START-UP-PORTRÄT 13. Jun 2014 Marcus Franken Lesezeit: ca. 3 Minuten

Studenten treten an, um Autotüren zu revolutionieren

Vier Studenten der TU München haben sich vor drei Jahren der Aufgabe gestellt, Autotüren praktischer und sicherer zu machen. Statt an zwei oder drei fixen Haltepunkten lässt sich ihre Tür in jeder Position feststellen. Angeregt und finanziert wurde die Entwicklung von BMW.

Lack- oder gar Personenschäden lassen sich mit der Türbremse von Innomotions verhindern - erst recht, wenn Umfeldsensoren integriert sind.
Foto: Innomotions

Wenn es nach Maschinenbauer Kilian Gersing geht, dann gehören Lackschäden, die beim Aussteigen auf engen Parkplätzen schnell entstehen, bald der Vergangenheit an. Auch soll es keine Radfahrer mehr geben, die bei voller Fahrt in eine sich öffnende Autotür knallen. Das Start-up Innomotions will es möglich machen.

Gersing hat Innomotions gemeinsam mit dem Maschinenbauer Jakob Lutz, dem Elektrotechniker Christian Rabus und dem Physiker Erik Braden gegründet. Das Team hat eine Technik für Autotüren entwickelt, die die alten mechanisch gesteuerten Feststellbänder ablösen könnte. Bisher rasten Autotüren lediglich in zwei oder drei vorgegebenen Positionen ein. Lack- oder gar Personenschäden sind die Folge. Und am Hang müssen Fahrzeuginsassen aufpassen, dass die Tür ihnen nicht durch ihr Eigengewicht aus der Hand gerissen wird. Die Lösung für diese Probleme haben drei Jungunternehmer „MagBrake“ getauft.

Angefangen hat alles mit dem dreisemestrigen Programm „Manage&More“, welches von der Unternehmer TUM GmbH, dem Gründerzentrum der TU München, angeboten wird. Studenten sollen hier in bunt zusammengewürfelten Teams ihre Ideen in Unternehmen verwandeln. In der studienbegleitenden Zusatzausbildung werden einschlägige Vorträge und Workshops angeboten. Eine Besonderheit ist, dass sich viele große Unternehmen aus der Region mit echten Entwicklungsaufträgen beteiligen. Etwa BMW. Die Motorenwerke hatten 2011 die Aufgabe ausgeschrieben, einen Türbremser zu entwickeln, der in jeder beliebigen Stellung die Tür anhalten kann. Für Autofirmen wäre so ein System ein zusätzliches Verkaufsargument, besonders wenn man damit als erster bei Luxus-Fahrzeugen werben kann.

„Eine Unternehmensgründung ist allemal spannender, als ein Standard-Berufseinstieg.“ Kilian Gersing, Mitgründer der Innomotions GbR.

Im Markt gibt es solche Systeme bereits. Die Firmen Stabilus und Edscha etwa bieten Haltesysteme an, die mechanisch mit Federn oder mit Öldruckdämpfern funktionieren. Aber bisher konnten sie sich nicht durchsetzen, den Autobauern seien sie oft zu schwer oder zu teuer. BMW jedenfalls wollte etwas Eigenes.

Der Vorschlag von Gersing, Lutz, Rabus und Braden wurde als beste Idee unter einem Dutzend Vorschlägen ausgewählt: In einem Alu-Gehäuse regelt eine elektrisch betriebene Bremse die Bewegung des sogenannten Feststellbandes. Die Bremse wird offen gehalten, solange die Tür sich bewegt. In dieser Phase lässt sich die Tür also ganz normal bewegen. „Über Sensoren wird erkannt, wann die Tür gebremst und arretiert werden muss. Das haben wir mit einer kleinen Steuerung gelöst, die sich per Software sehr flexibel anpassen lässt“, erklärt Gersing. Das Gehäuse wird in der Karosserie des Fahrzeugs verbaut. Von außen ist keine Veränderung gegenüber herkömmlichen Fahrzeugtüren sichtbar.

Seit 2012 haben die vier damaligen Studenten ihre Idee bis zum Prototypen weiter entwickelt, seit Oktober 2013 läuft die Anmeldung zum Patent in Deutschland, seit Mai 2014 der Prozess für die weltweiten Rechte. BMW spielt dabei weiter eine wichtige Rolle. Das Innomotions-Team hat dem Autobauer einen Kostenplan von der Entwicklung der Idee über den Prototypen bis zum Patent vorgelegt – und BMW ist als Geldgeber eingestiegen. Drei der vier Studenten haben ihr Studium inzwischen abgeschlossen. Zwei arbeiten Vollzeit für Innomotions, zwei Teilzeit. Und seit der Prototyp vorzeigbar ist und Innomotions die Technik zum Patent angemeldet hat, gibt es auch Interesse von Automobilzulieferern an dem Jungunternehmen. Wie das Produkt zur Serienreife gebracht wird, wie es in das bestehende Angebot eines Zulieferers integriert werden kann und wo dabei das Team von Innomotions bleibt – das wird derzeit mit den Interessenten diskutiert.

Doch warum fördert eine Firma wie BMW überhaupt eine Entwicklung, mit der dann andere Geld verdienen? „Solche Komponenten sind ein typisches Innovations- und Entwicklungsthema für Zulieferer“, sagt Gersing. Für ihn hat die Zusammenarbeit mit BMW gezeigt, wie schnell sich neue Ideen finden und in Prototypen umsetzen ließen. „Das ist ein Vorteil für BMW. Alles Weitere lässt sich vertraglich regulieren“, sagt Gersing. An der Türbremse von Innomotions hat BMW das Recht, das Einbauteil ohne Lizenzkosten zu kaufen. Bei einem Zulieferer würde BMW das Feststellband also billiger einkaufen als die Konkurrenz. „So macht das für alle Seiten Sinn.“

Das System lässt sich in Zukunft noch verfeinern. Umgebungssensoren könnten beispielsweise Radfahrer erkennen und gefährliche Türöffnungen verhindern. So werde die Tür Teil des „autonomen Systems Auto“.

Wie das Abenteuer Unternehmensgründung ausgeht, soll sich bis September zeigen. Bis dahin könnte ein Partner gefunden sein, um die Entwicklung bis zum Serienprodukt zu erreichen. „Das ist der Zeitplan“, meint Gersing. Für ihn hat die Gründerzeit sich jetzt schon gelohnt. „Spannender als ein Standard-Berufseinstieg ist es allemal. Und wann soll man so etwas ausprobieren, wenn nicht am Ende des Studiums?“, fragt er. MARCUS FRANKEN

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