ZEITARBEIT 31. Aug 2017 Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 4 Minuten

„Die Ingenieure spüren den Wandel“

Sebastiaan Krol von euro engineering über die aktuellen Arbeitsbedingungen bei Ingenieurdienstleistern.

Job mit Weitblick: Arbeit bei Dienstleistern geschieht nicht nur beim Kunden, sondern auch inhouse im Rahmen von Werkverträgen.
Foto: Patrice Latron/Corbis Documentary/Getty Images

VDI nachrichten: Herr Krol, das Thema „Arbeitnehmerüberlassung“ war zuletzt in den Medien mit einer Meldung vertreten, wonach Zeitarbeitnehmer im Durchschnitt um ein Viertel länger krank sind als Durchschnittsarbeitnehmer. Stehen Sie besser oder schlechter da?

Krol: Wir haben eine ausgesprochen niedrige Krankenquote von 2 % und liegen damit deutlich unter der für die gesamte Wirtschaft gültigen von 4 %. Ich hatte das nicht erwartet, als ich im Mai die Verantwortung als Geschäftsführer übernommen habe. Aber es freut mich umso mehr.

Noch niedriger als der Krankenstand der Arbeitnehmer ist die Arbeitslosenquote der Ingenieure. Sie liegt bei 3 %. Wo bekommen Sie da Ingenieure her?

Das hängt stark vom Ort ab, an dem Sie für Arbeitnehmerüberlassung und Werksverträge suchen. Zu unserem Vorteil sind wir in der Fläche sehr gut aufgestellt. Die ergiebigste Quelle sind die Hochschulen. Der typische Mitarbeiter bei uns ist jemand, der Engineering machen und zum Beginn seines Berufslebens unterschiedliche Branchen, Projekte und Arbeitsumfelder kennenlernen will. Die zweitwichtigste Quelle ist der normale Arbeitsmarkt. Beim Recruiting gibt es eine deutliche Verschiebung zu den digitalen Kanälen, auch bei Interessenten, die älter als 30 oder 40 Jahre sind. Und schließlich nutzen wir Qualifizierungsprogramme, in denen wir Ingenieure von ihrer ursprünglichen Branchenkompetenz auf eine aktuell stärker nachgefragte weiterbilden.

Welche Gründe gibt es für Ingenieure, sich auf eine solche Weiterbildung einzulassen?

Sie merken, dass auf dem Markt sehr deutlicher Wandel zu spüren ist, der weg von der klassischen deutschen Ingenieurkunst in der Konstruktion hin zur Mechatronik sowie zur Hardware- und Software-Entwicklung führt. Die entsprechenden Veranstaltungen finden drei- bis viermal im Jahr mit jeweils 20 bis 30 Teilnehmern statt.

Um welche Inhalte geht es?

Im ersten Teil geht es um sogenannte Soft Skills wie etwa Projektmanagement und soziale Kompetenzen. Im zweiten Teil geht es um Fachkompetenzen wie Programmieren, Umgang mit bestimmten IT-Systemen und Software-Tools. Daran schließt sich ein Praxisteil an, bei dem wir unsere Branchenerfahrung ausspielen, von der Sie in Seminaren von Weiterbildungsanbietern nicht profitieren.

Wenn Sie so intensiv in die Mitarbeiter investieren, drängt sich die Frage auf, wie lange sie bleiben?

Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit liegt derzeit bei 24 bis 26 Monaten und damit unter dem Branchendurchschnitt. Das liegt daran, dass Mitarbeiter der euro engineering aufgrund ihrer sehr guten Expertise bevorzugt angesprochen werden, wenn Einstellungen beim Kunden bevorstehen. Denn unsere Mitarbeiter verfügen im Vergleich zum Wettbewerb zum Beispiel über eine bessere Qualifikation. Außerdem verfügen viele über eine deutsche Ingenieurausbildung, die gerade bei mittelständischen Kunden hoch angesehen ist. Das Abwerben ist natürlich eine Herausforderung für uns. Wir beobachten aber auch, dass in unseren Entwicklungszentren die Kündigungsquoten deutlich geringer sind.

Wie wollen Sie die Fluktuation verringern?

