Kommentar 14. Apr. 2025 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 2 Minuten

Kernenergie bleibt für Bundesregierung außen vor

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung steht zur Kernkraft, End- und Zwischenlagerung kein Sterbenswörtchen. Doch die lange Bank ist keine Lösung.

Zweiter Kühlturm des AKW Biblis fällt
2023: Planmäßiger Einsturz des zweiten der vier Kühltürme des stillgelegten AKW Biblis. Fast ein Symbolbild für den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung. In dem steht zur Kernkraft, End- und Zwischenlagerung kein Sterbenswörtchen. Doch die lange Bank ist keine Lösung.
Foto: picture alliance/dpa/Frank Rumpenhorst

Am Mittwoch, dem 10. April 2025, lag der Koalitionsvertrag für eine neue Bundesregierung von CDU/CSU und SPD auf dem Tisch. Gespannt wird das 144-seitige PDF analysiert: Suchstrings „AKW“, „Atom“, „Kern“, auch „Endlager“ und „Atommüll“ – in anderen Zusammenhängen würde das Ergebnis am besten unter „dröhnende Stille“ zusammengefasst. Neue Kernkraftwerke oder ein Prüfauftrag, ob die bisher abgeschalteten denn noch wieder in Betrieb genommen werden könnten; Endlagersuche und Problematik der Zwischenlagerkommunen – nichts, nichts, nichts. Halt, nein, es gab Treffer: „Kern“infrastruktur (Bund), „Kern“auftrag (Bundeswehr), Wasserstoff“kern“netz und der „Kern der Riester-Rente“.

Kernfusion hat es in den Koalitionsvertrag geschafft

Die Kernfusion hat es unter dem Kurzwort „Fusion“ als einzige Technologie aus diesem Bereich in den Koalitionsvertrag geschafft. Zeile 2523 ff: „Fusion und klimaneutrale Energieerzeugung: … Wir wollen die Fusionsforschung stärker fördern. Unser Ziel ist: Der erste Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen.“

Daher wohl auch in Zeile 2570 im Unterkapitel „Innovationsfreiheitsgesetz“: „Wir regulieren die Fusionskraftwerke außerhalb des Atomrechts.“ Wenn diese Kraftwerke dereinst marktreif entwickelt sind, fallen sie nicht unter das Atomrecht – und dürften damit wohl gebaut werden. Das hat die kommende Bundesregierung schon sehr weit vorausblickend geregelt.

All die Debatten im Bundestagswahlkampf um die Kerntechnik – reines Getöse?

Klar, es könnte die Kernkraftgegner erst freuen, dass im Koalitionsvertrag nichts dazu drinsteht. Und die Befürworter könnte es frustrieren, hat doch der Lobbyverband KernD nach der Wahl am 27. März heftig dafür geworben, einen Kernkraft-Neustart einzuleiten.

Dass AKW & Co. es nicht geschafft haben, explizit im Koalitionsvertrag erwähnt zu werden, heißt nur: Die Koalitionspartner haben keinen Handlungsbedarf (und sind sich darin einig) oder: Sie konnten sich nicht einigen – oder beides zusammen. Wenigstens muss so kein Finanzierungsvorbehalt gemacht werden, egal für was.

Das Thema Kerntechnik lässt sich nicht einfach unter den Teppich kehren

Doch Politik und Gesellschaft lügen sich in die Tasche, wenn sie meinen, sie könnten das Thema Kernkraft einfach vier Jahre unter den Teppich kehren. Klar ist der Atomausstieg mit den Gesetzen für die Entsorgung des hoch radioaktiven Atommülls aus den bisherigen Kernkraftwerken erst einmal gesetzlich geregelt, doch es besteht Handlungsbedarf. „Da zieht eine Schnecke Kondensstreifen“, beschrieb einst ein Kollege einen nun wirklich sehr, sehr langsam ablaufenden Vorgang.

Wer in den Kommunen nachfragt, die heute die Zwischenlager an den ehemaligen Kernkraftwerksstandorten haben, weiß wo der Schuh drückt. Es braucht Aufmerksamkeit und Engagement für das Thema, auf oberster Ebene.

Deutschland braucht weiterhin Know-how im Bereich Kernkraft

Und die Welt außerhalb Deutschlands dreht sich weiter. Modulare Kernkraftwerke werden neu konzipiert, zugelassen und erprobt werden, neue Anlagen werden gebaut werden. Zu all dem muss Deutschland sich verhalten. Dafür braucht es den Know-how-Erhalt im Bereich Wissenschaft, Ingenieurwesen und dem entsprechenden Handwerk auf höchstem Niveau. Gerade, weil keine eigenen Kernkraftwerke mehr betrieben werden. Denn wir wollen ja beurteilen können, welche Technologien wir einsetzen.

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