Kommentar 24. Mai 2024 Lesezeit: ca. 3 Minuten

KI wird zum Lügen trainiert: Elon Musks eigene Wahrheit

Tesla-Chef Elon Musk stand den Besuchern der Pariser Techologie-Messe Vivatech Rede und Antwort. So jedenfalls war es angedacht ...

Im Pariser Dôme konnten die Besucher der Messe Vivatech Tesla-Chef Elon Musk Fragen stellen.
Foto: Mélanie Voisin

Menschenmassen tummeln sich dicht an dicht, rund um die Eingänge der Pariser Indoor Arena „The Dôme“ bilden sich 100 m lange Schlangen. Die Aufregung ist spürbar: Mit jedem Schritt kommen wir IHM näher … Die Rede ist nicht von einem Weltstar, es ist auch kein Rockkonzert. In wenigen Minuten soll Unternehmer Elon Musk den Saal betreten. Die Menge kreischt, manche halten Trikots mit der Zahl 42 hoch – die Musk als Antwort auf alle Fragen sieht.

Doch statt auf der Bühne erscheint Musk auf einem überdimensionierten Bildschirm, nuschelt etwas von einer Abschiedsfeier seines Sohnemanns. Deshalb habe er es nicht nach Paris geschafft. Die Enttäuschung ist groß. Sein Publikum will Musk aber dafür entschädigen. Jeder, der schnell genug ist, sich ein Mikrofon zu greifen, kann ihm Fragen stellen – egal welche, Hauptsache die Frage ist kurz, nicht länger als 15 s. Dank Security artet die Situation nicht komplett aus. Menschen stellen sich (erneut) in Warteschlangen und hoffen, dass sie dran kommen. Einmal den großen Elon Musk fragen, was man schon immer über ihn wissen wollte …

Elon Musk konnte nicht in Paris präsent sein, wurde live aus San Francisco zugeschaltet.
Foto: Mélanie Voisin

Es startet ein berauschendes Fragenkarussell – über Neuralink, Tesla, SpaceX, etc. Beeindruckend, wie Musk von Thema zu Thema springt und detailliert antwortet. Seine Einschätzung zur künstlichen Intelligenz ist natürlich auch gefragt: Die KI wird ziemlich alle unsere Jobs ersetzten und uns ein bequemes Leben ermöglichen, meint er. Dann wird es an der Menschheit sein, einen Sinn für ihr Dasein neu zu definieren. Ein interessanter, ja philosophischer Ansatz. Musk ist auch der Meinung, dass KI die Bildung der nächsten Generationen übernehmen wird – sie sei dafür als geduldiges Geschöpf prädestiniert.

Dafür müssten die aktuellen Sprachmodelle aber anders trainiert werden. Über OpenAI und Gemini sagt er: „Sie trainieren die KI zum Lügen, indem sie politische Korrektheit vor Wahrheit stellen.“ Um seine These darzulegen, bringt er das Beispiel einer Anfrage nach Bildern zum Stichwort „Waffen-SS“.  Die derzeitigen Systeme würden bloß Bilder von tanzenden Frauen ausspucken. Das sei nicht in Ordnung. Die Maschinen müssten dazu trainiert werden, die Wahrheit zu sagen, egal wie unangenehm sie sei. Im Saal hat das Kreischen nachgelassen.

Hier wird Ihnen ein externer Inhalt von X (vormals twitter.com) angezeigt.
Mit der Nutzung des Inhalts stimmen Sie der Datenschutzerklärung von youtube.com zu.

Eine Frau möchte von Musk wissen, wie er wahrnimmt, was die Presse über ihn schreibt. Liest er nicht. Auch das habe wenig mit der Wahrheit zu tun. Denn die Presse sei nur noch klickgetrieben und bekanntlich würden die verrücktesten Geschichten klicken. Aber ja, er sei ein Alien. Viele im Saal lachen, einige nicht mehr. Der faszinierende Tausendsassa, der die Menschheit auf den Mars bringen und Blinde heilen will, hat zum Teil verstörende Ansichten. Sollte man sich auf seine Weltanschauung einlassen? Schluss mit politischer Korrektheit zugunsten der nackten Wahrheit?

Eine Journalistin stellt eine kritische Frage zu Tesla. Bevor sie ihren Satz zu Ende spricht, wird sie von Elon unterbrochen: Business Insider, das Nachrichtenportal, das sie vertritt, sei kein Medium. Musk weigert sich, die Journalistin weiter zuzuhören. Sagt, er werde keine ihrer Fragen beantworten. Jetzt lacht keiner mehr. Wer die Entwicklung von X (ehemals Twitter) verfolgt hat, ist irgendwie nicht überrascht. Doch Zensur live zu erleben, ernüchtert ungemein. Ähnlich wie Donald Trump sucht sich Musk offenbar aus, wer über ihn berichten darf. So viel zur Wahrheit als höchstes Gut.

Für meinen Teil endet die Reise hier. Ich verlasse den Saal mit einem mulmigen Gefühl. Soll ich den Zwischenfall als (Größen-)Wahn eines Genies verbuchen? Als Journalistin kann ich es leider nicht gelten lassen. Meine Kollegen und ich müssen ihn im Auge behalten. Von mir aus über die schrägen Namen seiner Kinder schreiben, wenn es zu Klicks verhilft. Aber vor allem alles ständig hinterfragen, was er macht. Denn Zensur war nie der Anfang von etwas Gutem. Elon, wir werden berichten, ob Du es willst oder nicht. (mv)

Themen im Artikel

Stellenangebote

TU Bergakademie Freiberg

W3-Professur (Open Rank: W3 oder W1 mit Tenure Track auf W3) Spezialtiefbau "Bauingenieurwesen"

Freiberg
Hochschule Mannheim

Professur "Werkstoffwissenschaften und Fertigungstechnologie" (w/m/d)

Mannheim
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover

Universitätsprofessur (m/w/d) für Maschinenelemente, -konstruktion und Tribologie

Hannover
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover

Universitätsprofessur (m/w/d) für Maschinenelemente, -konstruktion und Tribologie

Hannover
mdexx fan systems GmbH

Nachhaltigkeitsmanager (m/w/d)

Weyhe (bei Bremen)
Brandenburgischer Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen

Leitung (w/m/d) des Geschäftsbereiches Baumanagement Land

Potsdam
THD - Technische Hochschule Deggendorf

Professor/Professorin bzw. Nachwuchsprofessur (m/w/d) für das Lehrgebiet "Grundlagen der Informatik, insbesondere Software Engineering"

Deggendorf
THD - Technische Hochschule Deggendorf

Forschungsprofessur oder Nachwuchsprofessur (m/w/d) für das Lehrgebiet "Human-Centered Security"

Vilshofen
THD - Technische Hochschule Deggendorf

Professor/Professorin (m/w/d) für das Lehrgebiet "Angewandte Künstliche Intelligenz"

Deggendorf
Brandenburgischer Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen

Sachbearbeiter/in für Elektrotechnik (m/w/d) im Baubereich Bundesbau

Potsdam
Zur Jobbörse

Das könnte Sie auch interessieren

Empfehlungen des Verlags

Meistgelesen aus der Kategorie Informationstechnik