Teslas Verkäufe schmieren ab – wegen Musk?
Gerade sind die Zahlen der Neuzulassungen für Februar vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) veröffentlicht worden. Und die haben es in sich – Tesla verliert mehr als 75 % Käufer. Wie kommts?

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Gerade sind die Zahlen der Neuzulassungen für Februar vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) veröffentlicht worden. Und die haben es in sich – Tesla verliert mehr als 75 % Käufer, obwohl fast alle Hersteller von reinen Elektromobilen teilweise mit dreistelligen Prozentzuwächsen aufwarten können und die Zahl der Zulassungen von rein batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeugen um mehr als 30 % im Februar zunahm. Kein anderer Automobilhersteller hat einen dermaßen hohen Einbruch zu verzeichnen wie Tesla, auch nicht die Hersteller von reinen Verbrennerfahrzeugen. Nicht nur in Deutschland bricht Tesla gerade ein, in 17 europäischen Ländern musste der Musk-Konzern seit Jahresbeginn teilweise massive Zulassungsverluste hinnehmen.
In der EU konnten reine Elektroautos im Januar gegenüber dem Vorjahr um 34 % auf 124.341 Einheiten zulegen. Der Marktanteil liegt bei 15 %, bei Tesla brach der Absatz im Januar jedoch europaweit um 50,3 % gegenüber dem Vorjahr ein. In diesem Monat konnten in Deutschland auch gerade einmal 16 Model S und 16 Model X abgesetzt werden, die älteren Modelle halt. Die etwas neueren Model 3 und vor allem die Model Y performen noch einigermaßen.
Woran liegt dieser Einbruch?
Liegt es an der Person Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt? Oder an Teslas Modellpolitik?
Steigen wir ein in die Analyse:
Teslas Chef Elon Musk polarisiert auf vielen Ebenen. Für viele ist er der Tech-Visionär, der seit 2012 und dem Model S die E-Mobilität salonfähig gemacht hat. Und nicht nur das – er erobert mit SpaceX und Starlink den Weltraum, will mit Hyperloop das Reisen drastisch beschleunigen und xAI als Alternative zu KI-Lösungen wie ChatGPT etablieren. Mit Neuralink möchte er zudem die Vernetzung des menschlichen Gehirns mit Maschinen vorantreiben.
Für viele Menschen tanzt Musk damit jedoch auf zu vielen Hochzeiten, statt sich auf weniger Baustellen zu tummeln und sich damit effizienter auf einzelne Projekte zu konzentrieren. Apropos tanzen: Viele Menschen weltweit sehen auch Musks politische Positionierung als kritisch an. Nicht nur seine politischen und rechtslastigen Einflussnahmeversuche, u. a. bei den Bundestagswahlen in Deutschland, in denen er sich offen zur AfD bekannte und die Partei als „Retter Deutschlands“ bezeichnete. Auch seine groupiehaften Tanzeinlagen auf Trump-Veranstaltungen sorgen bei vielen zumindest für Befremden, wenn nicht gar für Fremdschäm-Momente. Und Schattenpräsident Musk hat DOGE ins Leben gerufen, das Department of Government Efficiency. Mit seinem Team, mehrheitlich bestehend aus Nerds in ihren 20ern, dringt er tief in die Datenwelten von Millionen US-Staatsbürgern ein, entlässt Hunderttausende Staatsbedienstete und schließt Entwicklungsorganisationen wie USAID, die United States Agency for International Development. Auch als Arbeitgeber scheint Musk nicht gerade beliebt zu sein, Mitarbeitende beschreiben ihn als cholerisch, narzisstisch und im Krankheitsfall möchte er gerne unangemeldete Hausbesuche machen lassen, um vor Ort nachzusehen, ob jemand auch wirklich krank ist.
Wie gesagt, Musk ist ein Mann, der polarisiert. Die einen sehen in ihm einen Tech-Revolutionär in vielen Bereichen und feiern ihn, die anderen sehen in ihm einen eigentlich bedauernswerten Menschen mit bipolarer Störung – und daraus resultierend: mit gelegentlichem Kontrollverlust.
Musk und Teslas Modellpolitik
Elon Musk ist die eine Seite von Tesla, die viele potenzielle Käufer vielleicht abschrecken könnte. Die andere Seite ist Teslas Modellpolitik und die Fortschritte bei der Entwicklung der Assistenzsysteme. Oder eben deren Nicht-Fortschritt. Mittlerweile haben andere Automobilhersteller mit ihren Fahrzeugen zum ehemaligen Vorreiter Tesla aufgeschlossen oder ihn übertroffen – nicht nur was die Leistung der E-Modelle angeht, sondern auch was die Assistenzsysteme betrifft. Da herrschte bei Tesla lange Stagnation, andere Autohersteller beherrschen Level 3 mittlerweile besser als der Musk-Konzern. Bis Oktober 2024 gab es nach Angaben des Wirtschaftsmagazins Forbes Hunderte von dokumentierten Vorfällen ohne tödliche Folgen im Zusammenhang mit dem Autopiloten von Tesla sowie 51 gemeldete Todesfälle. Letztes Jahr musste Musk zurückrudern, was seine jahrelang angepriesene Full-Self-Driving-Fähigkeiten (FSD) für Tesla betraf. Im Marketingsprech heißt das aktuell bei Tesla auch nur noch „Full Self-Driving Supervised“. Zu viele Menschen hatten sich wohl allzu gläubig auf Teslas Versprechen verlassen – und mit teils tödlichen Konsequenzen dafür bezahlt.
Die andere Seite ist Teslas Modellpolitik. Lässt man mal den nur in den USA erhältlichen Cybertruck außer Acht, besteht Teslas Pkw-Modellpalette aus gerade einmal vier Modellen. Zwei davon gelten mittlerweile als alt. Das Model S wird seit 2012 angeboten, das Model X ist auch schon seit zehn Jahren im Programm. Beide wurden laut KBA im Januar in Deutschland gerade einmal jeweils 16-mal geordert. Teslas Cashcows sind das Model 3 (seit 2019 in Europa erhältlich) und vor allem das seit 2020 erhältliche SUV mit der Bezeichnung Modell Y. Aber auch das wurde im Januar dieses Jahre hierzulande nicht mal 1000-mal zugelassen.
Wird es zünden?
Wenn die Hoffnung eines Automobilherstellers auf gerade einmal ein bis zwei Modellen beruht, dann kann es sehr schnell brenzlich werden, wenn das Modell nicht – oder nicht mehr – zündet. Was mit „nicht mehr zündet“ gemeint ist: Tesla hat für März ein Facelifting für das Model Y angekündigt. Und wie immer, wenn ein Facelifting mit vielleicht aufgewerteter Ausstattung vor der Tür steht: Die potenziellen Käufer warten darauf und wollen sich nicht ein „veraltetes“ Modell anschaffen, mit dem sie vielleicht in ein paar Jahren richtig Wertverlust einfahren.
Vielleicht ist die Kaufzurückhaltung bei Tesla in diesem Jahr auf das Facelifting des Model Y zurückzuführen. Aber es ist auch eben ein hohes Risiko, wenn man als Automobilhersteller nur eine richtige Cashcow im Stall stehen hat.
Musk hin oder her: Die Zulassungszahlen im März und April werden zeigen, ob Teslas Facelifting des Model Y gezündet hat. Falls nicht, könnte es eng werden für den einstigen E-Mobil-Vorreiter.