MIETKAUF 27. Mai 2016 Sabine Philipp Lesezeit: ca. 5 Minuten

Ein schwieriges Unterfangen

Als Mieter die Wohnung abbezahlen, klingt interessant. Praktisch ist das oft risikobehaftet. Der Nutzen bleibt in Zeiten historischer Niedrigzinsen fraglich.

Mietkauf ist besonders in Zeiten hoher Zinsen interessant.
Foto: PantherMedia/AndreyPopov

Wer „Mietkauf“ googelt, findet viel Kritik: Überteuert, kompliziert, riskant, so der Tenor. Aber worum geht es überhaupt?

Es gibt zwei Varianten: Den Optionskauf und den klassischen Mietkauf. „Beim klassischen Mietkauf schließen Vermieter und Mieter einen Vertrag ab, dass eine Immobilie nach einem gewissen Zeitraum in den Besitz des Mieters übergeht“ erklärt Walter Hasenclever, Sprecher beim Baufinanzierungsportal baufi24.de. „In der Regel zahlt der Mieter bei Vertragsbeginn 20 % der Kaufsumme an. Über einen definierten Zeitraum, meist sind es zehn Jahre, überweist er monatlich die Miete plus Tilgung und einen Zinsbetrag, der auch beim Kredit anfallen würde. Am Ende der Laufzeit ist die Restsumme fällig“. Dazu kommen Notargebühren und die Grunderwerbssteuer. „Der Vertrag selbst besteht aus zwei Teilen“, so Hasenclever. „Dem eigentlichen Mietvertrag und einem Vertrag, der die Details zum Eigentumserwerb regelt. Beide Verträge müssen von einem Notar beurkundet werden“. Wenn der Käufer die Raten nicht mehr zahlen kann, wird der Vertrag rückabgewickelt. „Um das zu vermeiden, muss der Mietkäufer oft noch eine Ausfallversicherung abschließen, was die Kosten noch einmal in die Höhe treibt. Dann sollte er noch einen größeren Betrag für Reparaturen zur Seite legen. Denn die werden in der Regel auf ihn umgelegt“.

Auf der anderen Seite kann der Mietkäufer keine günstigen KfW-Kredite in Anspruch nehmen. Die bekommt nur der Besitzer. Und der ist man während der Mietphase noch nicht. Für Riester-Sparer gibt es aber ein Bon-bon. „Seit dem 1. 1. 2014 kann ein Zulageberechtigter sein gefördertes Altersvorsorgevermögen ganz oder teilweise für die Anschaffung einer Immobilie entnehmen, wenn er zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer ist oder wird“, erklärt Manuela Budewell von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Hierzu ist ein Antrag bei der ZfA erforderlich. „Das entnommene Kapital muss mindestens 3000 € betragen, bei einer Teilentnahme müssen mindestens 3000 € gefördertes Restkapital im Altersvorsorgevertrag bleiben“. Und weiter: „Der Zeitpunkt, ab dem das Geld entnommen werden kann, hängt davon ab, ob der Mietkaufvertrag aus steuerlicher Sicht als Kaufvertrag oder als Mietvertrag zu behandeln ist.“ Budewell nennt ein Beispiel: „Ist er steuerlich als Mietvertrag zu beurteilen, dann bleibt das wirtschaftliche Eigentum erst einmal beim Vermieter.

Der Zulagenberechtigte kann das Altersvorsorgevermögen in diesem Fall erst dann verwenden, wenn das wirtschaftliche Eigentum auf ihn übergeht. Rechtsverbindliche Auskünfte, wie der Mietkaufvertrag aus steuerlicher Sicht einzuordnen ist, erteilt die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) im Rahmen einer Einzelfallprüfung“. Die zweite Variante ist der Optionskauf. „Bei diesem Modell tritt der Mietkäufer einer Genossenschaft bei. Diese kauft die Immobilie. Der Mietkäufer zahlt neben der Miete für die Option, das Objekt später kaufen zu können“, erklärt Hasenclever. „Das Modell bringt mehr Flexibilität. Aber natürlich ist auch die Option nicht umsonst“. Außerdem muss man Genossenschaftsanteile kaufen. Und es kann mitunter Jahre dauern, bis der Aspirant einziehen kann. Denn das Geld für den Erwerb muss die Genossenschaft erst von ihren Mitgliedern einsammeln.

