Reisezeiten – was muss erfasst und vergütet werden?
Immer wieder gibt es zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern Zwistigkeiten über das Thema Reisezeit. Hier sind die Fakten, wie und wann die Zeit zu berücksichtigen ist.

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Fahren Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zu einem Kundentermin, einer anderen Betriebsstätte oder müssen aus anderweitigen Gründen an einem anderen Ort tätig werden, dann können sich dabei erhebliche Reisezeiten ansammeln. Dabei stehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer wieder vor der Frage, welche Reisezeiten als Arbeitszeit anzurechnen sind und wie diese zu vergüten sind.
Es gibt arbeitsschutzrechtliche und vergütungsrechtliche Arbeitszeiten
Hierbei muss zunächst eine grundlegende Unterscheidung berücksichtigt werden – es gibt arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeiten und vergütungsrechtliche Arbeitszeiten. Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsschutzrechts ist der Zeitraum von Beginn bis Ende des Arbeitstages. Dieser wird zur Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit herangezogen und ist bei der Erfüllung des Anspruchs auf Pausen- und Ruhezeiten zu berücksichtigen. Zudem ist dieser Zeitraum vollständig im Zeiterfassungssystem zu erfassen. Vergütungsrechtliche Arbeitszeit ist die Zeit, die mit der vertraglich vereinbarten Vergütung zu entlohnen ist. Diese Unterscheidung wird insbesondere bei Dienstreisen relevant.
Reisezeit als Fahrer im Auto vom Chef angeordnet ist Arbeitszeit
Der reguläre Arbeitsweg – also beispielsweise die klassische Fahrt von der Wohnung zum Büro – zählt nicht zur Arbeitszeit. Fahrten zu auswärtigen Terminen, Schulungen oder Ähnlichem können jedoch Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne sein. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während dieser Zeit von der Arbeit beansprucht wird. Dabei kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber angeordnet hat, dass während einer Bahnfahrt gearbeitet werden muss oder dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter selbst Auto fahren muss. In diesen Fällen handelt es sich bei der Reisezeit um Arbeitszeit, die entsprechend auch als solche erfasst werden muss. Kann der oder die Beschäftigte während der Bahnfahrt oder als Beifahrerin oder Beifahrer im Auto entspannen, dann liegt regelmäßig keine arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeit vor. Vergütet werden muss die Zeit dennoch.
Mitarbeitende müssen die kostengünstigste Route wählen
Zu vergüten sind sämtliche Reisezeiten, die erforderlich sind. Das bedeutet, soweit es keine konkreteren Anweisungen gibt, muss die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter die kostengünstigste Route wählen. Dabei wird keine Differenzierung zwischen Dienstreisen im Inland oder ins Ausland vorgenommen, diese sind gleichermaßen zu vergüten. Zudem kommt es für die Vergütungspflicht auch nicht darauf an, ob Arbeitsaufgaben erledigt werden – auch wenn während der Bahnfahrt nicht gearbeitet werden muss, muss die erforderliche Reisezeit vergütet werden. Nicht erforderliche Umwege oder Zwischenstopps, beispielsweise für private Unternehmungen, müssen nicht vergütet werden. Es ist zudem auch zulässig, die reine Fahrtzeit geringer zu vergüten als die klassische Arbeitszeit – hierfür muss allerdings eine entsprechende vertragliche Regelung vorliegen. Eine Vereinbarung, nach der Reisezeiten generell nicht zu vergüten sind, dürfte jedoch unwirksam sein, da sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen würde.
Der Barbesuch mit Kollegen gehört nicht dazu
Nicht zur Arbeitszeit – weder im arbeitsschutzrechtlichen noch im vergütungsrechtlichen Sinne – zählen außerdem Aufenthaltszeiten am Zielort, die die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter frei gestalten kann. Wer also nach einem auswärtigen Kundentermin oder einer Schulung noch die Stadt erkundet oder mit den Kolleginnen und Kollegen in einer Bar sitzt, kann sich dies weder als Arbeitszeit anrechnen noch vergüten lassen.