Geldpolitik 23. Sep 2022 Von Dieter W. Heumann Lesezeit: ca. 5 Minuten

Stabile Preise oder Wachstumsimpulse für die Wirtschaft? Expertin sagt: „Die EZB hat sich schon entschieden“

Sonja Marten, leitende Devisenexpertin bei der DZ Bank, glaubt nicht an ein baldiges Wiedererstarken des Euro. Im Interview mit VDI nachrichten sieht sie neben dem Zinsgefälle zu den USA noch eine Reihe weiterer Belastungsfaktoren für die europäische Gemeinschaftswährung.

Sonja Marten leitet das Devisen Research der DZ Bank seit 2013.
Foto: DZ Bank

VDI nachrichten: Frau Marten, der Euro steht seit Längerem unter Druck und ist erstmals seit 20 Jahren zeitweilig sogar unter die Parität zum US-Dollar gerutscht. Als wesentlicher Grund für die Euroschwäche wird oft die deutliche Zinsdifferenz zugunsten des Dollars genannt. Nun hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren geldpolitischen Kurs spürbar geändert und die Zinsdifferenz zum Dollar verkürzt. Erwarten Sie dadurch bereits eine Stärkung der Gemeinschaftswährung?

Sonja Marten: Ja, während wir unmittelbar vor der kräftigen Leitzinserhöhung der EZB noch gegenüber dem US-Dollar den Euro unterhalb der Parität zum US-Dollar sahen, hat er sich nach dem Zinsschritt leicht über die Parität erhöht. Allerdings sind Zinsdifferenzen nicht unbedingt ausschlaggebend für den Wechselkurs. Zwar legt die Theorie dies nahe, aber in der Praxis ist es nicht immer so. So sind Zinserhöhungen in der aktuellen wirtschaftlichen Situation ein zweischneidiges Schwert. Einerseits geht man damit gegen die hohe Inflation vor, das ist positiv. Andererseits belastet man mit Zinserhöhungen die bereits schwächere gesamtwirtschaftliche Lage. Und das wirkt sich auch auf den Euro eher negativ aus.

Tendiert der Euro auch gegenüber anderen Währungen schwächer?

Wir erleben seit Anfang des Jahres, dass der Euro gegenüber vielen Währungen zur Schwäche neigt – u. a. gegenüber dem Kanadischen, Neuseeländischen und Australischen Dollar, dem Schweizer Franken und der Norwegischen Krone. Zugelegt hat der Euro nur gegenüber dem Japanischen Yen, der Schwedischen Krone und dem Britischen Pfund. Wir haben es also nicht nur mit einer reinen US-Dollar-Stärke, sondern auch mit einer Euro-Schwäche zu tun, was ja auch keine Überraschung ist, wenn wir die vielen Probleme diesseits des Atlantiks sehen.

Wie zum Beispiel, dass die Inflation im Euroraum von der EZB sehr lange als nur vorübergehend eingestuft wurde, sodass sie letztlich weit über das von der EZB selbst herausgegebene Inflationsziel von 2 % hinausschießen konnte. Hat das nicht zu einem Vertrauensverlust des internationalen Kapitals in die EZB als Währungshüterin geführt?

Ich weiß nicht, ob man so weit gehen sollte. Man muss überlegen, wo die Inflation herkommt und was die EZB hätte besser machen können. Wir hatten lange Zeit eine Inflation, die vor allem aus Lieferkettenengpässen entstanden war. Das war ein Faktor, den die EZB richtigerweise als vorübergehend eingestuft hat. Dass dann noch der Ukrainekrieg und die Energiekrise kommen würden, damit konnte niemand rechnen. Und die EZB schaut ja vor allem auf die Inflationserwartungen und die waren – soweit sie an den Marktpreisen als auch an den Umfragen gemessen wurden – zunächst ziemlich niedrig. Das hat sich geändert und das war für die scharfe Kehrtwende der EZB in ihrer Zinspolitik ausschlaggebend. Und drei bis fünf Zinserhöhungen soll es laut EZB noch geben.

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