Olaf Varlemann hat schon einige Genossenschaften kommen und gehen sehen. Der unabhängige Baufinanzierungsberater des Verbunds Baufi-Nord steht dem Modell sehr kritisch gegenüber. Zumal die Genossenschaften, mit denen er sich beruflich beschäftigt hat, nicht gerade durch ihre Transparenz überzeugten. Dazu kommt: „Die Zinsen sind aktuell so niedrig wie noch nie. Deshalb sehe ich einfach keine Vorteile bei diesem Modell“. Hasenclever ergänzt: „Während der Hochzinsphase waren die stabilen Raten das wichtigste Argument für das Modell Mietkauf. Heute zahlen Sie mit Miete und den entsprechenden Zusatzkosten in der Regel mehr als bei einer Baufinanzierung“. Darüber hinaus gebe es auch Risiken. Ein Risiko ist, dass der Verkäufer insolvent werden kann. Um sich hier abzusichern, heißt das entscheidende Stichwort Auflassungsvormerkung. „Käufer sollten darauf achten, dass sie sich unmittelbar nach der Beurkundung im Grundbuch als potenzieller Eigentümer vormerken lassen“, erklärt der Hamburger Notar Tobias Köpp.

„Mit dieser Vormerkung sichert sich der Käufer eine Art Reservierungsposition und erhält einen Löschungsanspruch gegen jede weitere Eintragung. Das heißt, der Verkäufer kann die Immobilie kein zweites Mal verkaufen, und auch im Nachhinein keine weitere Belastung eintragen“. Bei einer Insolvenz sei der Insolvenzverwalter genauso an den Vertrag gebunden wie Verkäufer. „Die Auflassungsvormerkung greift freilich nur, wenn der Käufer der Erste in der Reihe ist“.

Ein ganz anderes Kapitel ist der bauliche Zustand des Objekts. „Bei Gebrauchtimmobilien gibt es in der Regel einen Gewährleistungsausschluss, d.h. der Verkäufer steht nicht für einen bestimmten, objektiven Zustand, und damit auch nicht für die Abwesenheit von versteckten Mängeln ein, die er selbst nicht kannte“, kommentiert Köpp. Es sei denn, der Verkäufer habe arglistig den Mangel verschwiegen, was man aber nachweisen müsse. Der Käufer sollte also sehr genau den Zustand der Immobilie prüfen, und sich fachlichen Rat holen. Denn gerade beim Mietkauf stellt sich die Frage nach der Motivation des Verkäufers. Auch für ihn ist das Modell alles andere als komfortabel. Er hat einen erhöhten Aufwand, muss länger auf sein Geld warten und geht das Risiko ein, dass der Käufer insolvent werden kann. Einen steuerlichen Vorteil gibt es auch nicht. „Wenn ein Verkäufer während der zehnjährigen Spekulationsfrist einen Mietkaufvertrag abschließt, dann unterliegt er noch immer der Spekulationssteuer“, sagt dazu Köpp. „Entscheidend ist, dass er sich mit dem Vertrag schon bindet. Das reicht aus, um die Steuer auszulösen“.

„Man sollte auf keinen Fall blauäugig an die Sache herangehen“, meint Björn Gauger, Geschäftsführer des Immofux Maklerverbunds. Er betreibt das Portal mietkauf-immo.de, auf dem Immobilien zum Mietkauf angeboten werden. In der Vergangenheit mussten viele Käufe rückabgewickelt werden, weil sich die Käufer und Verkäufer im Vorfeld zu wenig Gedanken um die Details gemacht haben. Grundsätzlich rät er den Parteien zu Vertragslaufzeiten von höchstens fünf Jahren. Denn in der Zwischenzeit könne sonst zu viel passieren.

Am Ende ist entscheidend, was im Kaufvertrag steht. Der ist frei verhandelbar. Deshalb sollte man sich unbedingt juristischen Rat holen. Immerhin sind die Kosten für die Vertragserstellung bereits in den Notargebühren enthalten. Tobias Köpp rät, sich im Vorfeld in aller Ruhe mit dem Notar über die Besonderheiten und Risiken zu unterhalten. Er selbst handhabt es so, dass er das Vorhaben zunächst mit der Partei durchgeht, die ihn erstkontaktiert. Meist ist das der Käufer. Aus dem Besprochenen entwickelt er einen ersten Entwurf, den er auch der anderen Partei zur Verfügung stellt. Gemeinsam gehen sie das Ganze durch, bis ein Vertrag zustande kommt, der beiden Parteien gerecht wird. Sein Motto: Nichts überstürzen. Denn Mietkauf ist ein sehr komplexes Unterfangen.

Trotz aller Risiken und der Niedrigzinsphase ist das Interesse hoch. Das Themenspecial auf der Firmenwebseite baufi-nord.de wird täglich bis zu 500 Mal aufgerufen. „Es ist ein sehr emotionales Thema“, meint dazu Olaf Varlemann. „Viele junge Familien träumen vom eigenen Haus. Wenn dann jemand verspricht, dass man schuldenfrei ins Eigenheim kommt, dann ist das Wasser auf die Mühlen von Menschen, die schon von zehn Banken abgelehnt wurden“. In der Regel gebe es aber dafür gute Gründe, schließlich würden die Banken vom Kreditgeschäft leben. „Man sollte sich dann lieber selbst den Gefallen tun, und von dem Vorhaben Abstand nehmen“, so sein Fazit. Denn eines ist klar: „Mietkauf ist keine Alternative für Menschen mit wenig Geld.“

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