Erstens haben Mitarbeiter immer höhere Ansprüche an die innerbetriebliche Weiterbildung und Weiterentwicklung. Früher waren Ingenieure dankbar, wenn sie bei uns an spannenden Projekten in unterschiedlichen Unternehmen teilnehmen konnten. Heute erwarten sie Weiterbildungen in Soft Skills oder zu Trendmärkten wie Internet of Things. Zweitens müssen wir die emotionale Bindung an das Unternehmen erhöhen. Dazu tragen Teamevents und Corporate-Social-Responsibility-Projekte etwa für Flüchtlinge bei. Drittens wollen wir Projekte stärker inhouse abwickeln. Dadurch bleiben die Teams länger zusammen und es entwickelt sich ein stärkerer Zusammenhalt.

Zahlen Sie gemäß dem Branchentarifvertrag für Zeitarbeit?

Ja. Was uns aber von vielen Wettbewerbern unterscheidet, ist, dass wir unsere Mitarbeiter nahezu immer übertariflich bezahlen. Zusätzlich bieten wir einem Großteil unserer Mitarbeiter an, sie nach dem Einsatz in der Arbeitnehmerüberlassung nicht zurückzustufen. Nehmen wir einen Ingenieur, den wir gemäß Tarifvertrag für die Arbeitnehmerüberlassungsbranche einstellen: Nach einigen Monaten im Entleihbetrieb erhält er gemäß den einschlägigen Regelungen das Gehalt, das der Tarifvertrag des Kundenunternehmens vorsieht. Wird er anschließend im Rahmen eines Werkvertrags wieder direkt bei uns in der gleichen Branche eingesetzt, besteht die Möglichkeit ihn auf dem Niveau des Tarifvertrags des Kundenunternehmens zu belassen. Wenn jemand bei uns beispielsweise in der Chemiebranche eingesetzt wird, hat er die gleiche Vergütung und die gleichen Konditionen, egal ob er beim Kunden oder bei uns seinen Arbeitsplatz hat.

Es gilt nicht: Die Besten kommen in Werkvertragsprojekte, die Zweitbesten werden verliehen?

Nein, der Mitarbeitereinsatz ist wirklich opportunitätsgesteuert. Zum Einsatzende suchen wir die nächste Einsatzmöglichkeit, egal ob für einen Werkvertrag oder in der Arbeitnehmerüberlassung. Das wird vom Markt gesteuert, nicht von internen Überlegungen.

Spüren Sie die Folgen der gesetzlichen Verschärfungen bei der Arbeitnehmerüberlassung, die seit April gelten?

Die Änderungen der sogenannten Equal-Pay-Regelungen, wonach die Einkommen von Stammmitarbeitern und Zeitarbeitnehmern früher angeglichen werden müssen, haben für uns als Ingenieurdienstleister kaum Auswirkungen, weil hier Einkommensdifferenzen schon immer deutlich geringer waren als im Niedriglohnsektor. Was uns dagegen trifft, ist die Höchstüberlassungsdauer. Das liegt an der Art und Weise, wie auf dem Markt für Ingenieurdienstleistungen gearbeitet wird: Jedes Kundenunternehmen lagert Projekte aus und federt Auftragsspitzen ab. Das geschieht zum einen mit Hilfe von Werkverträgen und zum anderen mit Arbeitnehmerüberlassung. Nun laufen Projekte üblicherweise länger als die als gesetzlich vorgeschriebene Entleihdauer von 18 Monaten.

Was heißt das für die Praxis?

Viele Unternehmen überlegen sich, ob sie noch Ingenieure als Zeitarbeitnehmer einstellen oder nicht lieber Werkverträge abschließen. Beim Werkvertrag haben sie die Sicherheit, dass ihnen die Kompetenzen der Mitarbeiter über die ganze Projektdauer erhalten bleiben. Arbeitnehmerüberlassung wird im Engineering mit Sicherheit Bestand haben, aber für Einsätze mit wesentlich kürzeren Laufzeiten.

Werkverträge wurden vom Gesetzgeber ebenfalls stärker reguliert. Merken Sie davon etwas?

Nur insofern, dass Kunden in der Ausschreibungsphase häufiger die Frage stellen: „Wie stellst du sicher, dass der Werksvertrag gesetzeskonform ist?“ Dabei haben wir als Teil des Weltmarktführers das Glück, absolute Experten an Bord zu haben. Wir stellen sicher, dass wir und der Kunde rechtlich auf der sicheren Seite sind. Der erste entscheidende Punkt dabei ist, dass eine klar abgegrenzte Lieferleistung definiert wird. Zweitens sorgen wir dafür, dass die unter einem Werkvertrag stehenden Mitarbeiter von uns geführt werden und nicht von Angestellten des Kunden.

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