AUTOMOBIL 24. Apr 2017 Markus Henrichs Lesezeit: ca. 4 Minuten

Entwickler bei AMG: Freilauf auf der „Ingenieurspielwiese“

Die Daimler-Tochter AMG gilt als Paradebeispiel für technische Höchstleistung im Automobilbau. Was aber muss man als Jungingenieur mitbringen, um bei der edlen Autoschmiede anzufangen? In erster Linie „viel Leidenschaft“, sagt einer, der es wissen muss: Teamleiter Fahrwerksentwicklung Matthias Hey.

Angekommen am „Zielbahnhof“: AMG-Ingenieur Matthias Hey schätzt an seinem Job die fast unbegrenzten Entwicklungsmöglichkeiten.
Foto: AMG

Weihnachten? Seit Matthias Hey vor knapp drei Jahren bei AMG angefangen hat, ist jeder Tag wie Weihnachten. Sagt er zumindest. Der Moment, in dem er morgens aufs Werksgelände fährt, „ist wie das Rascheln des Papiers an Heiligabend“, berichtet Hey. Und wer sieht, wie seine Augen strahlen, wenn der 37-Jährige über seinen Job ins Schwärmen kommt, glaubt es ihm aufs Wort. Für Überraschungen ist ohnehin immer gesorgt.„Niemand weiß, wer gerade vielleicht eine Idee hatte“. Ein typischer Tag im Leben des Teamleiters Fahrwerk bei AMG, der Hochleistungsmarke von Daimler? „Den gibt es nicht“, Hey schüttelt energisch den Kopf. „Das ist ja gerade das Schöne hier.“

AMG als Ingenieurarbeitgeber

Die Mercedes-AMG GmbH ist heute eine 100 %ige Daimler-Tochter. Hat 1277 Mitarbeiter. Davon sind rund 700 im Entwicklungsbereich beschäftigt (Stand Ende 2014).
Wächst: 2014 verzeichnete AMG mit 47 632 verkauften Fahrzeugen ein Rekordabsatzjahr, nach rund 32 200 Auslieferungen im Vorjahr. Wurde 1967 von Hans Werner Aufrecht und Erhard Melcher als „Ingenieurbüro, Konstruktion und Versuch zur Entwicklung von Rennmotoren“ gegründet. Das „G“ im Firmennamen steht für Großaspach, den ersten Firmensitz am Geburtsort Aufrechts.

Dass sein Arbeitgeber etwas anders tickt als der Rest der Autobranche, war Matthias Hey nach ersten beruflichen Stationen, u. a. beim Zulieferer Bosch, schnell klar. Das verrät allein schon der Dienstausweis. Der Vorname auf der Keycard, die zum Zutritt ins Allerheiligste der Entwicklungsschmiede berechtigt, ist fett gedruckt, der Nachname dagegen von Weitem kaum zu erkennen.

Das ist kein Zufall, sondern Teil der Unternehmenskultur – und eines der Dinge, die Matthias Hey an seinem Arbeitgeber zu schätzen weiß: „Schnelle Wege, kurze Wege. AMG ist so eine Art ,Duz-Familie‘, berichtet er. „Man kennt die Kollegen und duzt sich auf dem Weg in die Kantine oder die Werkstatt. “

Doch die lockere Umgangsformen und die flachen Hierarchien dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, worum es hier, in Affalterbach, gut eine halbe Autostunde von Stuttgart entfernt, geht: „High Performance.“ Höchstleistung – im wahrsten Sinne des Wortes. „Man muss halt immer sehen, dass man vorne mit dabei ist und nicht überholt wird“, sagt Hey. Der Druck ist groß. „Man wird schon extrem gefordert hier“, weiß er. „Es gibt kaum ruhige Zeiten in diesem Unternehmen, das muss man wissen. Das muss man abkönnen. “

Für einen wie Hey,der nach dem Ingenieurstudium in Schweinfurt erste Berufserfahrungen bei Bosch und ZF sammelte, ein Geschenk des Himmels. An seinem Job schätzt er, „dass man wirklich – auch als junger Kerl – direkt mit der Technik in Berührung kommt. Man darf hier wirklich noch frei arbeiten, um das Beste aus den Autos rauszuholen“, berichtet Hey. Konstruktives „Spinnen“ ausdrücklich erwünscht.

