Strukturwandel/Technologien 01. Sep 2022 Von Wolfgang Schmitz Lesezeit: ca. 9 Minuten

Maja Göpel: „Eine immer schneller rasende Wirtschaft ist nicht unbedingt Fortschritt“

Maja Göpel stellt bisherige Selbstverständlichkeiten in Gesellschaft, Wirtschaft und Technologie infrage. Die Zukunft brauche neue Denkmuster. Die Transformationsforscherin setzt auf Ingenieurinnen und Ingenieure, die gemeinsam mit Visionären und Entrepreneuren neue „Möglichkeitsräume“ schaffen mit dem Ziel einer ökologisch sauberen und am Menschen orientierten Welt.

Transformationsforscherin Maja Göpel: „Wenn Technik auf dem Markt entwickelt wird, um kurzfristig Gewinne zu erzielen, ist es sehr schwer, soziale und ökologische Kriterien gleichwertig aufzunehmen.“
Foto: imago images/foto2press

VDI nachrichten: Frau Göpel, Sie fordern, von alten Denkmustern loszulassen und systemisch neu anzusetzen. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall denkt in klassischen Quantitätsmustern: So sei das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre anzuheben und der Bau weiterer Atomreaktoren voranzutreiben. Ohne das sei „das System mittelfristig nicht mehr finanzierbar“. Damit liegt er systemisch doch nicht so falsch, oder?

Göpel: Das kommt darauf an, was er meint, wenn er von „dem System“ redet. Spricht man von demselben Trend wie bisher mit immer steigendem Energieverbrauch, mit immer mehr Produktion, damit immer mehr konsumiert werden kann, dann gebe ich ihm recht. Andererseits müssen wir uns angesichts des immer weiter steigenden Ressourcenverbrauchs und der Umweltzerstörung auch fragen, wann denn nun genug ist mit dem Torpedieren der planetaren Grenzen. Und wie denn eigentlich ein zukünftiges System aussehen soll, in dem es sich gut leben lässt. Wir werden das bestehende System nicht beibehalten können, weil es ja sowieso schon im Krisenmodus ist. Es ist grob fahrlässig, weiter zu behaupten, wir könnten es irgendwie schadenfrei in die Zukunft führen.

Technische Lösungen sind wichtiger Teil unseres Wohlstands. Ein aktuelles Beispiel. Es wird angesichts des Rheintiefstands über eine Vertiefung des Flusses diskutiert, um die industrielle Schifffahrt aufrechtzuerhalten. Eine Alternative wären neue Schiffstypen mit weniger Tiefgang. Naheliegende Lösungen, oder?

Wenn wir doch jetzt schon wissen, welche Unwetter durch den Klimawandel intensiver und häufiger werden und dass Flüsse mehr als Verkehrswege sind, dann scheint mir eine adaptive Reaktion mit Blick nach vorne wichtig. Klar, man kann auch Schiffe mit geringerem Tiefgang bauen. Damit ist das Klimaproblem aber nicht gelöst. Daher drängt sich die Frage auf: Wie viel Transport brauchen wir künftig, wenn wir über Wertschöpfungsketten sprechen und uns fragen, wie wir die resilienter machen können. Wäre eine teilweise Regionalisierung sinnvoll? Ein Recht auf Reparatur, sodass gar nicht so viel erzeugt und weggeschmissen und damit transportiert wird? Dann sprechen wir von einem anderen System, auf das wir hinsteuern wollen. Ingenieure und Ingenieurinnen würden dafür die besten Lösungen entwickeln können und nicht auf Teufel komm raus die Strukturen verteidigen, die wir heute haben.

Angebot wählen und sofort weiterlesen

  • Alle Beiträge auf vdi-nachrichten.com
  • Monatlich kündbar

Oder werden Sie VDI-Mitglied und lesen im Rahmen der Mitgliedschaft Vn+.

Jetzt Mitglied werden
Ein Beitrag von:

Stellenangebote

Bundesagentur für Arbeit

Technische/-r Berater/-in (w/m/d) für den Technischen Beratungsdienst

Recklinghausen, Ahlen-Münster, Coesfeld
Helmholtz-Zentrum Hereon

Doktorandin (m/w/d)

Geesthacht (bei Hamburg)
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

Baumanagerin / Baumanager (w/m/d)

Berlin
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

Ingenieurin / Ingenieur in der Fachrichtung Gebäude-, Elektro- oder Versorgungstechnik (w/m/d)

Berlin
Ernst-Abbe-Hochschule Jena

Stiftungsprofessur Ressourceneffiziente Produkt- und Prozessentwicklung Bes. Gr.: W 2

Jena
RWTH Aachen University

Full Professor (W2, Tenure Track W3) in Process Metallurgy in a Circular Economy Faculty of Georesources and Materials Engineering

Aachen
Brandenburgischer Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB)

Projektleiter/in "Altlasten und Kampfmittel" (w/m/d)

Bernau
Minebea Intec GmbH

Automations- / Inbetriebnahmeingenieur (m/w/d)

Hamburg
Hensoldt Sensors GmbH

Systemingenieur*in Sekundärradar / IFF (m/w/d)

München/Taufkirchen
HENSOLDT Sensors GmbH

Head of N&G Radar Planning & Cables (w/m/d)

Ulm
Zur Jobbörse

Das könnte Sie auch interessieren

Empfehlungen des Verlags

Meistgelesen aus der Kategorie Forschung