste Punkt sei nicht die Elektromobilität, sondern dass Tesla 2012 ins Internet gegangen sei. Dadurch flössen ständig Daten in den Innovationsprozess. Mit der Anbindung habe Musk etwas geschaffen, was er selbst nicht weiterdenke, weil er vom Auto aus denke. Nämlich: alle Verkehrsträger in ein systemisches Ganzes zusammenzubinden und dann dem Kunden zur Verfügung zu stellen. „Da haben wir strategischen Vorteil, wir haben hier Kommunen, die gut funktionieren, Know-how für die Schiene, und da könnten wir dem Tesla etwas dagegenstellen“, sagte Boes. Sein Credo: „Mobilität der Zukunft ist nicht ans Auto gebunden.“

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