Komplette Narrenfreiheit haben aber auch AMG-Ingenieure nicht, sondern klare Entwicklungsvorgaben. „Auch wir haben Kostengrenzen zu berücksichtigen“, sagt der Teamleiter, der nun ernst dreinblickt. „Aber unsere Produkte sind spezieller“, räumt er ein. „Da wir keinen Massenmarkt bedienen, gehen wir in der Entwicklung auch keine Kompromisse ein.“

Dass er, der gelernte Softwarespezialist, dabei nicht nur im Takt der Elektronik tickt, sondern sich in Rage redet, wenn es um Achtzylinderaggregate und„maximale Leistungsausbeute“ geht, ist kein Zufall, sondern im Sinne des Arbeitgebers: „Scheuklappenträger sind bei uns fehl am Platze“, heißt es aus der Personalabteilung. „Hier ist jeden Tag so viel Neues, dass jeder von Anfang an mit seiner Expertise gefragt ist“, bestätigt Hey. „Man ist nicht nur in einer Sparte unterwegs, sondern sieht das ganze Auto vor sich.“

Klingt nach Endstation Sehnsucht für alle angehenden Automobilingenieure, nach fettem Achtzylindersound. „Ist es auch“, versichert Hey. „Eine Spielwiese für große Kinder“, wie es ein Kollege aus dem Stuttgarter Mutterhaus mal neidvoll formulierte.

Wer dort „mitspielen“ will, darf nichts gegen Landluft haben. Die fast perfekte Ingenieurspielwiese? Liegt gut versteckt, in der schwäbischen Provinz, zwischen „Bäckerei Übele“ und Streuobstwiesen.

Vor dem Werkstor reifen die Äpfel am Baum. Innen, in der AMG-Zentrale, sprießen die Ideen. Für Autos von morgen, die das Zeug zum Rennsport haben.

„Handcrafted by Racers“, steht auf den polierten Motorblöcken, wenn sie die firmeneigene Produktion verlassen. Für die, die dort Hand anlegen, mehr als nur ein Slogan. Diesem Motto fühlen sich „alle in der AMG-Familie“ verpflichtet, sagt Hey.

Wie aber wird man Teil der Familie? „Ein guter Weg ist die Teilnahme an der Formula Student“, sagt Hey, der bei dem Konstruktionswettbewerb für angehende Fahrzeugbauer mit in der Jury sitzt. Dort lerne man Dinge, die an der Uni oft zu kurz kommen. Welche? „Viele“, sagt Hey, und lacht. „Das wahre harte Leben: Sich an Termine zu halten, an Kostenvorgaben, die Zusammenarbeit mit Kollegen unterschiedlicher Disziplinen. Wie schreibt man ein Lastenheft? Das ist etwas, das man erst beim ,learning on the job‘ mitkriegt.“

Was Berufseinsteiger neben guten Noten und viel Fachwissen noch mitbringen müssen, um bei AMG Karriere zu machen? Klare Sache, sagt Hey: „Benzin im Blut haben, Leidenschaft mitbringen, flexibel sein. Und sich freuen, an Hochleistungsprodukten mitarbeiten zu dürfen. Dann ist man genau richtig hier!“

Der Lohn der Mühen kommt prompt, spätestens mit der Serienfreigabe, „wenn man sieht: Jetzt ist das Auto fertig“, so Hey. „Wahrscheinlich ist das, wie ein Baby zu bekommen und großzuziehen“, sagt der noch kinderlose Familienmensch mit einem Augenzwinkern. „Man weiß ja genau, wie viel Schweiß, wie viel Arbeit, wie viel schlaflose Nächte man da reingesteckt hat“, sagt er, und die wachen Augen blitzen. Für einen kurzen Moment ist Hey nun wieder Kind. Und der Frühjahrsmorgen Heiligabend.

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