KARRIERE 22. Apr 2016 Rudolf Stumberger Lesezeit: ca. 3 Minuten

Wie ich zum Doktor der Ufologie wurde

Zum Doktortitel gehören offenbar weder besondere wissenschaftliche Kompetenzen noch ein dickes Portemonnaie. Unser Autor Dr. Rudolf Stumberger hat sich seinen zweiten Doktor-Titel in den USA bestellt. Ein Erfahrungsbericht.

Ein Doktorhut für wenig Geld. Wer die richtige Adresse kennt, kann sich aufwendiges Pauken ersparen.
Foto: panthermedia/Calvin Stevenson

Eines Tages lag sie im Briefkasten: die Urkunde. Seitdem darf ich mich Doktor nennen. Doktor honoris causa, also ehrenhalber. Verliehen von der „California Church & University“.

Wenn ich den Titel in der Öffentlichkeit benutzen will, muss ich allerdings angeben, dass ich ein Doktor der „Ufology“ bin. Ich hätte auch ein anderes Fachgebiet wählen können. Engelswissenschaft zum Beispiel. Oder den „Doctor h.c. of Divination“, also für Prophezeiungen. Zur Auswahl standen zudem der Doktor für Feng Shui, für Parapsychologie, für Weltheilung und für erneuerbare Energien. Nur was der Doktor für Mixologie sein soll, habe ich nicht herausgefunden. Hat das irgendwas mit Cocktails zu tun?

Ich jedenfalls habe mich für den Doktor der Ufologie entschieden. Das lag nahe, hatte ich doch in jungen Jahren Science-Fiction-Heftchen mit Geschichten über Außerirdische verschlungen. Ich kenne mich aus, kann Filme mit Außerirdischen nennen. Zum Beispiel: Der Tag, als die Erde stillstand; USA, 1951. Ich habe alle Folgen der deutschen Fernsehserie „Raumpatrouille Orion“ aus den 1960er-Jahren gesehen, mit Dietmar Schönherr als Major Cliff Allister McLane und Eva Pflug als Tamara Jagellovsk. Und jetzt also Doktor der Ufologie.

Preislich gesehen war es ein Schnäppchen. Reduziert von 99 € auf 35 €. „Sie sparen 65 %“ stand auf der Homepage von „Title Town“, dem Aussteller der Urkunde. Ach ja, die Urkunde. DIN-A4, etwas stärkerer Karton, blaue Schrift auf grauem Grund. Aufgedruckt sind zwei stilisierte Adler, die ein Wappen mit betenden Händen halten. Mein Name und mein Titel sind in schwarzer Frakturschrift eingetragen. Materialwert vielleicht 10 Cent. Ich hätte mir noch ein paar Accessoires zum Doktortitel bestellen können. Den Doktorhut etwa, zusammen mit einem Talar im Angebot für nur 98 €. Auch ein echtes Wachssiegel auf der Urkunde wäre für 6,90 € zu haben gewesen („Das originelle Wachssiegel aus dokumentenechtem Spezialwachs. Handgeprägt und fälschungssicher – So wird Ihr Titel zum absoluten Unikat“). Sogar ein QR-Code wäre möglich: „Jeder Betrachter Ihrer Doktorurkunde kann mit seinem Smartphone und einem QR Reader die Echtheit Ihres Titels sofort feststellen. Überzeugt auch Skeptiker von Echtheit und Authentizität.“ Preis: 21,50 €.

Doch damit nicht genug der Schnäppchen. Ob mit Talar oder auch ohne: Ich könnte weiter Karriere machen. Für schlappe 55 € (statt 159 € – „Sie sparen 63 %“) gibt es bei „Titel Town“ auch den Professorentitel. Ehrenhalber, versteht sich. Und auch für Ufologie.

Schauen wir uns die Titel näher an. Ein Begleitschreiben zur Urkunde gibt Auskunft. Zunächst einmal wird konstatiert: „Nach wie vor ruft ein Doktortitel Respekt in der Gesellschaft hervor.“ Er stelle eine Sprosse auf der Karriereleiter dar. Dann kommt allerdings ein Wermutstropfen: Bei dem von mir erstandenen Doktortitel handelt es sich um keinen akademischen Grad, sondern um einen kirchlichen Ehrentitel der California Church. Dazu sagt das Gesetz: „Unbefugt ist das Tragen, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen kann, den Anschein der Berechtigung des Tragens zu erwecken.“

Und das ist strafbar. Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass ich mit der Urkunde auch einen richtigen Doktortitel mein Eigen nenne, muss ich die kirchliche Ehrenbezeichnung in voller Länge tragen. Also: Dr. hc. of Ufology, CCU Institut (USA). In den Pass eintragen lassen geht auch nicht.

Hintergrund des kirchlichen Ehrentitels ist die Tatsache, dass in den USA jeder, der will, seine eigene Kirche gründen kann. Dem amerikanischen Staat ist es egal, was seine Bürger in religiöser Hinsicht treiben, staatliche Auflagen oder ein Verzeichnis der Freikirchen gibt es nicht. Die „California Church“ mit Sitz in Tampa/Florida hat eigentlich nur einen Grundsatz: „Jegliche Art von Lebewesen sollte durch jedes Mitglied unserer Kirche respektiert, akzeptiert und geschützt werden.“ Glauben kann man in dieser „Kirche“ dann, was man will: „Wir glauben an die Evolution und schreiben daher niemandem eine Gottheit o. Ä. vor.“

Wahrscheinlich aber glaubt die Kirche schon an eines: Die Eitelkeit der Menschen und an die Möglichkeit, mit einem bedruckten Papier auf die Schnelle 35 € zu verdienen. Immerhin bezeichnet sich „Title Town“, die Website, die die Titel vertreibt, als „Europas Nr. 1“ beim (Ver)Kauf von Doktor- und weiteren Ehrentiteln. Als Adresse angegeben ist Emmerthal, ein Ort in Niedersachsen.

Warum schmücken sich Menschen mit diesem Stück Papier? Vielleicht ist es der Schnäppcheninstinkt, für ein paar Euro ein Titel-Imitat zu erhalten, dessen Originalausführung viel Zeit und großen Einsatz erfordert. Oder aber es wirkt die Strahlkraft von Institutionen, so dubios sie auch sein mögen. Eines kann man den Titelhändlern allerdings nicht vorwerfen: ihre Kunden im unklaren zu lassen. So heißt es im Begleitschreiben zur Doktorurkunde: „Wir möchten, dass Sie an unseren Ehrendoktortiteln Spaß haben und sich freuen. Niemand hat etwas dagegen, wenn Sie sich die Ernennungsurkunde in einem protzigen Rahmen in ihr Wohnzimmer hängen.“

Im Klartext geht es weiter: „Aber wir gehen davon aus, dass Sie natürlich einsehen, dass der Spaß aufhört, wenn Sie versuchen … sich Vorteile zu erschleichen.“

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