STROMERZEUGUNG 17. Mai 2018 Hans-Christoph Neidlein Lesezeit: ca. 3 Minuten

Ameisensäure als Nische für Energiespeicherung

Schweizer Forscher entwickelten einen Prototyp eines Stromgenerators mit Brennstoffzellen, der Methansäure als Wasserstoffträger nutzt.

Laborbesuch: Luca Dal Fabbro, Chef der Schweizer GRT-Gruppe (li.), und Gabor Laurenczy (re.), Forschungsgruppenleiter an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne, präsentieren das auf Ameisensäure basierende Brennstoffzellengerät.
Foto: GRT

Den Prototypen eines Stromgenerators, der Methansäure (Ameisensäure) zur Speicherung von Wasserstoff verwendet, entwickelte die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und der Schweizer Technologiekonzern GRT Group. Das Gas wiederum ist dann der Brennstoff, mit dem die Brennstoffzelle betrieben wird. Hierfür kombinieren die Entwicklungspartner einen Niedertemperaturreformer zur Erzeugung von Wasserstoff aus Methansäure namens Hyform mit einer konventionellen PEM-Brennstoffzelle (PEM: Protonenaustauschmembran).

Brennstoffzellen auf Basis von Ameisensäure

Ameisensäure (CH2O2) dient als Brennstoff: Dabei wird CH2O2 mit 0,5·O2 (Oxidant) unter Stromabgabe gewandelt in CO2 und H2O.

Ameisensäure dient als Wasserstoffspeicher: Dann arbeitet die Brennstoffzelle klassisch mit dem H2 als Brennstoff und es braucht einen Katalysator, um CH2O2 in H2 zu wandeln.

Katalysatoren: Genutzt wird für die Wandlung von CH2O2 in H2 unter anderem Ruthenium. 2008 gelang es Forschern des Leibniz-Instituts für Katalyse in Rostock mithilfe eines Ruthenium-Phosphan- bzw. Ruthenium-Diphosphan-Katalysators fast 100 % Ausbeute zu erzielen.

Der Reformer setzt einen Ruthenium-basierten Katalysator ein, um Wasserstoff aus dem Träger Methansäure zu extrahieren. Laut Gabor Laurenczy, Leiter der EPFL-Forschungsgruppe Katalyse für Energie und Umwelt, bietet dies gegenüber Systemen, die zur Wasserstoffspeicherung Hochdrucktanks nutzen, mehrere Vorteile. Der Chemiker nennt eine schnellere, einfachere und sicherere Logistik (Methansäure lässt sich in Polyethylen-Containern transportieren), eine hohe Speicherkapazität von 53 kg/m3 und relativ niedrige Betriebskosten. Die Methansäure könne aus Bioabfällen oder Biomasse oder über Hydrierung gewonnen werden.

Der jüngst am Sitz von GRT in Orbe präsentierte Prototyp produziert bis zu 7000 kWh/Jahr und hat eine Nennleistung von 800 W. Der elektrische Wirkungsgrad beträgt derzeit bis zu 45 %. Der Lastbereich variiert zwischen 30 % und 100 %. Innerhalb der kommenden sechs Monate soll das System auf eine Leistung von 30 kW bis 50 kW und eine Energiespeichereffizienz von über 63 % hochskaliert werden.

Im Forschungsbereich wird an Ruthenium-basierten Prozessen rund um die Methansäure als Wasserstoffträger schon länger gearbeitet. 2008 präsentierten

Für die Schweizer ist der nächste Schritt die Entwicklung eines vollständig integrierten Systems zur Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Wichtige Anwendungsbereiche des neuen Systems sieht GRT-CEO Luca Dal Fabbro kurz- und mittelfristig vor allem für Anwendungen in abgelegenen Regionen ohne Zugang zum Stromnetz sowie für Wasserstoff-Transportsysteme. In Zusammenarbeit mit der Universität von Eindhoven soll auch ein Bus mit einem entsprechenden Brennstoffzellenantrieb, der Harnsäure nutzt, entwickelt werden, kündigte Dal Fabbro an.

Die Kosten des Wasserstoffreformers werden von GRT auf rund 300 €/kW veranschlagt. Eine Kalkulation der gesamten Kosten des neuen Verfahrens wurde allerdings bei der Präsentation des Prototyps noch nicht vorlegt. „Wir stehen noch ganz am Anfang der Entwicklung“, so Laurenczy. Deshalb sei derzeit auch die Bestimmung der Gesamteffizienz des neuen Systems noch offen.

Aufgrund der bisherigen Tests und Erfahrungen innerhalb der vergangenen vier Jahre habe sich gezeigt, dass das entwickelte Stromversorgungsgerät wartungsarm sei und sich durch eine stabile und lang anhaltende Katalysatorleistung auszeichne. Das schweizerische Bundesamt für Energie kofinanzierte die Entwicklung des Prototyps.

Ulf Groos, Brennstoffzellenexperte beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, beurteilt das neue Verfahren im Vergleich zu direkt mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen eher vorsichtig. Zwar habe Ameisensäure eine deutlich höhere Energiedichte als Wasserstoff und sei nicht explosiv. „Doch ist dies ein deutlich komplexeres System, weil hier ein Reformer mit einer anschließenden Gasreinigung gebraucht wird“, sagt er.

Zudem verweist er auf die notwendigen höheren Temperaturen mit den entsprechend langen Startzeiten. Nischenanwendungen sieht er wie die Schweizer für abgelegene Regionen und unzugängliche Bereiche.

Skeptisch sieht Groos mobile Anwendungen, wie den Einsatz in Bussen oder anderen Fahrzeugen. Zum einen sei Ameisensäure kein handelsüblicher Kraftstoff. Dies gilt heute auch für Wasserstoff – aber immerhin befindet sich die entsprechende Infrastruktur global im Aufbau. Zum anderen seien über die Reformertechnik aufgrund der nötigen Aufheizzeit im Gegensatz zu direkt mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen keine dynamischen Anwendungen möglich.

„Eigentlich ist man in der gesamten Forscher- und Entwicklerszene von der Reformertechnik für mobile Anwendungen weggekommen, außer in Einzelfällen für Range-Extender“, sagt ISE-Experte Groos gegenüber den VDI nachrichten.

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