KLIMATECHNIK 24. Jun 2019 Ariane Rüdiger Lesezeit: ca. 3 Minuten

Wasser als Kältemittel kann Kühlenergie in Rechenzentren halbieren

Wärmepumpen und Kältemaschinen schaffen mit neuer Technik einen Effizienzsprung: Leitungswasser als Kältemittel soll bis zur Hälfte der Energie einsparen. Erstes Einsatzfeld der Technologie sind Rechenzentren.

Der eChiller soll mit Wasser als Kältemittel bis zur Hälte an Energie sparen. Für 2015 plant Stulz eine Produktreihe.
Foto: Efficient Energy

Rechenzentren zu kühlen kostet viel Energie. Das Start-up Efficient Energy will das nun ändern. Mit einer neuartigen technischen Realisierung des Carnot-Prozesses (siehe Kasten) wollen sie Mittelständlern Kühlkonzepte mit Wasser zur Verfügung stellen, die sonst nur bei großen Anlagen von Konzernen wie Google zum Einsatz kamen. Die Kühlkosten sollen sich, auch durch Energiesparfunktionen beim Verdichter, gegenüber bisherigen Anlagen halbieren.

Der Carnot-Prozess im eChiller

Der Carnot-Prozess besteht aus Verdampfen, Verdichten, Kondensieren, Expandieren.

Beim eChiller tritt Kaltwasser in den Verdampfer ein und verdampft teilweise im dort herrschenden Grobvakuum ( ca. 20 mbar). Das restliche Wasser kühlt dadurch ab.

Der Dampfanteil wird dann von der Mikroturbine auf ein Drittel seines Ausgangsvolumens verdichtet, Druck und Temperatur steigen.

Der Dampf kondensiert im Verflüssiger direkt in den umlaufenden Kühlwasserstrom und erwärmt diesen dabei. Ein selbstregelndes Expansionsorgan schließt den Kreislauf.

Dabei kommt eine Wärmepumpe zum Einsatz, die vakuumverdampftes Leitungswasser (R718) im Kältemittelkreislauf verwendet: Der Stoff ist billig, überall verfügbar und hinterlässt im Gegensatz zu vielen üblichen Mitteln in der Umwelt keinerlei Schäden. „Bisher hat noch niemand ein Serienprodukt mit R718 realisieren können – wir haben die Umsetzung des Prozesses komplett neu gedacht“, so Geschäftsführer Klaus Feix.

Prinzipiell taugt das Design für alle Wärme- und Kälteanwendungen über 5 kW. Wegen des speziellen Designs des Carnot-Kreislaufs reicht bei kleineren Leistungen das Volumen an Kältemittel nicht aus, um den Kreislauf wie gewünscht aufrechtzuerhalten. Die Idee wirkt so überzeugend, dass sich die früheren Eigner des Pharmaunternehmens Hexal, das Family Office Strüngmann, und andere Venture-Capital-Firmen an dem Unternehmen beteiligen.

Das Geheimnis der hohen Effizienz der Kältemaschine eChiller, deren Produktion im nächsten Jahr anlaufen soll, liegt in der Verdampfung des Wassers bei etwa 20 mbar. Die Verdampfungstemperatur sinkt so auf bis zu 5 °C. Dann braucht die Verdampfung weniger Energie. Die neu konzipierte Mikroturbine ct-Turbo verdichtet den Dampf auf ein Drittel des Volumens.

Ihr Motor dreht mit etwa 90 000 Umdrehungen pro Minute extrem schnell und ist schmierstofffrei gelagert, so dass keine Ölrückstände ins Kältemittel gelangen können. Die Drehgeschwindigkeit lässt sich stufenlos regeln. Die Flügel der Turbine bestehen aus kohlenstoffverstärktem Kunststoff (CFK) und halten trotz des an den Spitzen sehr geringen Durchmessers von 0,6 mm extreme Belastungen aus.

Das erste geplante Produkt ist ein eChiller mit 45 kW Leistung bei einer Temperaturspreizung von 16 °C bis 22 °C und rund 1 m2 Flächenverbrauch. Er setzt sich aus insgesamt drei zylinderförmigen Grundeinheiten zusammen. Jede von ihnen realisiert in sich einmal den kompletten Carnot-Prozess.

In einem eChiller arbeiten rund 65 l Wasser, das bei Inbetriebnahme eingefüllt wird. Eine Bearbeitung des Wassers ist nicht nötig – Kalk und andere Reststoffe im Wasser setzen sich am Boden der Anlage ab und stören nicht weiter. Mehrere eChiller lassen sich parallel und seriell miteinander verbinden wie die Grundeinheiten im eChiller.

Bei Bedarf, etwa wenn die Temperaturen für die Freikühlung taugen, regelt sich der Kompressor herunter und spart Energie. In konventionellen Anlagen muss er weiterlaufen, um das Kühlmittel nicht zu schädigen. Das macht besondere konstruktive Maßnahmen an der Kühlanlage notwendig, wenn sie zur Freikühlung verwendet werden soll.

Als OEM-Partner konnte Efficient Energy mit Stulz bereits einen der führenden Rechenzentrumsausstatter gewinnen. Das Unternehmen plant ab 2015 eine Produktreihe mit integriertem eChiller. Weitere Kooperationen sind im Gespräch, besonders mit den Herstellern von Rückkühlprodukten. Efficient Energys Kapazitäten reichen für den Bau von bis zu 2000 eChillers jährlich, im ersten Jahr rechnet Feix allerdings nur mit 200 bis 300 verkauften Stück. Das Interesse sei zwar sehr groß, „aber wir müssen den Markt erst von der Praxistauglichkeit unserer Technologie überzeugen“.

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